Forscher identifizieren diverse Spielarten digitaler IT-Einheiten
Im Rahmen der digitalen Transformation müssen sich unternehmenseigene IT-Bereiche neu aufstellen, um innovativer und reaktionsfähiger zu werden. Oft entstehen digitale Einheiten – allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen, wie Wissenschaftler herausgef
Um Stabilität und Flexibilität in der IT gleichermaßen zu gewährleisten, wurden diverse Ansätze für eine organisationale Neugestaltung vorgeschlagen – von der bimodalen über die trimodale bis hin zur multimodalen IT. Durch den Aufbau einer oder mehrerer agiler IT-Einheiten soll dabei die Flexibilität der IT sichergestellt werden. Offen bleibt aber die Frage nach der konkreten Ausgestaltung dieser agilen Units.
Ein Forschungsteam der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT hat sich dieses Themas angenommen. Auf Basis von Interviews mit 16 hochrangigen IT-Führungskräften (oft CIO-Level) unterschiedlicher Unternehmen entwickelte das Team eine Taxonomie mit sieben Dimensionen (siehe Grafik rechts oben). Sie beschreiben die Facetten der organisatorischen Verankerung agiler IT-Einheiten.
Die sieben Gestaltungsoptionen agiler IT-Einheiten
Die Grafik zeigt auf der linken Achse sieben Dimensionen der Taxonomie. Für sie gibt es – rechts daneben – jeweils bis zu vier charakteristische Ausprägungen. Diese wurden von den Forschern in den Experteninterviews identifiziert und validiert. Die Dimensionen umfassen verschiedene Aspekte der organisatorischen Verankerung agiler IT-Einheiten, beispielsweise ihre inhaltliche Ausrichtung, ihre Zuständigkeiten, ihre Mitarbeiter oder ihre Integration in die IT-Infrastruktur.
Diese Taxonomie hat das Forschungsteam genutzt, um mittlerweile 13 agile IT-Einheiten unterschiedlicher Unternehmen einzuordnen. Durch die Auswahl der zutreffenden Ausprägungen in jeder Dimension gelang es, sowohl bestehende als auch geplante agile IT-Einheiten zu charakterisieren. Im Folgenden soll der Vergleich von drei dieser agilen IT-Einheiten beispielhaft zeigen, welche Ausgestaltungsvarianten es in der Praxis gibt.
Beispiel 1: Digital Lab in der regulierten Finanzbranche
Eines der befragten Unternehmen aus dem Finanzsektor (siehe Grafik links) baut derzeit eine agile IT-Einheit auf, um trotz der branchentypischen Regulierung innovative Ideen und Lösungen für Kunden zu kreieren und sich damit vom Wettbewerb abzuheben. Die agile Unit wird in Form eines Digital Labs umgesetzt. Es fokussiert sich darauf, innovative Lösungen
prototypisch zu entwickeln und spätestens dann an die traditionelle IT zu übergeben, wenn erste lauffähige Produkte (Minimum Viable Products = MVPs) existieren.
In diesem Fall ist das Digital Lab permanent in der Organisation verankert und wird von der Unternehmens-IT verantwortet, in deren unmittelbarer Nähe es auch untergebracht ist. Das Personal wird teilweise aus der bestehenden IT-Abteilung und den Fachbereichen, teilweise aber auch extern durch Neueinstellungen rekrutiert. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Unit einer eigenen Governance unterliegt und zudem aufgrund regulatorischer Anforderungen technisch komplett von der bestehenden IT abgekapselt ist.
Beispiel 2: Digital Lab in einem Produktionsunternehmen
Ein Unternehmen aus der Produktionsbranche baut ebenfalls eine agile IT-Einheit in Form eines Digital Labs auf (siehe Grafik Seite 36 oben). Wie im vorgenannten Fall stand auch hier das Motiv im Vordergrund, innovativer zu werden und neue Märkte zu erschließen. So verwundert es nicht, dass dieses Digital Lab ähnlich verankert ist wie das in der Bank. Allerdings gibt es einen grundlegenden Unterschied: Das Produktionsunternehmen baute sein Digital Lab als eine separate Abteilung auf, für die eigens eine neue Niederlassung eröffnet wurde. Außerdem ist dieses Lab technisch teilweise integriert, wodurch eine deutlich schnellere und einfa- chere Übergabe von MVPs und Prototypen an die bestehende IT-Organisation möglich ist. Tatsächlich war dies auch leichter zu realisieren als im ersten Beispiel, weil die externen Regularien in Produktionsunternehmen nicht so restriktiv sind wie in der Finanzbranche.