QAware: Softwareentwickler brauchen auch Erholungsphasen
In der Größenklasse der Firmen mit 50 bis 100 Mitarbeitern behauptete sich QAware als Sieger. Das Software- und Beratungshaus korrigierte sogar seine Wachstumspläne, um die Unternehmenskultur nicht zu gefährden.
Vier Männer, ein Haus in der Normandie und ein Kurswechsel: Als sich die QAware-Geschäftsführer im Mai 2017 an die französische Atlantikküste zurückzogen, war Josef Adersberger überzeugt, dass sich „Erfolg exponentiell verbreitet“. Darum wollte er das Wachstum nicht begrenzen, um „den Erfolg bedienen zu können“. Christian Kamm hatte eine ganz andere Erfahrung gemacht: „Je mehr Erfolg wir hatten, desto mehr Stress hatten wir auch. Die Leichtigkeit ging verloren.“
Coole Projekte und Spaß haben
Die Münchner sind so erfolgreich als Softwaresanierer und Cloud-Native-Architekten unterwegs, dass sie heute mit 98 Mitarbeitern mehr als doppelt so viele Menschen beschäftigen wie vor wenigen Jahren. Plus- und Anziehungspunkt für Bewerber waren immer innovative Projekte. „Wir wollen coole und spannende Projekte haben, aber von unserer Kultur her konsistent bleiben, angstfrei agieren und auch Spaß haben“, beschreibt Adersberger das Spannungsfeld. „Dass all dies besser funktioniert, wenn wir nur noch linear wachsen, war für mich ein Aha-Erlebnis.“
Die modifizierte Strategie, auf die sich die Chefs in der Normandie geeinigt haben, lässt sich an einer Zahl festmachen: Mehr als zwölf neue Mitarbeiter sollen pro Jahr nicht dazukommen. „Wir haben uns bewusst für diesen Wechsel in unserer Wachstumsstrategie entschieden, das bedeutet natürlich, dass wir nicht jedes Projekt annehmen können“, so Bernd Schlüter. „Die Mitarbeiter haben unsere neue Strategie begrüßt, da unsere Kultur und QAware als Gemeinschaft so erhalten bleiben. Wohl müssen wir uns überlegen, welche Entwicklungspers- pektiven es für Mitarbeiter jenseits des klassischen Aufstiegs in eine Führungsposition gibt.“Auch auf die Projektarbeit wirkt sich der Kurswechsel aus, sagt Adersberger: „Wir versuchen nicht mehr wie früher, ein großes Projektteam komplett zu stellen, sondern schicken eine Spezialeinheit, ein kleines Team von drei bis sieben Spezialisten, zum Kunden. Dieses Team arbeitet dort eng mit anderen Firmen und dem Kunden zusammen.“
Wie viele Gedanken sich die Geschäftsführer über das Miteinander in ihrem Unternehmen machen, zeigt auch die jüngste Initiative, die Organisation und Mitarbeiter resilient, also widerstandsfähiger, machen soll. Zuerst tauschte sich der Führungskreis über das Thema aus. Daraus entstand ein eigener Resilienzkreis und die Zusammenarbeit mit einer Psychologin, die mit Hochleistungssportlern an deren Robustheit arbeitet. Mittlerweile gibt es erste Workshops und Vorträge zum Thema.
Internes Immunsystem aufbauen
Für Kamm sind „Gelassenheit und Achtsamkeit die Vitamine, die es in unserem unternehmensinternen Immunsystem aufzubauen gilt“. Man wolle nicht mehr nur auf Höchstleistung getrimmt sein. „Leistungserhalt muss Teil der Leistung sein. Erholungsphasen müssen eingeplant und eingebaut werden“, ergänzt Adersberger. Und Kamm weiter: „Wir wollen kein Durchlauferhitzer für junge Leute sein, sondern ein Unternehmen, in dem die Menschen auch alt werden können, wenn sie das wollen.“Im Projektgeschäft müssen die Führungskräfte darum immer wieder „Mitarbeiter ermahnen, dass sie sich nicht vor lauter Begeisterung für ihre Arbeit zu viel zumuten“, schildert Schlüter.