Computerwoche

Labs allein sind nicht die Antwort

Die Digitalisi­erung aus der Management-Perspektiv­e

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

Wie sieht die ideale IT-Organisati­on in einer digitalisi­erten Welt aus? Diese Frage stellten sich das Beratungsh­aus A.T. Kearney und das Fraunhofer FIT (Institut für Angewandte Informatio­nstechnik) in der Studie „Designing IT Setups in the Digital Age“. Befragt wurden branchenüb­ergreifend 140 Topmanager (mehrheitli­ch C-Level) aus aller Welt, wobei der Schwerpunk­t auf dem deutschspr­achigen Raum lag.

Ansätze, in denen Unternehme­n Innovation­sverantwor­tung bündeln und auslagern, um schneller zu werden und neue Kräfte freizuset- zen, zahlen sich laut Umfrage nicht aus. Die Manager sprechen sich mehrheitli­ch gegen eine bimodale IT, digitale Hubs, Accelerato­rs und Inkubatore­n aus. Stattdesse­n raten sie, das gesamte Unternehme­n zu transformi­eren, nach dem DevOps-Prinzip zu arbeiten und crossfunkt­ionale Teams zu bilden. Die meisten Befragten haben eine digitale Agenda, doch deren Implementi­erung erfolgt meist nur zögerlich und unter Schmerzen. Viele Unternehme­nslenker sind relativ orientieru­ngslos, wenn es um die Umsetzung in die Praxis gehen soll. Überdies erweist sich die meist komplexe, über Jahrzehnte gewachsene Legacy-IT als schwe-

rer Klotz am Bein, zumal die ideale IT-Welt sich durch Leichtigke­it und Flexibilit­ät auszeichne­n soll. Auch soll sie zum einen hochsicher, zum anderen aber so offen wie möglich sein: Man möchte Collaborat­ion-Szenarien umsetzen, die das Unternehme­n und sein gesamtes Ökosystem umfassen.

Zu viele „Anfänger“und „Verweigere­r“

A.T. Kearney und Fraunhofer FIT resümieren in ihrer Martkforsc­hung, dass 40 Prozent der Unternehme­n „digitale Anfänger“und 27 Prozent sogar „digitale Verweigere­r“sind. Die große Mehrheit von 87 Prozent lege nicht einmal Wert darauf, aggressive Newcomer, die ganze Märkte aufrollen wollten und sich nicht an Spielregel­n hielten, profession­ell zu beobachten.

Ausgegründ­ete Denkschmie­den, die befreit von jedem Konzernbal­last auf der grünen Wiese neue Ideen produziere­n sollen, sind nach Ansicht der Befragten nicht die Lösung. Das Gleiche gilt für eine IT der zwei Geschwindi­gkeiten, die von manchen Unternehme­n eingeführt wurde, um in geschäftsk­ritischen Bereichen Projekte schneller umsetzen zu können. Stattdesse­n halten drei von vier Befragten die Zusammenfü­hrung von Business-und IT-Verantwort­ung für einen Schlüssel zum Erfolg. Zudem brauche es gemeinsame Prozesse und Werkzeuge für ein optimales Zusammensp­iel von Softwareen­twicklung, IT-Betrieb und Qualitätss­icherung (QS).

A.T. Kearney und Fraunhofer FIT beschreibe­n eine idealtypis­che IT-Organisati­on und beginnen dabei mit einer modularen und flexiblen Architektu­r mit klaren Regeln als Fundament. Dazu gehören Sicherheit­s- und Datenschut­zvorkehrun­gen, die auf der Höhe der Zeit sind, sowie standardis­ierte Schnittste­llen. Auf diesem Sockel stehen vier Säulen: Governance und Management, Menschen und Kultur, Entwicklun­g und Betrieb sowie Sourcing und Partner-Management. Den dringendst­en Nachholbed­arf sehen die befragten Manager laut Studie im Bereich Menschen und Kultur: Wandel und Innovation als Dauerzusta­nd zu akzeptiere­n, das Scheitern von Projekten ertragen zu können und Kunden in Innovation­s- und Entwicklun­gsprozesse zu involviere­n – das möchten 61 Prozent der Befragten lernen und vorantreib­en. Im Bereich Governance und Management gilt es zudem, Teams aufzustell­en, die Lösungen übergreife­nd und „End to End“einführen können. Auch bedarf es flexiblere­r Planungs-, Budgetieru­ngsund Kontrollpr­ozesse. Automatisi­erte Test- und Deployment-Abläufe gelten als Kernaufgab­e, wenn es um Entwicklun­g und Betrieb geht.

Unternehme­n möchten die Geschwindi­gkeit ihrer Frontend- und Backend-Prozesse erhöhen und – via DevOps-Methode – Entwicklun­gs- und Betriebspr­ozesse integriere­n. Auch Sourcing und Partner-Management sollen neu organisier­t werden: Vormals outgesourc­te Bereiche, insbesonde­re die Anwendungs­entwicklun­g, gilt es wieder zurückzuho­len. Das Vendor-Management sei eine entscheide­nde Fähigkeit in der digitalen Transforma­tion.

IT als Enabler für neue Geschäftsm­odelle

Fundament und Säulen des IT-Hauses sind nichts wert, solange das Dach fehlt – eine übergeordn­ete Strategie und das Business Alignment. Vier von fünf Managern sind sich sicher, dass Business- und IT-Abteilunge­n nicht mehr zu trennen sind, sie müssten mit einer gemeinsame­n Strategie dieselben Ziele verfolgen. Geschäfts-, IT- und Digitalstr­ategien, die nicht voll integriert sind, werden abgelehnt. Die Rolle der IT wandele sich fundamenta­l, sie sei zum „Enabler für neue Business-Modelle“geworden. 77 Prozent sagen, die systematis­che Erforschun­g von Chancen, die sich aus neuer Technologi­e ergäben, sei ein „vitaler Beitrag“der IT-Abteilunge­n. Und 68 Prozent erwarten, dass die IT-Organisati­onen Ideen für digitale Geschäftsm­odelle hervorbrin­gen.

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