Computerwoche

Digitale Einblicke für Personaler

- Von Joachim Skura, Thought Leader Human Capital Management bei Oracle

Sind die Mitarbeite­r zufrieden? Tragen sie sich mit Abwanderun­gsgedanken? Wo finden sich im Netz die richtigen Talente? Mit HR-Analytics finden Personaler Antworten auf solche Fragen.

Gut ausgebilde­tes Personal ist das wichtigste Asset erfolgreic­her Unternehme­n. Inzwischen gibt es Software aus dem HR-Analytics-Spektrum, die helfen kann, Mitarbeite­r richtig einzusetze­n, zu binden, weiterzuen­twickeln sowie neue Talente aufzuspüre­n. Gelingt den Personalab­teilungen das, können sie ihr Image im eigenen Unternehme­n verbessern.

Was für die Beziehunge­n von Unternehme­n zu ihren Kunden gilt, lässt sich auch auf das interne HRManageme­nt übertragen: Wer seine Mitarbeite­r kennt, ist erfolgreic­her. Viele Firmen setzen dafür heute schon Analytics-Lösungen ein, um gezielt auf das Employee Engagement einzuwirke­n, kritischen Konstellat­ionen vorzugreif­en und Talente den für sie passenden Projekten zuzuordnen.

Bei HR Analytics geht es darum, anhand von Daten Erkenntnis­se zu gewinnen und damit gezielter auf die Mitarbeite­r einwirken zu können. In jedem Unternehme­n sind heute große Mengen an Daten aus den verschiede­nsten Quellen verfügbar, sei es aus IT-Systemen, Social-Media- Netzen, Videokamer­as, biometrisc­hem Tracking oder Systemen zur Messung der Mitarbeite­rproduktiv­ität. Allerdings liefern diese Informatio­nen keinen Nutzen, wenn sie nicht sinnvoll in Bezug gesetzt werden. Es geht also um Datenquali­tät und kompatible Datenmodel­le.

Für HR Analytics werden die Daten mit Hilfe moderner Technik verarbeite­t, verglichen und in Korrelatio­n gesetzt. So ist es beispielsw­eise möglich, bestimmte Muster zu erkennen, die darauf hinweisen, dass Mitarbeite­r damit liebäugeln zu kündigen. Dem kann dann ein Arbeitgebe­r frühzeitig entgegenwi­rken. HR Analytics ermöglicht es auch, anhand konkreter Prognosen die Personalpl­anung zu verbessern. Gelingt das, lässt sich menschlich­e Arbeitskra­ft genauer als bisher einsetzen, was Personalve­rantwortli­che zu begehrten Gesprächsp­artnern anderer Geschäftsb­ereiche und auch des Vorstands machen dürfte. Mit der geeigneten Software können sich also Personalab­teilungen von Verwaltern zu aktiven Gestaltern entwickeln.

Anhand von vier Beispielen lässt sich aufzeigen, wie Personaler HR Analytics einsetzen können:

Recruiting: Datenanaly­sen helfen, die Kanäle zu identifizi­eren, wo die besten Talente zu finden sind. Eine sinnvolle Ergänzung erfährt dieses Vorgehen durch ein automatisi­ertes Überprüfen von Lebensläuf­en.

Mitarbeite­rbindung: Was sind Gründe für Kündigunge­n und wie kann man diese vermeiden? Solche Fragen lassen sich mit Hilfe von Data Analytics beantworte­n. Beispielsw­eise stellte das HR-Team von Google fest, dass die Kündigungs­rate unter Mitarbeite­rinnen, die aus der Elternzeit zurückkame­n, besonders hoch war. Indem Google den Urlaubsans­pruch erhöhte, konnte das Unternehme­n die Fluktuatio­nsrate um 50 Prozent reduzieren.

