IBMs hybride Cloud-Strategie
Mit Themen wie Hybrid-Cloud-Management und Anwendungsmodernisierung versucht IBM, sich von den mächtigen Rivalen im Cloud-Markt zu unterscheiden.
Mit Themen wie Hybrid-Cloud-Management und Anwendungsmodernisierung versucht IBM, sich von den mächtigen Rivalen im Cloud-Markt wie Amazon Web Services (AWS) und Microsoft mit Azure abzusetzen.
Für sein Cloud-Geschäft meldet IBM stetig zunehmende Umsätze. Im direkten Vergleich mit den Public-Cloud-Schwergewichten Amazon Web Services (AWS) und Microsoft (Azure) kann der IT-Konzern bisher zwar kaum mithalten. Doch die Public Cloud steht für die einstige Mainframe-Company auch gar nicht im Vordergrund. Mit Blick auf seine große Kundenbasis konzentriert sich IBM vielmehr auf Themen wie Hybrid-CloudManagement, Anwendungsintegration und -modernisierung sowie die Beschleunigung von Softwareentwicklungs-Prozessen. Viele Produkte aus dem riesigen Portfolio der IBM Software Group positionieren die MarketingStrategen des Unternehmens mittlerweile in diesem Kontext.
„Die digitale Transformation funktioniert nur mit Cloud Computing“, sagte Justin Youngblood, Vice President Hybrid Cloud bei IBM, kürzlich auf einer Kundenveranstaltung. Die Hybrid Cloud zeichne sich als das dominierende Betriebsmodell ab. Laut internationalen Erhebungen von IDC und Technology Business Research setzen mittlerweile acht von zehn Unternehmen auf solche Szenarien. Gut 70 Prozent arbeiten mit mehr als drei Cloud-Providern zusammen.
Youngblood beschrieb verschiedene Entwicklungsstadien, die der Cloud-Sektor in den vergangenen Jahren durchlaufen habe. „Es geht heute nicht mehr nur um Kosten, sondern um höherwertige Services für das Business“, so seine Einschätzung. In der Cloud 1.0 lag der Fokus demzufolge auf einer besonders effizienten IT-Infrastruktur. Public-Cloud-Modelle mit Infrastructure as a Service (IaaS) und Software as a Service (SaaS) standen im Mittelpunkt der ersten, meist taktisch geprägten Projekte. In der zweiten Cloud-Entwicklungsstufe drehe sich alles um Geschwindigkeit und moderne Anwendungen. Hybrid-Cloud-Modelle und Platform as a Service (PaaS) hätten massiv an Bedeutung gewonnen. Aus Sicht des IBMManagers tritt der Markt nun in das dritte Stadium ein. Jetzt gehe es um Transformation, veränderte Prozesse und am Ende schlicht darum, mit Hilfe von Cloud-Services Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Verteilte Clouds und „kognitive Anwendungen“spielten dabei eine Schlüsselrolle.
Legacy-IT cloudifizieren
In diesem Kontext sieht Youngblood drei Einstiegspunkte in die digitale Transformation: das Optimieren von Legacy-Anwendungen, die Verbindung eigener Data Center mit CloudServices und schließlich das Entwickeln neuer, „Cloud-nativer“Anwendungen. Insbesondere der erste Punkt beschäftigt auch nach Ansicht professioneller Marktbeobachter immer mehr Unternehmen. Gartner beispielsweise spricht vom „Renovieren“der Legacy-IT, während die IBM-Marketiers gerne den Slogan „Cloudify your IT“benutzen. Die massenhafte Migration von Anwendungen in die Cloud hat gerade erst begonnen, beobachtet Forrester-Analyst Bill
Martorelli. Die Verfügbarkeit einschlägiger Tools und Services erleichtere solche Projekte. Nach seiner Einschätzung ist eine regelrechte „Migrationsindustrie“entstanden, zu der Cloud-Service-Provider ebenso gehörten wie Berater, Systemintegratoren und Anbieter einschlägiger Software-Tools. In der Praxis würden Projekte zur Cloud-Migration zusehends mit einer umfassenden Anwendungsmodernisierung verschmelzen.
