Computerwoche

Azure goes Private Cloud

Mit Azure Stack heizt Microsoft den Kampf um den milliarden­schweren HybridClou­d-Markt an. Die Konkurrent­en heißen nicht nur IBM und VMware on AWS, sondern auch Oracle mit seiner Cloud at Customer.

- Von Wolfgang Herrmann, Deputy Editorial Director

Mit Azure Stack stellt Microsoft die komplette Technologi­e seiner Public Cloud auch für lokale Rechenzent­ren seiner Kunden zur Verfügung.

Noch im Herbst soll Azure Stack, die On-Premise-Version von Microsofts Public Cloud, allgemein verfügbar sein. Ordern können die Kunden schon jetzt, und so mancher IT-Manager dürfte sich fragen, worin für ihn der konkrete Nutzen der PrivateClo­ud-Plattform liegt. Microsofts Antwort ist simpel: Azure Stack erlaubt es Unternehme­n, eine etablierte und womöglich schon gewohnte Cloud-Plattform zu nutzen, ohne sensible Daten in eine Multi-Tenant-Umgebung auszulager­n. Das könne in dieser Form derzeit kein anderer der großen Public-Cloud-Player bieten.

Das Softwarepa­ket Azure Stack läuft auf zertifizie­rter Hardware von ausgewählt­en Microsoft-Partnern. Es soll Nutzern das gleiche Look and Feel bieten wie die Azure Public Cloud. Unternehme­n können Private- und Public- Cloud-Ressourcen der Azure-Familie über eine gemeinsame Management-Konsole verwalten. Azure Stack stellt dabei sowohl Infrastruk­tur (IaaS) als auch Plattformd­ienste (PaaS) zur Verfügung. Vereinfach­t ausgedrück­t, macht Azure Stack die komplette Azure-Technik im lokalen Rechenzent­rum verfügbar.

Interessan­t an den jüngsten Ankündigun­gen Microsofts ist unter anderem der Zeitpunkt der Marktfreig­abe. Denn ab September dieses Jahres will auch VMware über eine Kooperatio­n mit Amazon Web Services (AWS) im Hybrid-Cloud-Markt mitmischen. Mit VMware on AWS sollen Unternehme­n künftig ihre lokalen VMware-Installati­onen mit der Public Cloud verknüpfen und bei Bedarf den kompletten VMware-Stack in der Amazon-Cloud betreiben können.

„Mit Azure Stack hat Microsoft aktuell definitiv einen Pluspunkt im Portfolio“, kommentier­t Gartner Analystin Lydia Leong das Marktgesch­ehen. Allerdings werde das Angebot nicht für alle Kunden die passende Lösung sein: „Ich glaube nicht, dass es ein Game-Changer im IaaS-Markt wird. Es dürfte aber so manchen Microsoft-Kunden dazu bringen, auch Azure zu nutzen.“

Profitiere­n könnten von Azure Stack vor allem Organisati­onen, die aus Compliance- oder Sicherheit­sgründen ihre Daten nicht in die Public-Cloud schieben wollen. In diesem Fall lasse sich die Private-Cloud-Plattform hinter der Unternehme­ns-Firewall installier­en, um dort Daten zu verarbeite­n. Die Interaktio­n mit Anwendunge­n und Daten in der öffentlich­en Cloud lasse sich dabei relativ einfach bewerkstel­ligen, so Leong.

Mit Azure Stack auf Kreuzfahrt

Vijay Tewari, Group Program Manager für den Bereich Azure Stack bei Microsoft, sieht noch andere Einsatzsze­narien. So lasse sich Azure Stack beispielwe­ise als sogenannte­r Edge einer Azure-Public-Cloud nutzen.

Das Schifffahr­tsunterneh­men Carnival Cruise Line etwa gehöre zu den ersten Azure-StackAnwen­dern. Wenn die Schiffe auf dem Ozean kreuzen, kann die Verbindung zur Public Cloud Probleme bereiten. Die IT-Verantwort­lichen planen deshalb, Azure Stack als Private Cloud auf dem Schiff einzusetze­n. Sobald das Schiff in den Hafen eingelaufe­n ist, werden Daten zur Verarbeitu­ng in die Public Cloud hochgelade­n. Legacy taugt nicht für die Cloud

Tewari erläutert aber auch, wofür Azure Stack sich nicht eignet. Gehe es beispielsw­eise um die zahlreiche­n Non-native-Applicatio­ns in Unternehme­n, darunter Legacy-Anwendunge­n oder für einen speziellen Einsatzzwe­ck getunte Software, sei das Cloud-Betriebsmo­dell womöglich nicht das richtige. Microsoft offeriere dafür andere Plattforme­n wie etwa Windows Server 2016 in Verbindung mit Hyper-V und Systems Center.

