Antreten beim Chef!
Ein Geschäftsführer stellt im Bewerbungsgespräch andere Fragen als der Personaler – darauf sollten die Kandidaten vorbereitet sein.
1. „Ich habe in den nächsten Tagen ein Vorstellungsgespräch mit dem Geschäftsführer eines Unternehmens Ihrer Größe. Welche Fragen könnten gestellt werden – ergänzend zu denen des Personalverantwortlichen?“
Shahram Rokni, Inhaber des Beratungshauses Systrade, hat genaue Vorstellungen: „Während die HR-Verantwortlichen herausfinden möchten, ob Ihre Qualifikation die Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle erfüllt und Ihre Persönlichkeit zur Unternehmenskultur passt, möchten Inhaber und Geschäftsführer eher wissen, ob Sie sich mit den Geschäftsdaten des Unternehmens beschäftigt haben. Besonders dann, wenn es um eine gehobene Position geht. Bei vielen Unternehmen sind diese Daten öffentlich zugänglich. Daher sollten Sie sich beispielsweise auf diese Frage vorbereiten: ,Wie haben sich Ihrer Meinung nach unsere Geschäftszahlen in den letzten drei Jahren verändert?‘ Bei dieser Frage kommen selbst gestandene Persönlichkeiten oft in Verlegenheit. Und die Antwort zeigt auf, wie ernsthaft Sie sich bereits mit dem zukünftigen Arbeitgeber beschäftigt haben. Darüber hinaus sollten Sie sich mit dem Markt und den Produkten vertraut machen. Auch zu möglichen Aufgaben kann ein Lösungsansatz von Ihnen erwartet werden. Wenn Sie den Geschäftsführer und HR-Kollegen gemeinsam in einem Gespräch erleben, haben Sie den Vorteil, die Unternehmenskultur besser kennen zu lernen – und für Ihre Entscheidungsfindung zu nutzen. Achten Sie beispielsweise darauf, wie der Vorgesetzte mit seinem Mitarbeiter umgeht. Unterbricht er ihn? Wie ist die Stimmung zwischen den Kollegen? Gibt es ausweichende Antworten? Und stellen Sie auch folgende Fragen: Warum gibt es diese Vakanz überhaupt? Oder wurde die Stelle neu eingerichtet? Wo sehen Sie das Unternehmen in zwei bis fünf Jahren? Welche Pläne haben Sie für die Unternehmensentwicklung? Solche Fragen zeigen, dass Sie ernsthaft am zukünftigen Arbeitgeber interessiert sind und Ihr Engagement für die Erreichung der Unternehmensziele einbringen möchten.“
2. „Hilft die Promotion einem Informatiker, Karriere zu machen?“
Firmenchef Shahram Rokni hat auch dazu eine klare Meinung: „Warum denken Sie über eine Promotion nach? Geht es Ihnen um bessere Karriere- und Verdienstmöglichkeiten? Die Zahl der offenen Stellen für Arbeitskräfte im sogenannten MINT-Bereich, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, hat ein Rekordhoch erreicht, wie die Bundesagentur in diesen Tagen bekannt gab. Besonders gefragt sind IT-Experten. Fast 40 Prozent der offenen MINT-Jobs für Akademiker entfallen auf diesen Bereich. Daher winken gute Jobs mit guten Gehältern – auch ohne Promotion, ja sogar ohne Master.
Sie haben also beste Karriereperspektiven ohne eine Promotion. Wenn Sie die Karriereleiter hochklettern möchten, erwarten Arbeitgeber viel eher Kommunikationsfähigkeit, Identifikationsbereitschaft und Leidenschaft für die Aufgabe als eine Promotion. Der Grad des akademischen Abschlusses spielt auch bei der Besetzung höherer Fach- und Führungspositionen keine entscheidende Rolle. Für eine Promotion sollten Sie sich nicht aus Karrieregründen oder finanziellen Interessen entscheiden, sondern aus Spaß an der Forschung. Wie Michael Müller-Wünsch, Bereichsvorstand Technology beim Hamburger Versandunternehmen Otto, in einem Interview mit der COMPUTERWOCHE einmal sagte: ,Ich habe damals nicht darüber nachgedacht, ob ich später einmal CIO werden will, sondern: Ich wollte etwas Neues erforschen und in die Wissenschaft gehen.‘“