Von dieser Entwicklung will IBM profitieren, wobei das Unternehmen auf seine große Kundenbasis mit Legacy-Applikationen bauen kann. Das eröffnet Chancen, die andere PublicCloud-Anbieter in diesem Ausmaß nicht haben. Nicht ohne Stolz verweist Youngblood auf die führende Position IBMs in diversen Marktsegmenten, die für das Optimieren der Legacy-IT bedeutsam sind. Dazu gehört beispielsweise der Bereich Middleware, in dem IBM traditionell breit aufgestellt ist. Aber auch beim Thema Hybrid-Cloud-Management zählen Forrester und andere Analysten IBM zu den führenden Anbietern.
Youngblood hebt besonders die Hybrid-CloudManagement-Lösungen für Multi-Cloud-Umgebungen hervor. Hier offeriere man für jede Phase ein passendes Softwareprodukt. Geht es etwa um das Planen und Verwalten von CloudServices über mehrere Provider hinweg, können Unternehmen auf den „IBM Cloud Broker“und den „IBM Cost and Asset Manager“zurückgreifen. In puncto automatische Provisionierung von Infrastruktur und Anwendungen helfen der „Cloud Automation Manager“und der „Cloud Orchestrator“. Daneben bildet das Thema Transparenz und Kontrolle von CloudDiensten eine tragende Säule in IBMs CloudPortfolio. Hier positioniert der Anbieter etwa die Tools „IBM Application Performance Management“und „IBM Netcool Operations Insight“.
Cloud-native Apps – die Königsdisziplin
Die Königsdisziplin im Cloud-Transformationsprozess liegt indes auch für IBM in der Entwicklung von „Cloud-native“-Anwendungen. Vor allem in Verbindung mit DevOps-Konzepten sollen Unternehmen damit ihre Softwareproduktionsprozesse entscheidend beschleunigen und schneller auf sich ändernde Marktanforderungen reagieren können. Youngblood spricht von Release-und Innovationszyklen, die sich nicht mehr in Tagen, sondern in Minuten bemessen ließen. IBM stelle Kunden dazu moderne Tools wie etwa „UrbanCode“oder „DevOps Toolchain“zur Verfügung.
Vor der Entscheidung für einzelne Softwaredienste komme es aber darauf an, das passende Delivery-Modell zu wählen, so der Manager. IBM unterscheidet dabei grob die Modelle Public, Dedicated, Local und Managed. Public bedeutet nach IBM-Lesart, dass Kunden Shared-Public-Services nutzen, die von IBM verwaltet und in einem Data Center des Providers vorgehalten werden. Hier positioniert der Konzern auf der Infrastrukturebene seine Softlayer-Dienste und auf der PaaS-Ebene seine Bluemix-Services. Unter Dedicated will IBM „Single Tenant Cloud-Services“verstanden wissen, die ebenfalls im Provider-Rechenzentrum gehostet werden.
Die Variante „Local“fällt schon in den Bereich „On-Premise Cloud“. Gemeint sind PrivateCloud-Services, die optional von IBM verwaltet, aber im Kundenrechenzentrum vorgehalten werden. Noch einen Schritt weiter geht das Betriebsmodell „Self Managed“, in dem Kunden sämtliche Private-Cloud-Services selbständig managen und im eigenen Rechenzentrum betreiben. Für alle Betriebsarten außer Public Cloud empfiehlt IBM seine „PureApplication“Anwendungsplattform samt umfangreichen Services. Damit soll sich die Implementierung auch großer Anwendungsumgebungen vereinfachen und automatisieren lassen.
Der Business Case für die Hybrid Cloud
Wie Hybrid-Cloud-Szenarien zu greifbaren Business-Vorteilen führen können, belegten zahlreiche Kundenbeispiele, erläuterte Youngblood. So sei es beispielsweise dem Rückversicherer Swiss Re gelungen, mit Automation-Services die Bereitstellungszeit von ITRessourcen um 99 Prozent zu verringern. Der Investment-Konzern Fidelity habe die ReleaseZeiten für neue Anwendungen von Tagen auf Minuten verkürzt und dabei jährliche Einsparungen von 2,3 Millionen Dollar erzielt.