Industrie braucht Digital Designer
Der ITK-Verband Bitkom möchte, dass „Digital Designer“ausgebildet werden, weil die Softwareentwicklung mit Blick auf die zunehmende Kundenzentrierung dringend um die Komponente Gestaltung ergänzt werden müsse.
Der ITK-Branchenverband Bitkom schlägt in einem neuen Leitfaden vor, sogenannte Digital Designer auszubilden. Sie sollen die meist technisch orientierte Softwareentwicklung um gestalterische Elemente erweitern und dabei stets das Kundenbedürfnis im Blick behalten.
Der Bitkom hat den Leitfaden „Rollenideal ,Digital Design‘“vorgelegt, der nach den Worten eines Verbandssprechers in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und Bildungseinrichtungen entstanden ist.
Ganz bewusst ist dabei die Rede vom Digital Designer, nicht von Softwaredesignern. Die auszubildenden Experten sollen sich nämlich keineswegs „nur“um die Software kümmern, sondern auch um deren Kontext – um Geschäftsprozesse und auch um neue digitale Geschäftsmodelle. Vergleichbar mit Industriedesignern sei es die Aufgabe solcher digitaler Designer, den Entwicklungsprozess digitaler Produkte und Services entlang des Kundenbedürfnisses zu leiten – durch Skizzen, Modelle, Spezifikationen und Prototypen. Sie kooperieren mit dem Management, dem Marketing, der Entwicklung und dem Betrieb von Software.
Digital Designer sind keine Softwareingenieure und keine Software-Manager. Um die neue Funktion abzugrenzen, skizziert der Verband diese drei Rollenbilder wie folgt:
1. Digital Designer: Sie verantworten die Gestaltung des Kundenbeziehungsweise Nutzererlebnisses. Konkret sind das Funktionen, Nutzerschnittstellen, Qualitätsaspekte und Auswirkungen auf die Umwelt.
2. Software-/Systemingenieur: Software- beziehungsweise Systemingenieure verantworten die technische Umsetzung von digitalen Produkten und Services.
3. Software-Manager: Software-Manager gestalten die effiziente und ökonomische Umsetzung. Sie sind für Prozesse, Zeit und Budgets verantwortlich.
Obwohl Buzzwords wie die Customer Journey in aller Munde sind, enthalten derzeit nur rund fünf Prozent der Informatikstudiengänge Gestaltungsdisziplinen wie Computervisualistik, Multimedia und Usability. Der Bitkom plädiert für ein Umdenken.
Was ein Digital Designer können sollte
Ein idealer Digital Designer berücksichtigt Nutzerbedürfnisse, Wirtschaftlichkeit und technische Möglichkeiten. Damit geht er über die Rolle eines User Experience Designers hinaus. Die Arbeit der digitalen Designer hat dabei zwei Schwerpunkte: Gestaltung und Materialkunde. Der Bitkom umschreibt die Aufgaben folgendermaßen: 1. Der Schwerpunkt Gestaltung umfasst die Arbeit mit Anforderungen, die Konstruktion
von Nutzerschnittstellen, grundlegende Vorgehensweisen zur Gestaltung, das Entwerfen neuer Konzepte, Explorationsfähigkeit und die Fähigkeit zur Realisierung ethnografischer Feldforschung sowie Menschenzentriertheit. 2. Der Schwerpunkt Materialkunde beinhaltet Wissen um die Möglichkeiten und Grenzen von Soft- und Hardware, Wissen um Algorithmen und deren Grenzen, Kenntnis der Arten von Systemen (Informationssysteme, eingebettete Systeme), Arten von Endgeräten (Notebook, Smartphone etc.), Interaktionsformen (Tastatur, Touch, Sprache etc.), Wissen um den grundsätzlichen Aufbau von Software und Wissen um Form- und Farbgebung.
Über diese beiden Schwerpunkte hinaus brauchen Digital Designer Querschnittskompetenzen. Diese beziehen sich auf Methoden und Vorgehensweisen zum Management von Entwicklungsvorhaben (zum Beispiel Projekt- Management, agile Entwicklung), Methoden der Softwareentwicklung (Qualitätssicherung/ Testing, Konfigurations-Management, Produktprozesse) und wirtschaftliche Aspekte zur Gestaltung und Entwicklung von Software (Kostenkalkulation, Geschäftsprozesse, das Kreieren von Marken und anderes).
Sie müssen in interdisziplinären Projekten arbeiten können und sich mit den psychologischen Grundlagen zur Realisierung von Software auf Nutzer- und Herstellerseite vertraut machen.
Was der Verband fordert
Der Branchenverband fordert Studienprogramme zur Ausbildung solcher Digital Designer. „Langfristig gesehen sollte der Digital Designer als Berufsbild genauso etabliert sein wie ein Industriedesigner oder Architekt im Bauwesen“, schreiben die Autoren des Leitfadens.