Computerwoche

Arbeitsabl­äufe im Griff

Mit diesen Tools lassen sich Workflows unter Windows modelliere­n.

- Von Holger Fleck, Principal Sharepoint Consultant bei Axians IT Solutions

In den Arbeitsabl­äufen aller Unternehme­n steckt das Potenzial, Prozesse zu vereinfach­en und zu automatisi­eren. Für nachvollzi­ehbare, effiziente und sichere Abläufe sorgen Workflow-Systeme, die zugleich Arbeitssch­ritte visualisie­ren. Dadurch wird auf einen Blick klar, was, wann, warum und wo passiert und was als Nächstes geschehen muss. WorkflowSy­steme helfen, die Arbeitsabl­äufe so zu entwickeln, dass Menschen besser und schneller zusammenar­beiten. Als naheliegen­de Lösung lassen sich automatisi­erte Prozesse im Intranet des Unternehme­ns integriere­n und sind somit für alle Stakeholde­r zugänglich. Wir werfen also zunächst einen Blick auf Sharepoint, das nach wie vor die am häufigsten eingesetzt­e Plattform für Intranet-Lösungen ist.

Sharepoint-Designer-Workflow

In allen Sharepoint-Varianten/-Lizenzen sind out of the Box Designer-Workflows enthalten. Für deren Nutzung fallen keine weiteren Kosten an. Auch das Tool, mit dem sich die Workflows entwickeln lassen, der Sharepoint Designer, kann kostenfrei herunterge­laden werden. Selbsterkl­ärend bieten diese Workflows eine enge Integratio­n in Sharepoint. Kleine Workflows lassen sich auch ohne Programmie­rkenntniss­e von erfahrenen Sharepoint-Anwendern mit ein wenig Übung erstellen. Allerdings ist der Funktionsu­mfang der Designer-Workflows stark eingeschrä­nkt. Bereits bei einfachen Schleifen bieten die Designer-Workflows keine Unterstütz­ung an. So können schon aus simplen Prozessen komplexe Workflows entstehen. Leider ist auch das Handling nicht optimal gelöst: Schnell liegen mehrere modale Dialoge übereinand­er, wodurch die Übersicht verloren gehen kann.

Einige fehlende Operatione­n lassen sich durch den Aufruf von Web-Services ausgleiche­n, was aber sogar für erfahrene Sharepoint-Anwender oder solche mit Entwickler-Background eine echte Herausford­erung darstellen kann. Zudem fehlen wichtige Verwaltung­sfunktione­n: Workflows können nicht kopiert, archiviert oder beispielsw­eise vom Test- in das Produktivs­ystem übertragen werden. Trotzdem sollte man Workflows mit Sharepoint Designer nicht grundsätzl­ich ausschließ­en. Sind jedoch mehrere nicht triviale Workflows geplant oder sollen systemkrit­ische Prozesse umgesetzt

werden, gibt es Sinn, mächtigere Systeme in Betracht zu ziehen. Das Gerücht, wonach Sharepoint-Designer-Workflows mit Sharepoint 2016 beziehungs­weise Sharepoint Online nicht betrieben werden könnten, ist falsch. Die Workflow Engine steht Online und On-Premises nach wie vor zur Verfügung und ist auch nicht abgekündig­t. Allerdings hat Microsoft den Sharepoint Designer für Version 2016 nicht weiterentw­ickelt. Der Sharepoint Designer 2013 lässt sich jedoch für Sharepoint 2016 und Sharepoint Online unveränder­t nutzen.

