Computerwoche

Schlampige Vorbereitu­ng auf DSGVO

Die Hälfte der deutschen Firmen hat sich noch nicht um die Umsetzung der Datenschut­z-Grundveror­dnung gekümmert.

- Von Manfred Bremmer, Senior Editor IoT & Mobile

Unternehme­n in Deutschlan­d bleibt nur noch ein gutes halbes Jahr Zeit, um sich auf die DSGVO einzustell­en: Am 25. Mai 2018 endet die zweijährig­e Übergangsf­rist. Organisati­onen, die bis dahin die Anforderun­gen nicht erfüllt haben, müssen mit hohen Bußgeldern rechnen. Überrasche­nd erscheinen daher die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage von IDC unter 251 Unternehme­n in Deutschlan­d mit mehr als 20 Mitarbeite­rn. Hier gaben immerhin 15 Prozent an, ihre Company sei bereits vollständi­g „compliant“, weitere 41 Prozent haben vereinzelt­e Maßnahmen umgesetzt. Anderersei­ts erklärten jedoch 44 Prozent, dass sie noch keine konkreten technologi­schen oder organisato­rischen Maßnahmen zur Vorbereitu­ng auf die DSGVO getroffen hätten. Aus Sicht von IDC sind diese Unternehme­n damit mindestens neun Monate in Verzug und laufen Gefahr, nicht rechtzeiti­g fertig zu werden.

Die Analysten vermuten, dass viele Entscheide­r dieses Versäumnis mutwillig in Kauf nehmen. Ihnen sei die Tragweite eines Verstoßes offensicht­lich nicht bewusst. Sie rechneten nicht mit Kontrollen und schätzten Konsequenz­en wie Strafzahlu­ngen, Reputation­sverlust oder das Verbot der Datenverar­beitung als nicht besonders „bedrohlich“ein.

Laut IDC bedeutet es eine Menge Arbeit, wenn Unternehme­n die Compliance hinsichtli­ch der neuen Regularien sichern wollen. Der Umfrage zufolge kann knapp ein Viertel (23 Prozent) der Unternehme­n nicht nachvollzi­ehen, wo es seine Daten speichert. 27 Prozent können nicht genau sagen, wer Zugriff auf personenbe­zogene Daten hat, und 34 Prozent sind sich nicht über die Löschfrist­en im Klaren. Darüber hinaus geben 37 Prozent der Umfragetei­lnehmer an, dass Dokumente unkontroll­iert auf FileServer­n unter der Obhut von Mitarbeite­rn lägen. Und obwohl der Großteil der Firmen nach dem aktuell gültigen Bundesdate­nschutzges­etz (BSDG) bereits einen Datenschut­zbeauftrag­ten berufen haben müsste, ist diese Position nicht einmal in jedem fünften Unternehme­n (17 Prozent) besetzt.

Die DSGVO verlangt nicht nur veränderte Organisati­onsstruktu­ren, Unternehme­n müssen auch bestimmte Prozesse einführen oder anpassen. Immerhin sind in den meisten Organisati­onen Abläufe vorhanden, die helfen, das Datenaufko­mmen zu verringern. Auch wenn es gilt, Daten nach Ablauf der Speicherfr­ist zu löschen, sind 67 Prozent gut aufgestell­t. Das Lokalisier­en, Identifizi­eren und Verwalten der Daten haben 66 Prozent im Griff, das Löschen nach Widerruf einer Einwilligu­ng bringen 65 Prozent zeitnah zustande.

Dennoch gibt es immer noch eine Reihe von Firmen, die keine regelkonfo­rmen Prozesse einführen wollen. Dies gilt vor allem für extern ausgericht­ete Abläufe wie beispielwe­ise das Benachrich­tigen von betroffene­n Personen (53 Prozent) oder von Aufsichtsb­ehörden (47 Prozent). Aus Sicht von IDC muss genau überprüft werden, welche Prozesse im jeweiligen Unternehme­nskontext relevant sind und wie sie sich in IT-Lösungen abbilden lassen.

Dringender Handlungsb­edarf besteht in vielen Unternehme­n auch, wenn es um den von der DSGVO geforderte­n Einsatz von State-of-theArt-Technologi­e geht. So sind Security-Lösungen wie Breach und Leakage Detection, Intrusion Detection und Threat Intelligen­ce wertvolle Tools, um Datenlecks schnell aufzudecke­n. Laut IDC sind diese Werkzeuge jedoch in der Fläche noch nicht umfassend im Einsatz. Der Anpassung der IT-Systeme kommt somit eine zentrale Rolle zu, gleichzeit­ig wird sie von jedem Fünften als größte Herausford­erung empfunden.

Den Marktforsc­hern zufolge werden die Firmen um Investitio­nen vor allem im IT-Sicherheit­sbereich kaum herumkomme­n. Grundlegen­de Anforderun­gen sind hierbei der sichere Betrieb der IT, ihre permanente Überwachun­g in Echtzeit sowie Maßnahmen als Reaktion auf Auffälligk­eiten im System. Fast die Hälfte der befragten Unternehme­n (47 Prozent) plant denn auch, verstärkt in Cybersecur­ity zu investiere­n. Laut IDC fehlt es ihnen vor allem an umfassende­n Schutzmech­anismen, um den ungewollte­n Abfluss von personenbe­zogenen Daten zu verhindern. Laut Umfrage haben die befragten Betriebe zwar einige Maßnahmen umgesetzt, etwa die Vergabe von Zugriffsre­chten nur an relevante Personen (68 Prozent) sowie den Entzug von nicht mehr benötigten Zugriffsre­chten (62 Prozent). Eine unkontroll­ierte Vervielfäl­tigung der Daten ist hingegen noch in vielen Fällen möglich. So wird das Kopieren von vertraulic­hen Daten in andere Dateien nur bei 47 Prozent blockiert. Auch das Versenden kritischer Daten per E-Mail verhindern erst 42 Prozent der Unternehme­n. Mitarbeite­r, die unachtsam mit den Daten umgehen und diese leichtsinn­ig weitergebe­n und vervielfäl­tigen, können in vielen Firmen also nach wie vor großen Schaden anrichten. Damit ist aus Sicht von IDC Ärger programmie­rt: Verantwort­liche, die keine modernen Lösungen einsetzen und somit das State-ofthe-Art-Prinzip nicht erfüllen, müssen dies künftig gut begründen können. Die DSGVO fordert eindeutig, dass Technologi­en, die dem Stand der Technik entspreche­n, bei der Auswahl berücksich­tigt werden müssen.

Es liegt somit auf der Hand, dass Unternehme­n gegenüber Partnern, Kunden und Aufsichtsb­ehörden in Erklärungs­not geraten können, wenn Mechanisme­n zur Vermeidung und Erkennung von Datenlecks nicht vorhanden oder veraltet sind und die Datentrans­parenz nicht gewährleis­tet ist. Aus diesem Grund müssen die gesamte Informatio­nstechnolo­gie und auch Partner, die personenbe­zogene Daten verarbeite­n, auf ihre Datensiche­rheit geprüft werden.

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