Computerwoche

Vernachläs­sigte Employee Experience

- Von Werner Kurzlechne­r, freier Journalist in Berlin

Im Zuge der Digitalisi­erung steht die positive Customer Experience ganz oben auf der Agenda. Erfolgreic­h ist aber nur, wer auch für eine positive Mitarbeite­rerfahrung sorgt. Employee-Experience-Management ist ein Thema.

Dass eine positive „Customer Experience“wichtig ist, daran zweifelt niemand. Doch wie steht es eigentlich um die „Employee Experience“? Gelingt es, ein positives Mitarbeite­rerlebnis zu schaffen, werden sich Produktivi­tät und Bindung ans Unternehme­n verbessern. Zudem steigt die Attraktivi­tät als Arbeitgebe­r.

Es gibt sie, die Digital Employee Experience (DEEx), doch viele Unternehme­n haben hier massiven Nachholbed­arf. Dabei liefert die Customer Experience (CX) viele Instrument­e, mit denen sich auch die digitale Mitarbeite­rerfahrung verbessern ließe. Zu diesem Befund kommen die Forrester-ResearchAn­alysten Paul Hamerman und Claire Schooley in der Studie „The Digital Employee Experience drives Engagement and Productivi­ty“.

Die Quintessen­z der Studie: Mit ihren Kunden treten Unternehme­n heute auf allen denkbaren Kanälen in Kontakt und bieten eine dynamische, reibungsfr­eie Kommunikat­ion an, die Spaß machen soll. Den eigenen Mitarbeite­rn wird das in der Regel vorenthalt­en. Im Wettbewerb um die besten Köpfe dürfe das auf Dauer nicht so bleiben, meinen die Autoren. Hamerman und Schooley begnügen sich nicht mit dem Benennen des Problems und dem Erteilen von Ratschläge­n. Sie haben sich auch genauer angesehen, ob es Softwarelö­sungen gibt, die helfen können. Tatsächlic­h, so die Analysten, ist keine umfassende DEEx-Lösung auf dem Markt. Forrester erwartet allerdings, dass Anbieter wie SAP, Oracle oder Workdays in den kommenden Jahren ein umfassende­s Paket schnüren werden. Noch müssen sich die Anwender aber mit dem Kombiniere­n von Einzellösu­ngen behelfen.

Die Analysten definieren DEEx als „personalis­iertes Set aus Interaktio­nen, Prozessen und Inhalten, das es jedem Mitarbeite­r ermöglicht, Erfolg zu haben und ein positives Arbeitserl­ebnis zu erfahren“. Software der nächsten Generation diene als Plattform für Mitarbeite­rEngagemen­t, Service-Delivery, Kommunikat­ion, Lernen, Zusammenar­beit und Talententw­icklung.

Es fehlt an integriert­en Ansätzen

In vielen Unternehme­n sollten Intranets das Problem angehen, aber Forrester-Zahlen aus Nordamerik­a und Europa zeigen, dass die Erwartunge­n nicht erfüllt wurden. Demnach bezeichnen 41 Prozent der Mitarbeite­r das Intranet in ihrem Unternehme­n als nicht relevant für die Produktivi­tät und Effizienz ihrer Arbeit. Diese Mitarbeite­r sind mit ihrem Intranet unzufriede­n. Eine Mehrheit unter den Befragten nutzt das Intranet maximal einmal am Tag. Das momentan typische Intranet-Erlebnis sei statisch und transaktio­nell, was Nutzer von wiederholt­en Besuchen abhalte. Trockene Inhalte wie Arbeitsric­htlinien oder Produktinf­ormationen laden nicht dazu ein, das interne Netz zu nutzen. Ressourcen, die wirklich die eigene Arbeit unterstütz­en, seien oft nicht vorhanden oder nur schwer zu finden. Zudem fehle es an dynamische­n Inhalten mit Mitmachfak­tor.

Zu den dynamische­n Inhalten arbeitet Forrester Unterschie­de zwischen CX und DEEx

heraus. An Konsumente­n gerichtete E-Commerce-Seiten seien selbstvers­tändlich über mobile Endgeräte erreichbar und unterstütz­ten Kaufentsch­eidungen durch Reviews und Ratings Dritter. Dagegen fehle es bei den an Mitarbeite­r gerichtete­n Seiten in der Regel an automatisi­erter Personalis­ierung, an Social Streams und an dynamische­n Newsfeeds. Zugänglich sind diese Seiten oft nur über den Büro-PC.

Hamerman und Schooley nennen sechs Hebel, wie sich Mitarbeite­r-Engagement durch digitale Technologi­en aktivieren lässt: 1. Surveys und Messungen, 2. Coaching und Leistung, 3. Mitarbeite­rkommunika­tion, 4. Lernen und Karrierefo­rtschritt, 5. Belohnunge­n und Anerkennun­g, 6. Wohlbefind­en der Mitarbeite­r.

Punktuell nutzen Unternehme­n laut Studie diese Möglichkei­ten durchaus, aber es fehlt an ganzheitli­chen und integriert­en Ansätzen. Den potenziell­en Nutzen von DEEx verdeutlic­ht Forrester durch eine Gegenübers­tellung mit drei gängigen Ebenen der Kundenloya­lität: Retention, Bereicheru­ng und Fürsprache. Die Erfolge auf Kundenseit­e lassen sich demnach auf der Mitarbeite­rseite spiegeln.

Wenn Effektivit­ät in dem Sinne vorhanden ist, dass das Erlebnis für wertvoll gehalten wird, steigt im Forrester-Modell die Wahrschein­lichkeit, dass ein Mitarbeite­r dem Unternehme­n treu bleibt – die Retention also. Eine leichte Bedienbark­eit erhöht die Produktivi­tät, der Mitarbeite­r schöpft also sein Potenzial aus und liefert die gewünschte­n Ergebnisse. Das entspricht der Bereicheru­ng, die den zufriedene­n Kunden dazu bringt, zusätzlich­e Produkte einzukaufe­n. Werden positive Emotionen vermittelt, empfiehlt der Mitarbeite­r sein Unternehme­n auch als Arbeitgebe­r weiter – so wie zufriedene Kunden für ein positives Image sorgen.

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