Nintex für Sharepoint (On-Premises)

Nintex für Sharepoint ist seit Sharepoint 2007 verfügbar und das am häufigsten genutzte Workflow-System für Sharepoint. Da sich Nintex direkt in die Oberfläche von Sharepoint integriert und die Funktionen für die Erstellung von Workflows optimiert sind, lassen sich diese einfacher und intuitiver erstellen als mit Designer-Workflows. Nintex setzt ebenfalls auf der Workflow Engine von Sharepoint auf. Im Unterschie­d zu den Designer-Workflows erweitert Nintex die Funktional­ität jedoch durch eine Vielzahl von Aktionen. Dabei geht Nintex stringent den Weg, für möglichst alle Anforderun­gen Lösungen bereitzust­ellen und gleichzeit­ig häufige Einsatzsze­narien schnell und einfach anzubieten. Zudem kann mit den Management-Funktionen ein echter Applicatio­n Lifecycle abgebildet werden, und um Fehler zu finden, steht ein Tracing zur Verfügung.

Um Nintex On-Premises zu erweitern, lassen sich eigene Aktionen in .NET entwickeln. Diese werden als Farm Solution auf dem Sharepoint Server installier­t. Dafür erhält man dann auch die volle Flexibilit­ät. Ein weiterer Vorteil von Nintex On-Premises ist der Formular Editor. Dieser kann die üblichen Anwendungs­fälle direkt umsetzen. Bei erweiterte­n Anforderun­gen macht es sich bezahlt, dass die Nintex-Formulare komplett mit HTML/CSS und Javascript angepasst werden können – auch wenn es dafür Programmie­rkenntniss­e braucht.

Es soll aber auch nicht verschwieg­en werden, dass die Funktional­ität von Nintex On-Premises in den letzten Jahren nicht relevant erweitert wurde. Diese Stagnation geht vermutlich auf die Konzentrat­ion auf das Produkt „Nintex Cloud“zurück, das wir später betrachten.

Nintex für Office 365

Auch für Sharepoint Online (Office 365) bietet Nintex eine Version. Diese scheint auf den ersten Blick identisch zur On-Premises-Version zu sein, denn auch sie integriert sich komplett in Sharepoint. Allerdings basiert Nintex für Office 365 auf einer anderen Technologi­e. Office 365 lässt nur eine Integratio­n als Hosted App zu, was einen Zugriff auf die Server-Funktional­ität unterbinde­t. Deshalb fehlen einige bei OnPremises gewohnte und auch häufig verwendete Aktionen in der Office-365-Variante oder bringen weniger Funktionen mit. Zudem kann aus der Nintex Office 365 App heraus nicht so einfach auf eine andere Site Collection zugegriffe­n werden. So sind einzelne Aktionen komplexer zu nutzen oder in der Funktional­ität eingeschrä­nkt. Insbesonde­re muss häufig ein Account in der Aktion angegeben werden, ohne die Option, diesen Account zentral verwalten zu können. All dies führt dazu, dass Nintex-Lösungen in Office 365 aufwendige­r umzusetzen sind und nicht so flexibel verwendet werden können wie On-Premises. Die Formulare unterschei­den sich jedoch nicht.

Es ist zu befürchten, dass die Weiterentw­icklung der Office-365-Version aufgrund der Priorisier­ung auf die Nintex Cloud zurückstec­ken muss. Vergleicht man die Funktional­ität der Nintex Cloud und die der Version für Office 365, so lassen sich bereits jetzt viele Szenarien einfacher mit der Nintex Cloud umsetzen.

Microsoft Flow/Azure-Logik-Apps

Microsoft Flow und Azure-Logik-Apps sind technisch identisch: Während Microsoft Flow in Office 365 aufgehängt ist, sind die Logik-

Apps Bestandtei­l von Azure. Der Hauptunter­schied zwischen beiden besteht darin, dass die Logik-Apps neben einer grafischen Oberfläche zusätzlich auch über eine textuelle Eingabe (JSON-Notation) verfügen.

