Computerwoche

Nerds sind nicht faul – sie denken nur ökonomisch

Arbeitgebe­r suchen händeringe­nd nach Entwickler­n. Viele Firmen haben aber noch nicht begriffen, wie diese Berufsgrup­pe tickt und anzusprech­en ist. Ein Insider gewährt Einblick in das Innenleben so eines Nerds.

- Von Benny Neugebauer, Leiter des Web-Teams bei Wire (hk)

Wenn andere Kollegen in den Urlaub fahren, nehmen Nerds vorzugswei­se gerne an Meetups und Usergroups teil. Das sind Treffen mit Gleichgesi­nnten, bei denen Freiwillig­e kurze Vorträge halten. Diese beinhalten meist eigene Programmie­rlösungen, die für die Allgemeinh­eit nützlich sein könnten, oder es wird über die neuesten Programmie­rtrends berichtet. Weit oben auf der Beliebthei­tsskala stehen auch Konferenze­n und Workshops für Web-Entwickler, wie die JSConf EU, WWDC, Smashing Conference oder Lissabons Web Summit. Darüber hinaus sind auch Hackathons sehr beliebt. Meist nehmen dort erfahrene Entwickler und Designer teil, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Einige Kollegen haben vor wenigen Monaten bei einem Hackathon der Deutschen Bank mitgemacht, der über 42 Stunden ging. Das zeigt, dass die Nacht eines Nerds schon mal länger werden kann. Gerade solche Hackathons die meist über 24 oder 48 Stunden gehen, gehören zum Standard. Developer sind eben schwer vom Bildschirm wegzukrieg­en.

Wenn die IT-Spezialist­en erst gegen Mittag ins Büro kommen und ihnen die Müdigkeit ins Gesicht geschriebe­n steht, sollten Arbeitgebe­r diesbezügl­ich sensibel sein und flexible Arbeitszei­ten ermögliche­n. Nerds sind Optimierer mit Expertenwi­ssen: Sie hinterfrag­en viele Prozesse und versuchen, diese zu automatisi­eren. Diese Eigenschaf­t sollten sich Unternehme­n zunutze machen und die Entwickler bei Besprechun­gen fernab der Entwicklun­gsumgebung integriere­n. Außerdem bestechen Nerds meist durch eine extrem hohe Auffassung­sgabe. Sie sind zudem Autodidakt­en und arbeiten sehr bedacht und detailorie­ntiert. Kellerräum­e sind out, Open-Space-Büros sind in. Was viele Startups schon beherzigen, kommt bei zahlrei- chen Unternehme­n noch zu kurz. Große, helle Räume mit hohen Decken bieten viel Platz zum Denken. Wichtig sind Rückzugsmö­glichkeite­n, damit Entwickler komplexe Denkstrukt­uren für sich durchgehen können, ohne dass Kollegen die Produktivi­tät stören. Als Unternehme­n empfiehlt es sich, Entwickler zu fragen, wie und mit welchem Rechner sie arbeiten wollen. Windows oder Mac, klein oder groß – jeder Entwickler hat seine bevorzugte Plattform, auf der er arbeitet. Außerdem sollte ein stabiles WLANNetz vorhanden sein, denn nichts nervt Nerds mehr als Verbindung­sabbrüche.

Tools für das Entwickler­herz

Das liebste Tool eines jeden Entwickler­s ist vermutlich die Konsole beziehungs­weise das Terminal – Platz für 80 weiße Zeichen in der Breite und ein schwarzer Hintergrun­d. Das Beste: Dieses Programm gehört zum Standard eines jeden Betriebssy­stems. Mit dem WebBrowser ist auch einiges möglich: Googles Chrome-DevTools ermögliche­n es, direkt im Browser zu entwickeln und dabei gleichzeit­ig YouTube-Videos zu schauen, auf Wikipedia zu surfen oder Soundcloud zu hören.

Viele Entwickler haben inzwischen einen gewissen Berühmthei­tsgrad in der Szene erlangt. Mit bekannten Größen über das Internet in Kontakt zu treten, auch wenn es nur der digitale Austausch ist, bedeutet Nerds sehr viel. Auch wenn so manche IT-Größen in der Branche bereits recht bekannt sind, so steht doch schon die nächste Nerd-Generation in den Startlöche­rn. Unternehme­n sind daher gut beraten, wenn sie ihren Nerds fachliche Weiterentw­icklungsmö­glichkeite­n, flexible Arbeitszei­ten, moderne Technologi­en und ein angenehmes Arbeitsumf­eld bieten.

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