EOS Blockchain am Start
Die Blockchain-Plattform der neuen Kryptowährung EOS fordert Alternativen wie Ethereum, Hyperledger und IOTA heraus. Unternehmen können darauf neue Services und Geschäftsmodelle entwickeln.
Die Blockchain-Plattform der neuen Kryptowährung EOS könnte zu einer ernsthaften Alternative zu bekannteren Alternativen wie Ethereum, Hyperledger und IOTA avancieren. Unternehmen können darauf Blockchain-basierende Services und Geschäftsmodelle entwickeln.
Der Start der technischen Plattform („Mainnet“) der Kryptowährung EOS war ursprünglich für den 2. Juni vorgesehen. Nachdem kurz zuvor noch ernsthafte Sicherheitslücken entdeckt wurden, musste der Launch mehrmals verschoben werden. Zudem gab es diverse Kommunikationspannen, unterschiedliche Auffassungen bezüglich des Starts in der Community und dann auch noch eine Phishing-Attacke, die die Arbeiten verzögerte.
Nicht zuletzt hatte sich die Community in zwei zerstrittene Lager mit unterschiedlichen Softwareversionen gespalten, so dass der neuen Kryptowährung schon vor dem Starttermin ein Fork drohte, also eine Spaltung in zwei konkurrierende Versionen.
Letztlich konnte das Mainnet dann am 9. Juni gestartet werden. Entwicklern und Firmen bietet es nun eine Plattform, auf der sie Blockchain-basierende Services und Geschäftsmodelle entwickeln können. Doch warum ist EOS angesichts des Chaos und der offenbar fehlenden Professionalität einer Erwähnung wert?
Das wichtigste Argument lautet: Hier geht es um unglaublich viel Geld. Das hinter EOS stehende Startup Block.one konnte in einem einjährigen ICO (Initial Coin Offering ) mehr als vier Milliarden Dollar Startkapital sammeln, mehr als doppelt so viel wie das bis dato erfolgreichste Startup Telegram, das den gleichnamigen Instant-Messaging-Dienst entwickelt hat. Damit verfügt Block.one und die gesamte Entwicklergemeinde über finanzielle Mittel wie kein zweites Blockchain-Projekt. Allein das macht EOS zu einem Projekt, das man im Auge behalten sollte. Ein ICO ist vergleichbar mit einem IPO (Börsengang). Dabei erwerben Investoren eine Kryptowährung, die vom Startup, in diesem Fall EOS, erstmalig ausgegeben wird. Sie kaufen damit quasi Anteile am Unternehmen. Das ist ein gängiges Mittel in der Blockchain-StartupGemeinde zur Anschubfinanzierung. Das Verfahren ist allerdings nicht unumstritten, weil es in den vergangenen Monaten sehr viele und zum Teil unseriöse ICOs gab.
Die Investoren jedenfalls schenken den Versprechungen von EOS offenbar Glauben. Die Projektbeteiligten wollen eine enorm leistungsfähige Blockchain-Plattform entwickeln, die beispielsweise mehrere Millionen Transaktionen pro Sekunde abwickeln kann und mit einem Konsensmechanismus arbeitet, der ohne Transaktionsgebühren auskommt.
Damit zielt EOS auf zwei kritische Punkte der meisten Public-Blockchains, die auch für das Ethereum-Netz gelten: Dessen PublicBlockchain-Platform kann derzeit nur rund 15 Transaktionen pro Sekunde abwickeln.
Aufgrund des PoW-Consens-Mechanismus (Proof of Work) müssen zudem Transkationsgebühren entrichtet werden, um die Miner zu bezahlen. EOS wird daher oft etwas plakativ als „Ethereum-Killer“bezeichnet.
Im Moment gibt es noch keine Gründe, den EOS-Versprechungen zu misstrauen. Tatsächlich hat das Startup Block.one einige interessante technische Alternativen entworfen. Zum Beispiel ist EOS konsequent auf die Entwicklung von „Distributed Apps“ausgerichtet, um schnell neue Blockchain-basierende Applikationen, Services und Geschäftsmodelle aufbauen zu können.
EOS verwendet den Consens-Mechanismus „Delegated Proof of Stake“, der nicht mit Minern, sondern mit Validatoren arbeitet. Beide haben jeweils die Aufgabe, Transaktionen zu verifizieren und neue Blöcke zu generieren. Im Falle der Miner ist das teuer und mit hohem Energieverbrauch verbunden, weil dem MiningProzess aufwendige Rechenoperationen zugrunde liegen. Die Aufgabe der Validatoren wird dagegen immer wieder neu delegiert. Stimmberechtigt sind Teilnehmer, die EOSTokens (also die entsprechende Kryptowährung) besitzen. Der Prozess ist deutlich weniger aufwendig und günstiger.
Last, but not least wächst die Leistungsfähigkeit des Netzes mit der Zahl der Teilnehmer, ist also theoretisch unbegrenzt skalierbar. Je mehr Knoten sich beteiligen, desto schneller werden Transaktionen bearbeitet. Doch all das ist bislang Theorie, es gibt noch keine unabhängige Analyse und Bewertung der EOSBlockchain. Tatsache ist, dass die Konkurrenz derzeit deutlich reifer und fortgeschrittener ist und mit den Erfahrungen aus vielen Projekten intensiv daran arbeitet, Entwicklungslücken zu schließen und Leistungsprobleme zu beheben:
Ethereum hat einige Jahre technischen Vorsprung. Es gibt schon jede Menge Implementierungen, und in Sachen mangelnder Transaktionsgeschwindigkeit soll das sogenannte Sharding Abhilfe schaffen. Hyperledger Fabric gibt es in einer produktionsfähigen Variante. Die Plattform wird schon in zahlreichen Blockchain-Projekten weltweit erprobt und genutzt.
IOTA liefert eine Blockchain-ähnliche Umgebung, die speziell für den Betrieb von M2M- beziehungsweise IoT-Transaktionen entwickelt wurde. IOTA soll eine hohe Leistungsfähigkeit bieten bei keinen oder geringen Transaktionskosten.
Lightning Network ist eine BitcoinErgänzung, die das öffentliche BlockchainNetz der Kryptowährung nutzt und einige Nachteile aufhebt, indem es temporäre Parallelnetze einrichtet.
EOS zeigt vielversprechende Ansätze
EOS muss sich in diesem starken Konkurrenzumfeld erst noch beweisen. Die technischen Ansätze sind vielversprechend und die finanziellen Mittel durch den erfolgreichen ICO mehr als ausreichend. Doch das viele Geld weckt auch Begehrlichkeiten, die das gesamte Projekt zum Scheitern bringen können. Der angesprochene Disput zwischen zwei konkurrierenden Lagern entstand nicht zuletzt dadurch, dass die Kontrahenten sich um die lukrativen Jobs der Validierer bemühen. Vorerst scheint der Streit beigelegt; das belegt der erfolgreiche Launch des EOS Mainnet, der ohne eine Einigung nicht möglich gewesen wäre.
Die Aufgabe von Block.one und der Entwicklergemeinde wird es künftig sein, die finanziellen und technischen Potenziale richtig zu kanalisieren, so dass möglichst schnell eine produktionsreife Blockchain-Lösung entsteht. Ob diese Anstrengungen erfolgreich sein werden, ist vorerst schwer abzuschätzen. Doch IT-Entscheider mit Blockchain-Plänen sollten die weitere Entwicklung von EOS im Auge behalten. Die technischen Lösungen erscheinen vielversprechend.