Im Unterschie­d zu den bislang vorgestell­ten Systemen stellt Flow eine eigene Engine zur Verfügung und ist damit unabhängig von Sharepoint oder anderen Systemen. Flow bietet die Anbindung an über 160 unterschie­dliche Cloud-Systeme. Allerdings fehlen derzeit noch einige Funktionen, um umfangreic­he Prozesse umzusetzen. Flow kann eher als ein System zur Weiterleit­ung von Ereignisse­n beschriebe­n werden. Berechnung­en innerhalb von Flow sind nur umständlic­h zu realisiere­n. Beispielwe­ise ist es schwierig, längere komplexere Texte aus mehreren Variablen zusammenzu­stellen. Für diese und ähnliche Funktionen können eigene Web-Dienste über eine Swagger-Datei (Open API) eingebunde­n werden. Da die Azure Functions hierfür einen Automatism­us anbieten, so dass die Verbindung über einen Button erfolgen kann, lassen sich Berechnung­en jedoch unproblema­tisch auslagern.

Obwohl Flow ein Cloud-Produkt ist, kann über ein Daten-Gateway ein Zugriff auch auf eigene On-Premises-Daten (zum Beispiel Sharepoint On-Premises Server) erfolgen. Die Flexibilit­ät von Flow, andere Systeme zu verbinden, kann vielseitig genutzt werden. So erläutert K2 (siehe unten), wie man K2-Workflows mit Hilfe von Flow durch andere Systeme ansteuern lassen kann. Microsoft entwickelt das Produkt Flow in einem erstaunlic­hen Tempo weiter. Regelmäßig kommen neue Konnektore­n für weitere Systeme, aber auch weitere Funktionen hinzu. Vor allem aber zeigt die direkte Integratio­n von Flow in Sharepoint Online (Office 365), welche Bedeutung Flow hat. Flows lassen sich wie Sharepoint-Workflows direkt aus Sharepoint heraus starten, und bei einer Genehmigun­g kann beispielsw­eise gleich ein Kommentar angegeben werden – diese Option steht anderen Lösungen nicht zur Verfügung. Auch die einfache Möglichkei­t, Flows von Smartphone­s direkt als native App zu starten, erlaubt es, Einsatzsze­narien umzusetzen, die von anderen Anbietern nicht unterstütz­t werden. Alles in allem lassen sich bereits jetzt einfache geschäftsk­ritische Abläufe realisiere­n. In Zukunft werden die Möglichkei­ten sicher noch anwachsen. Auch der vergleichs­weise günstige Preis trägt zu dem Erfolg dieser Lösung bei. Nintex Cloud

Wie bereits erwähnt, hat Nintex vor einiger Zeit mit der Entwicklun­g der Nintex Cloud begonnen. Wie bei Flow handelt es sich auch hier um ein unabhängig­es SaaS-Produkt, das nicht wie die bisherigen Lösungen auf Sharepoint aufsetzt. Externe Systeme können als Auslöser und Aktionen direkt angesproch­en werden –

wenn auch bei Weitem nicht so viele wie bei Flow/Logik-Apps. Interessan­terweise gibt es keine Out-of-the-Box-Konnektore­n zu einem On-Premises-Sharepoint, wie es Flow mit dem Daten-Gateway bereitstel­lt. Erweiterun­gen werden auch bei der Nintex Cloud in Form von Web-Services, die wie bei Flow mit Hilfe einer Swagger-Datei eingebunde­n werden, realisiert. Derzeit können jedoch nur Aktionen und keine Auslöser realisiert werden. Dieser Nachteil soll aber nach Angaben von Nintex in den kommenden Monaten behoben werden. Je nach Sicherheit­skonzept kann es problemati­sch sein, dass die Nintex Cloud in Amerika gehostet ist. Somit werden auch alle Daten, die ein Workflow verarbeite­t, über die USA geleitet. Nintex arbeitet an einer europäisch­en Version, ein Termin wurde aber noch nicht genannt.

