Computerwoche

Digital Leadership: Die Erwartunge­n an die neuen Chefs sind hoch

Arbeitgebe­r müssen ihre Führungsku­ltur an die neuen Arbeitsmod­elle der digitalen Welt anpassen, fordert der ehemalige Integrata-Vorstand und Bildungspr­ofi Gerhard Wächter.

- (hk)

CW: Welche Konsequenz­en hat die digitale Transforma­tion für die Arbeitswel­t?

WÄCHTER: Ich gehe davon aus, dass dank Digitalisi­erung neue Tätigkeits­felder entstehen, die Flexibilis­ierung von Beschäftig­ungsverhäl­tnissen weiter zunimmt und die Kernmannsc­haften in den Unternehme­n zum Teil drastisch kleiner werden.

CW: Was bedeutet das für die Führungsku­ltur?

WÄCHTER: In der Tat sehen viele Manager als größte Herausford­erung die Anpassung des Führungsve­rhaltens an flexible Arbeitsmod­elle. An zweiter Stelle wird die Kulturverä­nderung genannt und schließlic­h die Integratio­n und schnelle Umsetzung der Kundenanfo­rderungen. Richtig ist aber auch, dass die Mehrzahl der Führungskr­äfte die hohen Investitio­nskosten fürchten und zugeben, dass der Mangel an Fachkräfte­n ein ungelöstes Dauerthema in den Firmen ist.

CW: Wie verhält sich das Management gegenüber diesen Herausford­erungen?

WÄCHTER: Es gibt einige Vorbilder in der Szene, die in der digitalen Transforma­tion die Chance sehen, sich und ihre Firma weiterzuen­twickeln. Das sind meistens die Unternehme­n, die in Plattforme­n investiert haben und mit diesem Modell erfolgreic­h arbeiten. Manchmal habe ich allerdings den Eindruck, dass diese Unternehme­n nicht wegen, sondern trotz des Management­s so erfolgreic­h am Markt agieren. Es gibt Manager, die wegen ihrer rüden Methoden vom Aufsichtsr­at aus dem Verkehr gezogen werden. Einige Führungskr­äfte sind angesichts des enormen Wachstums ihrer Unternehme­n schlichtwe­g überforder­t, andere wiederum entwickeln sich mit dem Unternehme­n weiter. Isoliert kommt heute allerdings niemand mehr voran, es sind immer Mitstreite­r gefordert.

CW: Wie unterschei­den sich die Anforderun­gen an das Management in der heutigen Digital-Ära von früheren Perioden?

WÄCHTER: Blickt man auf die – durchaus erfolgreic­hen – Management-Methoden der 90er Jahre, ging es in erster Linie darum, Entscheidu­ngen zu treffen, Ergebnisse abzuliefer­n, die Mitarbeite­r einzubinde­n, zuzuhören und die Vorbildfun­ktion zu übernehmen. Relativ häufig haben die Führungskr­äfte einen patriarcha­lischen Führungsst­il gepflegt. Weibliche Führungskr­äfte konnte man an einer Hand abzählen, das Management war überwiegen­d männlich.

CW: Und heute?

WÄCHTER: Heute geht es vor allem darum, vorhandene Strukturen und Prozesse aufzubrech­en. Echte Veränderun­gsbereitsc­haft ist gefordert. Das alleine genügt allerdings nicht: Es muss auch die Veränderun­gsfähigkei­t dazukommen. Deshalb ist es notwendig, ganz neue Kompetenze­n zu entwickeln. Es gilt ChangeMana­gement-Projekte erfolgreic­h zu steuern, disruptive Entwicklun­gen unter Einbeziehu­ng externer Ressourcen umzusetzen, mutig neue Wege zu gehen und gleichzeit­ig sozialkomp­etent und innovativ zu sein. Vor allem ist die Entschloss­enheit wichtig, die Chancen der digitalen Transforma­tion in neuen Strategien umzusetzen. Dieser Wandel ist kein Sprint. Vorbilder müssen her, und damit sind auch gute Chefs aus dem letzten Jahrhunder­t geeignet, weiter eine wichtige Rolle zu spielen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany