Der Nachwuchs muss hofiert werden
Junge IT-ler träumen von Arbeitgebern wie Amazon, Microsoft und Google. Dass auch andere Firmen spannende IT-Jobs zu vergeben haben, können sich die meisten nicht vorstellen. Personalverantwortliche berichten von ihren Erfahrungen mit der Generation Z und
Personaler berichten in einem CW-Roundtable von ihren Erfahrungen mit der Generation Z und von Strategien, mit denen sie sich als Arbeitgeber interessant machen.
Jetzt komm ich“: Mit dieser Einstellung drängt die Generation Z auf den Arbeitsmarkt. Gemeint sind die „Digital Natives 2.0“, die nach 1995 Geborenen – oft aufgewachsen mit dem Macbook in der Wiege. Diese jungen Arbeitskräfte, ob Auszubildende, Abiturienten oder Bachelors, sind selbstbewusst und erwarten, dass sich der Arbeitgeber auf ihre Bedürfnisse einstellt. Damit stehen Unternehmen vor neuen Herausforderungen.
Welche das sind, darüber diskutierten Manager von Rehau, der Hoffmann Group, der GemaTochter IT4IPM, NCR und der Bundeswehr beim HR-Roundtable der COMPUTERWOCHE Ende November in München. Erste Erfahrungen mit der jungen Generation haben sie alle schon gemacht. Das einhellige Urteil der Runde: „Da prallen Welten aufeinander.“
Da seien zum einen die jungen Abiturienten, die mit dem Smartphone aufgewachsen sind. Sie geraten in Abteilungen, in denen Urlaubs- anträge noch ausgedruckt, unterschrieben und per Hauspost weitergereicht werden. Solche Prozesse schnell zu modernisieren, sei eine Pflichtübung für Unternehmen, wolle man die jungen Leute, in deren Ausbildung oft bereits kräftig investiert wurde, nicht gleich wieder verlieren.
Auch die Führungskräfte sind gefordert. CarenBele Mester, Global Recruiting Manager bei der Hoffmann Group, einem Handelsunternehmen im Werkzeugbereich mit 3000 Mitarbeitern weltweit, davon zirka 1500 in Deutschland, erklärt: „Die Auszubildenden heute haben ganz andere Ansprüche an ihre Vorgesetzten als die Generationen vor ihnen.“Früher hätten sich die Azubis zurückgehalten nach dem Motto: Das ist der Chef, und ich mache, was der Chef sagt.
„Wir haben jetzt zum Glück Auszubildende, die fordernd sind. Die sagen: Ich bin jetzt schon seit zwei Tagen hier, ich will meine Projekte und Aufgaben haben. Ich möchte wissen, warum ich hier bin“, so die Personalexpertin weiter. Ähnliche Erfahrungen hat der Kunststoffhersteller und Automobilzulieferer Rehau gemacht. Thomas Bunke, Personalleiter Services EMEA, freut sich zum einen über die tiefe Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, was sich in der langen Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter (im Durchschnitt zehn Jahre) zeigt. Allerdings heiße das auch,
dass die Generation Z auf eine Altersstruktur treffe, die im Schnitt bei Ende 30, Anfang 40 liege – das sind dann zirka 20 Jahre mehr, als die Digital Natives mitbringen. Rehau nimmt den Cultural Change ernst, will ältere und jüngere Generationen beim Wandel mitnehmen. Viel hat das Unternehmen bereits verändert: Die Mitarbeiter duzen sich, die Krawatten wurden abgeschafft.
Das Smartphone ist immer dabei
Erik Konopka war zwölf Jahre lang als Offizier Führungskraft bei der Bundeswehr und betreute zuletzt rund 120 junge Bundeswehrstudenten an der Universität in Neubiberg. „Für mich war es ein relativ großer Kulturschock“, denn zuvor war Konopka für ältere Mitarbeiter zuständig gewesen, die noch anders tickten. Auffällig ist für ihn vor allem, dass die neue Generation „ziemlich gut vernetzt“ist, mit anderen Worten: Das Smartphone ist immer dabei. Die ersten kleinen Führungsaufträge, die der Offiziersnachwuchs erhielt, seien alle per WhatsApp erledigt worden. Hier seien die Studenten aber schnell an ihre Grenzen gestoßen, denn vieles lasse sich dann doch schneller und besser im persönlichen Gespräch erledigen.
Volker Kunze, Data Scientist und Training Consultant bei NCR, stellt fest, dass die Jungen Lernangebote bereitwilliger und zwangloser aufgreifen: „Wenn die Generation Youtube et- was mal nicht weiß, schaut sie sich schnell zum Beispiel ein Video über Bitcoins an und ist auf dem Laufenden.“Bei den älteren Mitarbeitern hat er hingegen festgestellt, dass Lernund Weiterbildungsangebote oft mit entsprechenden Maßnahmen des Unternehmens angeschoben werden müssen.
Das Thema Cultural Change beschäftigt die Runde besonders. Ideen gebe es zwar, aber die Umsetzung sei zeitaufwendig. Ganz zu schweigen von der Gebäude- oder IT-Infrastruktur, die oft noch hinterherhänge. So berichten die Diskutanten von Digital Natives, die am ersten Arbeitstag monieren, dass das WLAN nicht die von daheim gewohnte Performance liefert.
Vor allem treibt die Roundtable-Teilnehmer aber die Frage um, wie sie sich für den begehrten IT-Nachwuchs interessanter machen können. Die Messlatte der Talente liege hoch, wie die HR-Experten berichten: Die jungen IT-ler träumten von Microsoft, Amazon und Google als Arbeitgeber. Von frisch gepresstem Orangensaft, Kickertischen und einem Bällebad. Katharina Günther, ebenfalls im HR-Bereich der Hoffmann Group tätig, erklärt: „Nun ist es unsere Herausforderung, uns als Arbeitgeber zu positionieren und bekannt zu machen.“
Bunkes Kollegin Isabel Pfeil, Projekt-Consultant HR-Services, räumt ein: „Wir haben ein großes Recruiting-Thema im Bereich Digitali- sierung. Hier müssen wir Rehau noch bekannt machen.“Die Basis sei längst gelegt, ergänzt Kollege Bunke: „Rehau hat 400 Mitarbeiter im Softwarebereich, aber das weiß keiner.“Er spricht in diesem Zusammenhang gerne davon, man müsse die Geschichte erzählen, dass Rehau eben nicht nur eine „Kunststoffbude“, sondern auch ein Softwarehaus sei.
Zusammenarbeit mit einem Basketballteam
Rehau sucht ständig nach neuen Möglichkeiten, auf sich und seine Stellenangebote aufmerksam zu machen. „Wir bauen das Employer Branding gerade aus“, berichtet Bunke. So habe man eine Partnerschaft mit dem Bayreuther Basketball-Bundesligisten Medi geschlossen und sehr gute Erfahrungen mit gemeinsamen Aktionen gemacht.
Guido Schmidt von der Gema-Tochter IT4IPM ist überzeugt, dass Unternehmen vor allem aufrichtig und ehrlich mit den Talenten umgehen sollten. Er ist Abteilungsleiter der Softwareentwicklung in München und verantwortlich für das fachliche Recruiting in seiner Abteilung. „Beim Recruiting punkten wir, wenn es um das Thema Mehrwert und Eigenverantwortung geht. Wenn die Bewerber anfangen, sich die Sinnfrage zu stellen, dann kommen wir zum Zug.“Die Jungen wollten Verantwortung übernehmen und nicht ein winziges Rädchen im Getriebe eines Konzerns sein.