Formulare für die Workflows werden über einen einfachen Editor erstellt. Hierbei besteht jedoch nur die Möglichkei­t, die Steuerelem­ente anzuordnen und über wenige Eigenschaf­ten zu definieren. Ein standardis­iertes Verfahren zur Anpassung des Designs oder um eigene Regeln beziehungs­weise ein einheitlic­hes Layout umzusetzen – zum Beispiel über eine wiederverw­endbare CSS-Datei –, gibt es nicht. Nintex Cloud baut nicht auf dem erfolgreic­hen Produkt Nintex für Sharepoint auf. Es stellt eine komplett neue Lösung dar. Die Möglichkei­ten innerhalb des Workflow Editors sind vergleichb­ar mit Nintex On-Premises für Sharepoint. Allerdings ist der Formular Editor sehr eingeschrä­nkt, und eine fehlende Anbindung an On-Premises-Server (zum Beispiel Sharepoint) sowie eine fehlende API zum automatisi­erten Management der Workflows (zum Beispiel per Powershell oder per Web-Service) schränken den profession­ellen Einsatz ein. So ist beispielsw­eise ein Export der Nintex Workflows außerhalb der Nintex Cloud nicht möglich.

Webcon und K2

Neben systemspez­ifischen Systemen wie Sharepoint-Designer-Workflows oder Nintex On-Premises/Office365 und SaaS-Lösungen wie Flow und Nintex Cloud gibt es auch eigenständ­ige Lösungen. Webcon oder auch K2 stellen solche Systeme bereit. Die Produkte Webcon BPS und K2 blackpearl sind vergleichb­ar, unterschie­den sich technisch aber grundsätzl­ich dadurch, dass Webcon auf einer relational­en Datenbank basiert. Somit ist es möglich, größere und aufwendige Berechnung­en durch SQL-Eingaben effizient und performant umzusetzen. K2 basiert dagegen auf .NET und integriert sich nativ in andere Lösungen, darunter Sharepoint, Active Directory, Exchange, Dynamics CRM, SAP und Salesforce. Aber auch Webcon kann über Schnittste­llen Daten mit anderen Produkten austausche­n. Während Webcon jedoch vollständi­g auf Workflows fokussiert ist, bietet K2 eine Plattform mit weiteren Lösungen für Formulare, mobile Apps, Compliance etc.

Wie auch in allen anderen Workflow-Lösungen, werden die Workflows in K2 und Webcon mit Hilfe eines grafischen Editors erstellt. Im Gegensatz zu Webcon liefert K2 eine eigenständ­ige Formularlö­sung, in der sich über Regeln und Aktionen komplette Formulare erstellen lassen. Allerdings bedarf es einiger Erfahrung, um Logik in die Formulare zu integriere­n. Bei Webcon hingegen werden die Formulare automatisc­h generiert und bieten wichtige Funktionen wie Mehrsprach­igkeit, Responsive Design, Apps für Smartphone­s und Tablets ohne weiteren Aufwand. Reichen die generierte­n Formulare nicht aus, ist der Anwender gezwungen, beispielsw­eise auf einem Web-Server oder über SaaS eine eigene Oberfläche zu erstellen und die Workflows von dort aus zu starten.

Webcon zeichnet sich auch durch umfangreic­he Funktionen aus: So ist effiziente­s Arbeiten mit den Workflows möglich, weil eine tiefe Integratio­n in Office-Produkte, die elektronis­che Signatur des angemeldet­en Nutzers und eine einfache Mehrsprach­igkeit vorliegen. Stark ausgeprägt sind bei Webcon wie bei K2 die Management- und Maintenanc­eFunktione­n der Workflows.

 ??  ?? Produktver­gleich Webcon BPS und K2.
Produktver­gleich Webcon BPS und K2.
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Nintex Cloud.
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Microsoft Flow.
 ??  ?? Produktver­gleich Microsoft Flow und Nintex Cloud.
Produktver­gleich Microsoft Flow und Nintex Cloud.
 ??  ?? Produktver­gleich Sharepoint-Designer-Workflow, Nintex Sharepoint und Nintex 365.
Produktver­gleich Sharepoint-Designer-Workflow, Nintex Sharepoint und Nintex 365.
 ??  ?? Nintex für Office 365.
Nintex für Office 365.
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Sharepoint­Designer-Workflow.
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