IBM entwickelt digitalen Assistenten
Watson Assistant soll sich nahtlos in andere Systeme integrieren.
Mit Watson Assistant will IBM im Markt für sprachgestützte Assistenzsysteme mitspielen. Doch während Konkurrenten wie Amazon, Apple und Google das Rampenlicht suchen, soll Watson ohne eigenes Branding in den Systemen und Geräten der IBM-Kunden aufgehen.
Wir haben IBM für die Ära der Daten neu erfunden“, verkündete IBMChefin Virginia Rometty zum Auftakt der hauseigenen Konferenz Think in Las Vegas. Dabei dreht die Firmenlenkerin die Strategie des Konzerns immer stärker in Richtung Cloud und künstliche Intelligenz. Rometty rief ihre Kunden dazu auf, digitale Plattformen in ihren Unternehmen zu bauen. Das ebne den Weg für neue innovative Technologien wie beispielsweise künstliche Intelligenz. Dafür präsentierte der Konzern vor über 30.000 Teilnehmern eine Reihe neuer Produkte und Services.
Mit Watson Assistant hat IBM ein eigenes sprachgesteuertes Assistenzsystem für seine bereits vor Jahren entwickelte künstliche In- telligenz Watson angekündigt. Kunden sollen auf Basis der IBM-Technik eigene Sprach-Interfaces entwickeln können, so die Idee des ITPioniers. In der Funktionalität soll der Watson Assistant anderen Systemen wie Alexa von Amazon beziehungsweise dem Google Assistant gleichen. Doch während Amazon und Google ihre Sprachassistenzsysteme als eigene Boxen, teilweise fest gekoppelt mit spezifischer Hardware wie beispielsweise smarten Lautsprechern sowie mit in weiten Teilen vorgefertigten Funktionen anbieten, will IBM seinen Kunden mehr Freiheiten gewähren.
Anwenderunternehmen sollen den Watson Assistant unter ihrem eigenen Label in verschiedenste Hardwaresysteme einbinden und dort auch anpassen können, hieß es von Seiten IBMs. Beispielsweise könne ein beliebiges Wake-upKommando ausgewählt und implementiert werden. Als mögliche Einsatzszenarien nannten die IBM-Verantwortlichen Kommunikationssysteme in Hotels, in denen Gäste via Wat-
son Assistant den Zimmerservice beauftragen könnten. Ein anderes Beispiel sei der Einsatz in intelligenten Autos. Automobilhersteller könnten verschiedene Services rund um Navigation und Kommunikation per Spracheingabe steuern lassen.
IBM will seinen Kunden darüber hinaus helfen, eigene Sprachassistenzanwendungen auf Basis von Watson Assistant zu entwickeln. Das soll feingranular bis auf die Ebene einzelner Kommandos und Aktionen hinabreichen. Darüber hinaus will der Hersteller industriespezifische Pakete anbieten, die es den Kunden erleichtern sollen, ihre eigenen auf spezifische Anwendungsszenarien zugeschnittenen Systeme zu bauen. Diese sollen zudem mit eigenen Daten trainiert und durch eigene Analysen ergänzt werden können. Auch die Konkurrenten bieten Anwenderunternehmen verschiedene Entwicklungsoptionen, beispielsweise Amazon mit den Alexa Skills sowie dem Lex Toolkit, und Google stellt für seinen Assistenten ein Software-Development-Kit (SDK) bereit. Anwender können den Watson Assistant schon ausprobieren. Ein Prototyp steht kostenlos zur Verfügung, ist allerdings auf 10.000 API-Calls limitiert. Darüber hinaus kostet jeder weitere Aufruf des IBM-Assistenten in der Standardversion 0,0025 Dollar.
Gerade mit Blick auf den aktuellen Datenschutzskandal rund um Facebook und Cambridge Analytica pocht IBM auf die Sicherheit und die Einhaltung von Datenschutzrichtlinien. Sämtliche Daten rund um den Watson Assistant blieben unter der Hoheit des Kunden, beteuerte der Hersteller. „IBM greift nicht über den Watson Assistant auf Kundendaten zu und wird dies auch nie tun“, hieß es in einem Statement. Alle Daten, die durch Gespräche, Texte und Videos erfasst würden, blieben beim Kunden. Das klingt bei den Konkurrenten durchaus etwas anders. Beispielsweise lässt sich Amazon eine Hintertür offen. Wer das Lex Toolkit für Alexa nutzen will, willigt ein, das Amazon auf die darüber verarbeiteten Daten zugreifen kann. „Die Nutzung Ihrer Inhalte ist notwendig für die kontinuierliche Verbesserung Ihrer Amazon-Lex-Kundenerfahrung, einschließlich der Entwicklung und dem Training verwandter Technologien“, heißt es in den Nutzungsbedingungen.
Im Maserati-Cockpit und auf dem Flughafen
Zum Start seines Watson Assistant konnte IBM bereits einige Partner präsentieren. Beispielsweise integriert die Samsung-Tochter Harman den intelligenten digitalen Helfer im Cockpit des Maserati GranCabrio. Und auf dem Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen soll ein Watson-gesteuerter Pepper-Roboter Fluggästen den richtigen Weg zum Gate zeigen. Autodesk will das System nutzen, um Kundenanfragen zu beantworten. Außerdem sollen die Hotelkette Motel One und die Royal Bank of Scotland zu den Unternehmen gehören, die den Watson Assistant ausprobieren wollen.
Ob es IBM gelingt, den Vorsprung der Wettbewerber aufzuholen, bleibt abzuwarten. Amazon, Apple und Google haben den Vorteil, dass ihre Assistenten über die damit gekoppelte Hardware wie die smarten Echo-Speaker von Amazon, Apples iPhones sowie Googles Home-Lautsprecher weit verbreitet und vor allem sichtbar sind. Viele Anwender nutzen die Systeme, um damit Einkaufslisten zu erstellen oder ihre Music-Playlists zu organisieren.
Durch das offensive Branding der Anbieter stehen dabei auch die Hersteller der digitalen Assistenten im Rampenlicht. IBM läuft dagegen Gefahr, mit seinem Watson Assistant weitgehend unsichtbar zu bleiben, wenn die Kunden die IBM-Technik tief in den eigenen Systemen vergraben und unter dem eigenen Label laufen lassen. Genau das scheint allerdings die Strategie zu sein, die IBM verfolgt. Es gibt offenbar keine Pläne, eigene Watson-Geräte auf den Markt zu bringen. „In erster Linie sind wir auf die Marke des Kunden zugeschnitten“, betont Bret Greenstein, Vice President für Watson IoT bei IBM. Obwohl alles von Watson angetrieben sei, sollen Endanwender nicht mit Watson sprechen, sondern mit ihrem BMW oder in welchem Gerät auch immer die Unternehmen Watson integrieren.