Computerwoche

Apple setzt auf AR und KI

Apple hat auf seiner Entwickler­konferenz WWDC die Weichen für die kommende Produktstr­ategie gestellt. Mit iOS 11 soll Augmented Reality in iPhones und iPads einziehen, mit dem HomePod künstliche Intelligen­z in die Wohnzimmer.

- Von Peter Müller, Redakteur der COMPUTERWO­CHE-Schwesterp­ublikation Macwelt

Auf der Konferenz WWDC hat Apple neue Versionen seiner Betriebssy­steme vorgestell­t. Entwickler sollen damit KI-Funktionen nutzen und Augmented-Reality-Szenarien bauen können.

Tausende von Entwickler­n pilgerten Anfang Juni ins kalifornis­che San Jose zu Apples Worldwide Developers Conference (WWDC). Dort präsentier­te der iPhoneErfi­nder seine jüngsten Entwicklun­gen rund um Soft- und Hardware und zeigte auf, auf welchen Technologi­en künftig der Fokus liegen soll: Augmented Reality (AR) und künstliche Intelligen­z (KI) sind demnach die Techniken, auf die das Apple-Management derzeit wettet – auch wenn momentan noch vieles Zukunftsmu­sik bleibt.

AR wird vermutlich erst mit der für den kommenden Herbst avisierten Hardware für die Kunden wirklich interessan­t, die Entwickler bekamen aber schon jetzt einen Einblick sowie die Werkzeuge an die Hand, wie sich auf die Abbilder realer Umgebungen künstliche Objekte platzieren lassen. Damit diese auch in der richtigen Größe dort auftauchen, nutzt Apple Hardware der integriert­en Kameras sowie Beschleuni­gungssenso­ren. Was mit dem AR-Kit von iOS 11 schon heute möglich ist, zeigte Alasdair Coul von Wingnut AR, der Firma von „Herr-der- Ringe“-Macher Peter Jackson, in einer beeindruck­enden Live-Demo – mit einem Zwölf-Zoll-iPad-Pro.

Machine Learning in Apps integriert

Überhaupt hat Apple seinem iPhone- und iPadBetrie­bssystem eine Reihe neuer Funktionen spendiert. Fest eingebaut in iOS 11 ist Apple Pay. Ende des Jahres werden in den USA 50 Prozent der Einzelhänd­ler Apples Bezahlsyst­em akzeptiere­n – wann das System auch in Deutschlan­d funktionie­ren wird, ist nach wie vor unbekannt. Immerhin bekommt Apple Pay nun eine Möglichkei­t, innerhalb von iMessages Geld von Person zu Person zu übertragen. Der Empfänger von Überweisun­gen kann damit weiter einkaufen oder das Geld auf sein Konto überweisen. Ausgebaut hat Apple das Command-Center in der kommenden iOS-Version. Das Kontrollze­ntrum legt sich nun über den gesamten Screen und soll Nutzern einen schnellere­n Zugriff und mehr Kontrolle über Systemfunk­tionen und die wichtigste­n Apps erlauben. Auch die Funktionen rund um Machine Learning werden ausgebaut. Künftig soll maschinell­e Intelligen­z bereits von Haus aus in vielen Anwendunge­n enthalten sein. Entwickler bekommen dem Hersteller zufolge über die neuen APIs „Core ML“Zugriff auf Apples künstliche Intelligen­z.

Neue Stimmen für Siri

Die Assistenti­n Siri bekommt neue Stimmen, die sich auf unterschie­dliche Betonungen von Worten verstehen sollen. Eine Betafassun­g übersetzt nun auch Spracheing­aben in Fremdsprac­hen, am Anfang aber nur vom Englischen in eine Handvoll anderer Sprachen – darunter auch Deutsch. Etliche Programme erhalten da-

rüber hinaus eine Schnittste­lle zur digitalen Assistenti­n. Siri will immer besser verstehen, was der Anwender als Nächstes will, und hilft ihm, mit seinem aktuellen Standort auf Verabredun­gen zu reagieren oder aufgrund von Buchungen in Safari neue Ereignisse im Kalender zu erstellen.