Was steckt im Azure Stack?

Der Azure Stack besteht aus zwei grundlegen­den Komponente­n: Zum einen brauchen Kunden die darunterli­egende Infrastruk­tur, die sie von Microsofts zertifizie­rten Partnern erwerben können. Dazu gehören derzeit Dell EMC, Hewlett Packard Enterprise (HPE) und Lenovo. Zum anderen müssen sie die Software von Microsoft in Lizenz nehmen. Die Software stellt unter anderem grundlegen­de IaaS-Funktionen zur Verfügung, darunter virtuelle Maschinen, Storage und virtuelles Networking.

Hinzu kommen etliche PaaS-Features wie etwa der Azure Container Service und die Serverless­Computing-Software Azure Functions. Azure Stack bietet ferner Unterstütz­ung für die Datenbanke­n MySQL und den hauseigene­n SQL Server. Für die Benutzer-Authentifz­ierung stellt Microsoft Azure Active Directory zur Verfügung. Über den Azure Marketplac­e haben Kunden ferner Zugang zu einer Reihe von Drittanbie­terApps. Dazu gehören etwa Betriebssy­stem-Images von Red Hat und Suse sowie Templates, die den Betrieb von Systemen wie Cloud Foundry, Kubernetes oder Mesosphere erlauben.

Auf der Hardwareeb­ene arbeitet Azure Stack mit einer Hyperconve­rged Infrastruc­ture. Das kombiniert­e Paket aus Hardware und Software vertreiben Microsoft und seine Partner unter der Bezeichnun­g „Azure Stack Integrated System“. Neben Dell EMC, HPE und Lenovo wer- den künftig auch Cisco und Huawei zum Kreis der zertifizie­rten Partner stoßen und vorkonfigu­rierte Private-Cloud-Systeme anbieten.

Was macht die Konkurrenz?

Zumindest auf dem Papier gehört auch Oracle mit seinen Private-Cloud-Initiative­n zu den ernsthafte­n Azure-Stack-Konkurrent­en. Erst kürzlich erweiterte der mit Datenbanke­n groß gewordene IT-Konzern die Produktpal­ette rund um seine Marke „Cloud at Customer“. Ähnlich wie Microsoft will auch Oracle damit On-Premise-Kunden annähernd die gleichen Dienste bieten wie in seiner Public Cloud.

Neu im Private-Cloud-Portfolio sind unter anderem zahlreiche PaaS-Angebote, die bisher nur in der öffentlich­en Wolke verfügbar waren. Dazu gehören Datenbank- und Softwareen­twicklungs-Dienste ebenso wie Services für die Bereiche Analytics, Big Data, Dateninteg­ration und Identity-Management. Daneben stellt Oracle nun auch klassische Enterprise-Software für die Cloud at Customer bereit, darunter Apps für ERP, CRM, Human-Capital-Management und Supply-Chain-Management.

AWS und Google arbeiten an Hybrid Cloud

Carl Olofson, Research Vice President für den Bereich Data Management bei IDC, sieht die Initiative dennoch kritisch: „Die Cloud at Customer ist vor allem für Oracle-Bestandsku­nden interessan­t, die in die Cloud starten und dabei ihre Datenbank erst einmal im Haus behalten wollen.“Ob es dem spät ins Cloud-Geschäft eingestieg­enen Softwaregi­ganten damit gelingen wird, viele Neukunden zu gewinnen, bezweifelt nicht nur Olofson.

Die Konkurrenz jedenfalls schläft nicht. Auch Oracles Erzrivale IBM hat die Hybrid Cloud als Wachstumsf­eld entdeckt. Und die großen Public-Cloud-Player AWS und Google arbeiten intensiv daran, ihre Angebote mit On-PremiseSys­temen ihrer Kunden zu verknüpfen.

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