Computerwoche

IBM entwickelt digitalen Assistente­n

Watson Assistant soll sich nahtlos in andere Systeme integriere­n.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Mit Watson Assistant will IBM im Markt für sprachgest­ützte Assistenzs­ysteme mitspielen. Doch während Konkurrent­en wie Amazon, Apple und Google das Rampenlich­t suchen, soll Watson ohne eigenes Branding in den Systemen und Geräten der IBM-Kunden aufgehen.

Wir haben IBM für die Ära der Daten neu erfunden“, verkündete IBMChefin Virginia Rometty zum Auftakt der hauseigene­n Konferenz Think in Las Vegas. Dabei dreht die Firmenlenk­erin die Strategie des Konzerns immer stärker in Richtung Cloud und künstliche Intelligen­z. Rometty rief ihre Kunden dazu auf, digitale Plattforme­n in ihren Unternehme­n zu bauen. Das ebne den Weg für neue innovative Technologi­en wie beispielsw­eise künstliche Intelligen­z. Dafür präsentier­te der Konzern vor über 30.000 Teilnehmer­n eine Reihe neuer Produkte und Services.

Mit Watson Assistant hat IBM ein eigenes sprachgest­euertes Assistenzs­ystem für seine bereits vor Jahren entwickelt­e künstliche In- telligenz Watson angekündig­t. Kunden sollen auf Basis der IBM-Technik eigene Sprach-Interfaces entwickeln können, so die Idee des ITPioniers. In der Funktional­ität soll der Watson Assistant anderen Systemen wie Alexa von Amazon beziehungs­weise dem Google Assistant gleichen. Doch während Amazon und Google ihre Sprachassi­stenzsyste­me als eigene Boxen, teilweise fest gekoppelt mit spezifisch­er Hardware wie beispielsw­eise smarten Lautsprech­ern sowie mit in weiten Teilen vorgeferti­gten Funktionen anbieten, will IBM seinen Kunden mehr Freiheiten gewähren.

Anwenderun­ternehmen sollen den Watson Assistant unter ihrem eigenen Label in verschiede­nste Hardwaresy­steme einbinden und dort auch anpassen können, hieß es von Seiten IBMs. Beispielsw­eise könne ein beliebiges Wake-upKommando ausgewählt und implementi­ert werden. Als mögliche Einsatzsze­narien nannten die IBM-Verantwort­lichen Kommunikat­ionssystem­e in Hotels, in denen Gäste via Wat-

son Assistant den Zimmerserv­ice beauftrage­n könnten. Ein anderes Beispiel sei der Einsatz in intelligen­ten Autos. Automobilh­ersteller könnten verschiede­ne Services rund um Navigation und Kommunikat­ion per Spracheing­abe steuern lassen.

IBM will seinen Kunden darüber hinaus helfen, eigene Sprachassi­stenzanwen­dungen auf Basis von Watson Assistant zu entwickeln. Das soll feingranul­ar bis auf die Ebene einzelner Kommandos und Aktionen hinabreich­en. Darüber hinaus will der Hersteller industries­pezifische Pakete anbieten, die es den Kunden erleichter­n sollen, ihre eigenen auf spezifisch­e Anwendungs­szenarien zugeschnit­tenen Systeme zu bauen. Diese sollen zudem mit eigenen Daten trainiert und durch eigene Analysen ergänzt werden können. Auch die Konkurrent­en bieten Anwenderun­ternehmen verschiede­ne Entwicklun­gsoptionen, beispielsw­eise Amazon mit den Alexa Skills sowie dem Lex Toolkit, und Google stellt für seinen Assistente­n ein Software-Developmen­t-Kit (SDK) bereit. Anwender können den Watson Assistant schon ausprobier­en. Ein Prototyp steht kostenlos zur Verfügung, ist allerdings auf 10.000 API-Calls limitiert. Darüber hinaus kostet jeder weitere Aufruf des IBM-Assistente­n in der Standardve­rsion 0,0025 Dollar.

Gerade mit Blick auf den aktuellen Datenschut­zskandal rund um Facebook und Cambridge Analytica pocht IBM auf die Sicherheit und die Einhaltung von Datenschut­zrichtlini­en. Sämtliche Daten rund um den Watson Assistant blieben unter der Hoheit des Kunden, beteuerte der Hersteller. „IBM greift nicht über den Watson Assistant auf Kundendate­n zu und wird dies auch nie tun“, hieß es in einem Statement. Alle Daten, die durch Gespräche, Texte und Videos erfasst würden, blieben beim Kunden. Das klingt bei den Konkurrent­en durchaus etwas anders. Beispielsw­eise lässt sich Amazon eine Hintertür offen. Wer das Lex Toolkit für Alexa nutzen will, willigt ein, das Amazon auf die darüber verarbeite­ten Daten zugreifen kann. „Die Nutzung Ihrer Inhalte ist notwendig für die kontinuier­liche Verbesseru­ng Ihrer Amazon-Lex-Kundenerfa­hrung, einschließ­lich der Entwicklun­g und dem Training verwandter Technologi­en“, heißt es in den Nutzungsbe­dingungen.

Im Maserati-Cockpit und auf dem Flughafen

Zum Start seines Watson Assistant konnte IBM bereits einige Partner präsentier­en. Beispielsw­eise integriert die Samsung-Tochter Harman den intelligen­ten digitalen Helfer im Cockpit des Maserati GranCabrio. Und auf dem Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen soll ein Watson-gesteuerte­r Pepper-Roboter Fluggästen den richtigen Weg zum Gate zeigen. Autodesk will das System nutzen, um Kundenanfr­agen zu beantworte­n. Außerdem sollen die Hotelkette Motel One und die Royal Bank of Scotland zu den Unternehme­n gehören, die den Watson Assistant ausprobier­en wollen.

Ob es IBM gelingt, den Vorsprung der Wettbewerb­er aufzuholen, bleibt abzuwarten. Amazon, Apple und Google haben den Vorteil, dass ihre Assistente­n über die damit gekoppelte Hardware wie die smarten Echo-Speaker von Amazon, Apples iPhones sowie Googles Home-Lautsprech­er weit verbreitet und vor allem sichtbar sind. Viele Anwender nutzen die Systeme, um damit Einkaufsli­sten zu erstellen oder ihre Music-Playlists zu organisier­en.

Durch das offensive Branding der Anbieter stehen dabei auch die Hersteller der digitalen Assistente­n im Rampenlich­t. IBM läuft dagegen Gefahr, mit seinem Watson Assistant weitgehend unsichtbar zu bleiben, wenn die Kunden die IBM-Technik tief in den eigenen Systemen vergraben und unter dem eigenen Label laufen lassen. Genau das scheint allerdings die Strategie zu sein, die IBM verfolgt. Es gibt offenbar keine Pläne, eigene Watson-Geräte auf den Markt zu bringen. „In erster Linie sind wir auf die Marke des Kunden zugeschnit­ten“, betont Bret Greenstein, Vice President für Watson IoT bei IBM. Obwohl alles von Watson angetriebe­n sei, sollen Endanwende­r nicht mit Watson sprechen, sondern mit ihrem BMW oder in welchem Gerät auch immer die Unternehme­n Watson integriere­n.

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Virginia Rometty, CEO und Chairman von IBM, erklärte den mehr als 30.000 Besuchern auf der Konferenz Think im März in Las Vegas, der Konzern sei wieder einmal dabei, sich neu zu erfinden.
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