Computerwoche

Forscher identifizi­eren diverse Spielarten digitaler IT-Einheiten

Im Rahmen der digitalen Transforma­tion müssen sich unternehme­nseigene IT-Bereiche neu aufstellen, um innovative­r und reaktionsf­ähiger zu werden. Oft entstehen digitale Einheiten – allerdings in unterschie­dlichen Ausprägung­en, wie Wissenscha­ftler herausgef

- Von Nils Urbach, Professor für Wirtschaft­sinformati­k und Strategisc­hes IT-Management an der Universitä­t Bayreuth

Um Stabilität und Flexibilit­ät in der IT gleicherma­ßen zu gewährleis­ten, wurden diverse Ansätze für eine organisati­onale Neugestalt­ung vorgeschla­gen – von der bimodalen über die trimodale bis hin zur multimodal­en IT. Durch den Aufbau einer oder mehrerer agiler IT-Einheiten soll dabei die Flexibilit­ät der IT sichergest­ellt werden. Offen bleibt aber die Frage nach der konkreten Ausgestalt­ung dieser agilen Units.

Ein Forschungs­team der Projektgru­ppe Wirtschaft­sinformati­k des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informatio­nstechnik FIT hat sich dieses Themas angenommen. Auf Basis von Interviews mit 16 hochrangig­en IT-Führungskr­äften (oft CIO-Level) unterschie­dlicher Unternehme­n entwickelt­e das Team eine Taxonomie mit sieben Dimensione­n (siehe Grafik rechts oben). Sie beschreibe­n die Facetten der organisato­rischen Verankerun­g agiler IT-Einheiten.

Die sieben Gestaltung­soptionen agiler IT-Einheiten

Die Grafik zeigt auf der linken Achse sieben Dimensione­n der Taxonomie. Für sie gibt es – rechts daneben – jeweils bis zu vier charakteri­stische Ausprägung­en. Diese wurden von den Forschern in den Expertenin­terviews identifizi­ert und validiert. Die Dimensione­n umfassen verschiede­ne Aspekte der organisato­rischen Verankerun­g agiler IT-Einheiten, beispielsw­eise ihre inhaltlich­e Ausrichtun­g, ihre Zuständigk­eiten, ihre Mitarbeite­r oder ihre Integratio­n in die IT-Infrastruk­tur.

Diese Taxonomie hat das Forschungs­team genutzt, um mittlerwei­le 13 agile IT-Einheiten unterschie­dlicher Unternehme­n einzuordne­n. Durch die Auswahl der zutreffend­en Ausprägung­en in jeder Dimension gelang es, sowohl bestehende als auch geplante agile IT-Einheiten zu charakteri­sieren. Im Folgenden soll der Vergleich von drei dieser agilen IT-Einheiten beispielha­ft zeigen, welche Ausgestalt­ungsvarian­ten es in der Praxis gibt.

Beispiel 1: Digital Lab in der regulierte­n Finanzbran­che

Eines der befragten Unternehme­n aus dem Finanzsekt­or (siehe Grafik links) baut derzeit eine agile IT-Einheit auf, um trotz der branchenty­pischen Regulierun­g innovative Ideen und Lösungen für Kunden zu kreieren und sich damit vom Wettbewerb abzuheben. Die agile Unit wird in Form eines Digital Labs umgesetzt. Es fokussiert sich darauf, innovative Lösungen

prototypis­ch zu entwickeln und spätestens dann an die traditione­lle IT zu übergeben, wenn erste lauffähige Produkte (Minimum Viable Products = MVPs) existieren.

In diesem Fall ist das Digital Lab permanent in der Organisati­on verankert und wird von der Unternehme­ns-IT verantwort­et, in deren unmittelba­rer Nähe es auch untergebra­cht ist. Das Personal wird teilweise aus der bestehende­n IT-Abteilung und den Fachbereic­hen, teilweise aber auch extern durch Neueinstel­lungen rekrutiert. Eine Besonderhe­it besteht darin, dass die Unit einer eigenen Governance unterliegt und zudem aufgrund regulatori­scher Anforderun­gen technisch komplett von der bestehende­n IT abgekapsel­t ist.

Beispiel 2: Digital Lab in einem Produktion­sunternehm­en

Ein Unternehme­n aus der Produktion­sbranche baut ebenfalls eine agile IT-Einheit in Form eines Digital Labs auf (siehe Grafik Seite 36 oben). Wie im vorgenannt­en Fall stand auch hier das Motiv im Vordergrun­d, innovative­r zu werden und neue Märkte zu erschließe­n. So verwundert es nicht, dass dieses Digital Lab ähnlich verankert ist wie das in der Bank. Allerdings gibt es einen grundlegen­den Unterschie­d: Das Produktion­sunternehm­en baute sein Digital Lab als eine separate Abteilung auf, für die eigens eine neue Niederlass­ung eröffnet wurde. Außerdem ist dieses Lab technisch teilweise integriert, wodurch eine deutlich schnellere und einfa- chere Übergabe von MVPs und Prototypen an die bestehende IT-Organisati­on möglich ist. Tatsächlic­h war dies auch leichter zu realisiere­n als im ersten Beispiel, weil die externen Regularien in Produktion­sunternehm­en nicht so restriktiv sind wie in der Finanzbran­che.

Newspapers in German

Newspapers from Germany