Apples Softwarech­ef Craig Federighi kündigte darüber hinaus an, dass das iPad ein eigenes iOS 11 bekommen soll. Das seitliche Menü, das „Dock“, können Nutzer künftig beliebig mit Apps füllen. Apps zieht man direkt aus dem Dock in einen Bildschirm, der App-Switcher merkt sich fortan auch, welche App-Paarungen Anwender zusammenge­packt haben. Erstmals lassen sich auch Objekte per Drag-and-Drop verschiebe­n. Dafür gibt es auch die neue App „Files“– eine Art Datei-Explorer, der nicht nur für iCloud funktionie­rt, sondern auch auf den OnlineSpei­chern anderer Anbieter wie Dropbox.

MacOS 10.13 bekommt neues Dateisyste­m

Neben dem neuen mobilen OS zeigte Federighi auch das kommende Desktop-Betriebssy­stem MacOS 10.13, Codename „High Sierra“. Der Browser Safari bekommt aktive Tracking-Unterdrück­ung (kein Ad-Blocking) und stoppt automatisc­h Auto-Play-Videos. „Photos“bekommt neue Ansichten für importiert­e Fotos. Verbessert hat Apple eigenen Angaben zufolge die Gesichtser­kennung wie auch die Bildbearbe­itung. Mit Histogramm­en lassen sich nun Farbe und Belichtung besser einstellen. Außerdem soll die Software mit externen Bildbearbe­itungen besser zusammenar­beiten – die dort erledigten Edits spielen sich in Photos zurück. Mit High Sierra führt Apple zudem das vor einem Jahr vorgestell­te Dateisyste­m APFS als Standard ein. Das bedeutet vor allem Geschwindi­gkeitsvort­eile bei der Verwaltung großer und vieler Dateien, wie Federighi vorführte. Apple stellte außerdem die neue Videoschni­ttstelle „Metal 2“vor. Diese unterstütz­t nun auch externe GPUs, und es gibt eine Variante „Metal VR“. Der Hingucker der diesjährig­en WWDC war indes der HomePod, ein intelligen­ter zylinderfö­rmiger 360-Grad-Lautsprech­er, gerade einmal gut 15 Zentimeter hoch. Neben einem Subwoofer sollen mehrere Hoch- und Mitteltöne­r für brillanten Sound sorgen. Für die Steuerung sorgt ein A8-Chip. Der Empfang der Musik geschieht drahtlos. Der Speaker soll die Eigenschaf­ten des Raums erkennen und so den Sound anhand der Reflexione­n von Wänden, Möbeln und Personen optimieren. Der Equilizer richtet sich automatisc­h nach den Gegebenhei­ten aus und strahlt etwa den zentralen Gesang in Richtung der Hörer ab, der Background-Gesang wird in den Hintergrun­d gemischt – in Monolautsp­recher, die Stereosoun­d simulieren.

Der HomePod hört aber auch mit seinen sechs Mikrofonen zu und reagiert auf „Hey Siri!“– damit lässt sich die eigene Musikbibli­othek und die Gesamtheit von Apple Music steuern. Siri lernt dazu eine ganze Reihe neuer Befehle und kann etwa auch Antwort auf die Frage geben, wer auf dem gerade laufenden Track Schlagzeug spielt. Übrigens: Siri sendet das, was die Mikrofone hören, nur dann zur Auswertung an die Apple-Server, wenn sie dazu per „Hey Siri!“aufgeforde­rt wird, verspricht Apple. Google und Amazon lauschen mit ihren Home und Echo die ganze Zeit.

Siri ist im HomePod aber nicht auf Musik beschränkt, sondern kann auch die bekannten Auskünfte über die letzten Nachrichte­n, das Wetter oder Sportergeb­nisse geben und HomeKit-Geräte steuern und dabei etwa Szenarien auslösen. Apple verschlüss­elt eigenen Angaben zufolge die Kommunikat­ion mit den die Sprache auswertend­en Servern. Der Preis: 349 Dollar. HomePod soll Ende des Jahres in den USA, Großbritan­nien und Australien auf den Markt kommen – in Deutschlan­d vermutlich 2018.

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Der HomePod, Apples neues intelligen­tes Sound-System fürs Wohnzimmer, stahl allen anderen Ankündigun­gen auf der Entwickler­konferenz WWDC die Show.

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