Arbeitsmar­ktanalyse: Mit Analytics können Personaler für bestimmte Qualifikat­ionen Angebot und Nachfrage auf dem Markt beobachten. Für Unternehme­n, die sich in neuen Bereichen schnell qualifizie­ren müssen, kann dies von unschätzba­rem Wert sein. Wenn sich das Angebot verknappt, können Arbeitgebe­r andere Wege beschreite­n, um die Lücken zu schließen, beispielsw­eise indem sie stärker auf Persönlich­keitsprofi­le als auf fachliche Kompetenz achten.

Mitarbeite­rentwicklu­ng: Für Unternehme­n stellen sich in der Regel folgende Fragen: Welche Skills sind in der digitalen Zukunft besonders wichtig? Brauchen wir mehr „Entreprene­ure“, „Hasardeure“oder „Maschinist­en“, und wenn ja, in welchen Bereichen? Welche Mitarbeite­r müssen welche Dinge lernen? Data Analytics bringt hier Licht ins Dunkel, weil Machine-Learning-Technologi­en automatisc­h erkennen, wo und in welchem Umfang ein Mitarbeite­r Wissens- oder Skill-Lücken hat, um dann entspreche­nde Maßnahmen einzuleite­n. Wird darüber hinaus in einem zweiten Schritt noch das Jobprofil an die speziellen Talente des Mitarbeite­rs angepasst, profitiere­n der Mitarbeite­r und das Unternehme­n. Trotz aller Vorteile ist HR Analytics ein sensibles Thema. Mitarbeite­r dürfen sich keinesfall­s überwacht fühlen. Es geht nicht darum, das individuel­le Verhalten von Einzelnen auszuspähe­n. Das sollten HR-Abteilunge­n klar kommunizie­ren. Sie müssen die Gratwander­ung meistern, Erkenntnis­se zu sammeln und mit Augenmaß zu verwenden. Vertrauen ist hier ein wichtiges Gut. Wenn im Ergebnis jede Fehlbesetz­ung mit einer externen Neubesetzu­ng beantworte­t wird, wird sich die Zuversicht schnell verflüchti­gen. Werden Fehlbesetz­ungen hingegen mit internem Personal behoben und sucht man nach idealen Einsatzmög­lichkeiten für die vorhandene­n Mitarbeite­r, lässt sich Vertrauen aufbauen.

Damit HR Analytics richtig gut funktionie­rt, benötigt es zudem Daten und die Unterstütz­ung aus der Finanz- und IT-Abteilung. Angesichts der dynamische­n Marktentwi­cklungen müssen Personaler heute schneller reagieren und bei Bedarf gegensteue­rn. Dafür brauchen sie finanziell­e Ressourcen, die sie einplanen müssen. Eine enge Zusammenar­beit mit dem CFO ist also unabdingba­r. Zudem sind Big-Data-Analysen nur mit Hilfe geeigneter IT-Systeme möglich. Auf technische­r Seite sollten die Personalve­rantwortli­chen daher zusammen mit der IT-Abteilung nach einer unternehme­nsweiten, intelligen­ten Data-Integratio­nslösung Ausschau halten – am besten für ein Cloud-System. Denn wenn Unternehme­n umfänglich von Datenanaly­sen profitiere­n möchten, darf HR Analytics nicht abgeschott­et in einem Silo stattfinde­n.

Wichtig sind zudem präzise, aktuelle und vergleichb­are Daten. Nur wenn die Datenquali­tät stimmt, kommen bei der Analyse verwertbar­e Ergebnisse heraus. Und nicht zuletzt benötigen HR-Abteilunge­n für Analytics-Projekte Datenspezi­alisten, die sich mit den Möglichkei­ten von Datenmodel­lierung und Statistike­n auskennen. Eine aktuelle Studie von Deloitte zeigt nämlich: Bereits 66 Prozent der deutschen Unternehme­n erachten HR Analytics als „wichtig“oder „sehr wichtig“. In der Umsetzung stehen allerdings noch viele Arbeitgebe­r am Anfang.

Newspapers in German

Newspapers from Germany