Arbeitgeber reagieren mit Floskeln auf konkrete Kritik von Bewerbern
Am Beispiel des Bewertungsportals Kununu zeigt eine Studie, dass Unternehmen kaum oder nur unzureichend auf Kritik von Bewerbern oder Mitarbeitern eingehen. Dialogangebote an den Bewerter sind meistens nicht ernst gemeint.
Jeder Dritte vergleicht vor oder während seiner Jobsuche auf Bewertungsportalen wie Kununu, meinchef.de oder anderen die für ihn in Frage kommenden Arbeitgeber, so das Ergebnis einer aktuellen Bitkom-Studie. Von den Jüngeren ist sogar jeder Zweite auf solchen Portalen unterwegs. Kommunikationsexperte Sascha Theisen, Gründer der Unternehmensberatung Employer Telling, und sein Partner Manfred Böcker haben nun 1300 Antworten von Unternehmen untersucht, die sich an kritische Bewerter richten. Die Professionalität lässt demnach zu wünschen übrig. Die Kommunikation mit Kandidaten und Mitarbeitern auf Bewertungsportalen erfolge meistens „aus dem Bauch heraus“, stellt Böcker fest. „Deutschen Unternehmen steht ein langer Weg bevor, wenn sie den öffentlichen Dialog zum Wohle ihrer Positionierung als Arbeitgeber nutzen wollen.“
Floskeln und keine Kontaktmöglichkeit
Ähnlich wie in Stellenanzeigen oder auf ihren Karriereseiten kommunizieren viele Arbeitgeber auch in Bewertungsportalen stereotyp und austauschbar. Mehr als die Hälfte der analysierten Arbeitgeber nutzt vorgefertigte Textbausteine, die unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Bewertung auf jede Form von Kritik antworten sollen. Das ist vor allem dann fatal, wenn der Bewerter zuvor schlimme Vorwürfe von Mobbing bis zur Unterschreitung des Mindestlohns erhoben hat. „Arbeitgeber, die in einer solchen Situation mit Antworten à la ,Liebe Kollegin, lieber Kollege, vielen Dank für Ihre Bewertung. Uns ist eine offene Feedback-Kultur sehr wichtig, daher nehmen wir Rückmeldungen ernst. Herzliche Grüße Ihr HR-Team‘ antworten, geben ein ganz schwaches Bild ab – für den Bewerter, aber vor allem für die zahl- reichen Mitleser, die den öffentlichen Dialog verfolgen und ihre Schlüsse daraus ziehen“, sagt Theisen.
Zudem fordern Arbeitgeber zwar in sieben von zehn Stellungnahmen zum Dialog auf, vergessen aber mehrheitlich (68 Prozent), eine konkrete Kontaktmöglichkeit in Form einer E-Mail-Adresse oder einer Telefonnummer anzugeben. Die meisten der untersuchten Kontaktangebote bestehen zudem aus einer unpersönlichen Mail-Adresse wie etwa „karriere @unternehmensname.de“. Theisen stellt fest: „Offenbar fehlt vielen Arbeitgebern der Glaube, tatsächlich in den Dialog mit ihren Kritikern treten zu können. Oder es besteht gar kein wirkliches Interesse daran.“Will man den Kontakt zum Bewerber gar nicht herstellen, sollte man auch nicht standardisiert dazu auffordern.
Einige Arbeitgeber geben zudem der Versuchung nach, einen kommunikativen Gegenschlag auszuführen, wenn ihnen die Kritik des Bewerbers nicht nachvollziehbar erscheint. Nur 44 Prozent der analysierten Kommentare sind ausgesprochen freundlich, gut acht Prozent sind in ihrer Tonalität aggressiv oder zumindest unterschwellig aggressiv. „Grundsätzlich gilt: Arbeitgeber sollten sich nie auf das aufgeladene emotionale Niveau der Bewerter begeben und so öffentlich als Streithähne auftreten“, warnen die Studienautoren. Das passiere aber häufig, wenn Geschäftsführer oder Firmeninhaber auf Nutzerkommentare reagierten. Diese sehen dann „ihr Baby“im Auge des Orkans und reagieren emotional und somit oft falsch. „Wenn Personalverantwortliche die Sache in die Hand nehmen, wird der Umgang mit dieser Kritik deutlich besser“, empfehlen Böcker und Theisen.