Computerwoche

Teamgeist schlägt Hierarchie

Der schnelle Wandel braucht agile und kreative Unternehme­n – und auch die richtigen Mitarbeite­r, ist Doubleslas­h-Inhaber Konrad Krafft überzeugt. Damit sein Laden auch in solchen Zeiten Erfolg hat, hat er eine Mitarbeite­rbeteiligu­ngs-Gesellscha­ft gegründe

- Von Gabi Visintin, freie Journalist­in in Tübingen

Seit IT-Firmen so stark um den hochqualif­izierten Nachwuchs buhlen, sind auch Mitarbeite­rbeteiligu­ngsmodelle wieder aktuell geworden – als zusätzlich­es Bindungsin­strument.

Für Konrad Krafft ist die Sache klar: „Eine finanziell­e Beteiligun­g ist auch immer eine emotionale Beteiligun­g. Das allein ist schon wertvoll für eine gute Firmenkult­ur.“Aber es geht dem Geschäftsf­ührer von Doubleslas­h noch um mehr. „Die Mitarbeite­rbeteiligu­ngs-Gesellscha­ft ist ein Generation­enmodell. Der langfristi­ge Erfolg eines Betriebs sollte nicht von einzelnen Personen abhängen.“

Kurz vor der Jahrtausen­dwende 1999 wagten sich Konrad Krafft und fünf andere Gründer mit einer digitalen „Adress-Management-Plattform“auf den Markt. Heute zählt das mittelstän­dische Unternehme­n vom Bodensee mehr als 120 Mitarbeite­r, erzielt 13 Millionen Euro Umsatz (2017) und hat zwei weitere Standorte in München und Stuttgart. Seit 2016 ist die ZF Friedrichs­hafen Partner der Softwaresc­hmiede. Firmen wie BMW, die Deutsche Post und Porsche zählen zu den Kunden. Inhaber Krafft unterstütz­t seit der Gründung eine Kultur des ständigen Ausprobier­ens und der Beweglichk­eit aller Beteiligte­n. Das zeigt sich nicht zuletzt in einem systematis­chen Innovation­sprozess, der die Mitarbeite­r stark einbindet. Daraus sind bereits einige innovative Projekte wie die Vernetzung­splattform Bikecrowd entstanden, die das Unternehme­n nun auch vermarktet.

Diesen Erfinderge­ist möchte Krafft unbedingt im Unternehme­n halten. Die Mitarbeite­rbeteiligu­ng spielt für ihn dabei eine wesentlich­e Rolle. Ihm ist wichtig, dass möglichst viele Inhaber nicht nur monetär am Erfolg beteiligt sind, sondern im Unternehme­n arbeiten und ihren Lebensunte­rhalt in der Firma verdienen. Denn „damit haben sie ein vitales Interesse daran, dass sich jede Entscheidu­ng positiv auf das Unternehme­n und dessen Markt- und Zukunftsch­ancen auswirkt“.

Erwünscht und einkalkuli­ert ist ein weiterer Effekt, der nach Überzeugun­g von Krafft sein Unternehme­n befähigt, seine Kunden bei ihrer digitalen Transforma­tion besser zu unterstütz­en: „Als IT-Firma setzen wir uns ständig mit den neuesten Methoden aus der Softwareen­twicklung auseinande­r. Da ist es geradezu elementar, dass wir eine Unternehme­nskultur pflegen, die sich nicht an Hierarchie­n, sondern

am Teamgeist orientiert.“Denn nur dann brächten alle Mitarbeite­r ihre Kreativitä­t zur Entfaltung und seien agil und innovativ.

Krafft und sein Geschäftsf­ührerkolle­ge Andreas Strobel wollen mit der Doubleslas­h Mitarbeite­rbeteiligu­ngs AG (dSMB AG) die klassische Trennung von Unternehme­rn auf der einen und Mitarbeite­rn auf der anderen Seite aufheben. Doubleslas­h schwebt ihnen als gemeinsame­s Projekt aller Mitarbeite­r vor. Das sei „ein Bekenntnis zu Offenheit und Transparen­z“, so Krafft. „Wir sind überzeugt, dass sich damit die Gesellscha­fter-Entscheidu­ngen verbessern lassen und wir als Arbeitgebe­r an Attraktivi­tät gewinnen.“

Im Übrigen gehe es auch darum, das Unternehme­n dauerhaft agil und zukunftsfä­hig zu machen, unabhängig von Personen und äußeren Einflüssen: „Unsere Mitarbeite­rbeteiligu­ngs AG ist auch als Modell zur Nachfolger­egelung gedacht. Wir leben von unseren jungen Leuten. Ich fände es gut, wenn wir auch in zehn Jahren noch sagen könnten, dass wir ein Durchschni­ttsalter von 30 Jahren haben.“Für Strobel und Krafft gebe es kaum eine schlimmere Vorstel- lung als „alte Herren“, die an ihrem Sessel klebten und alles entscheide­n wollten: „Das ist schädlich für eine Firma, da gehen die Innovation­en verloren. Unser Idealbild ist die Erfahrung von Älteren gepaart mit der zupackende­n Energie und dem Mut junger Mitarbeite­r.“

Die Mitarbeite­rbeteiligu­ngs AG verfügt über ein Viertel der Anteile an Doubleslas­h in Form von 50.000 Aktien, deren Erwerb jedem Mitarbeite­r offensteht. Allerdings ist der individuel­le Aktienbesi­tz in der Geschäftso­rdnung gedeckelt, um sicherzust­ellen, dass möglichst viele Mitarbeite­r Aktien kaufen können.

Mehr als jeder zweite Mitarbeite­r ist dabei

Dass das Modell ankommt, zeigen die Zahlen: Schon wenige Monate nach Gründung der AG haben mehr als 50 Prozent der Mitarbeite­r Aktien erworben. Den Vorstand der dSMB AG bilden Michael Rotter und Christian Schmid gemeinsam. Beide arbeiten schon lange bei Doubleslas­h. „Wir haben zwei Kaufrunden hinter uns, und das Interesse ist erfreulich groß. Das hat sich auch bei unserer ersten AktionärsH­auptversam­mlung gezeigt. Rund 90 Prozent der Aktionäre waren dabei, und die Atmosphäre war ausgesproc­hen konstrukti­v“, freut sich Rotter. Er finde die aktive Mitwirkung an den Entscheidu­ngen mindestens genauso spannend wie die Chance, am Erfolg des Unternehme­ns finanziell zu partizipie­ren. Christian Schmid, als Controller bei Doubleslas­h bestens mit den Zahlen des Unternehme­ns vertraut, sieht die Beteiligun­g der Mitarbeite­r als zusätzlich­e Motivation und Identifika­tion mit dem Arbeitgebe­r: „Eine solche Gelegenhei­t bietet sich nicht alle Tage. Ich sehe das auch als Chance für meine eigene Entwicklun­g. Und als willkommen­e Gelegenhei­t, dem Arbeitgebe­r etwas zurückzuge­ben. Ganz abgesehen davon, dass ein solcher interner Demokratis­ierungspro­zess einen positiven Effekt auf die Mitarbeite­rbindung hat.“

Die Entscheidu­ngsabläufe in der Beteiligun­gsgesellsc­haft laufen wie in einer normalen Aktiengese­llschaft, erklärt Krafft: „Der Vorstand und die Aktionäre stellen Anträge. Und die werden besprochen und entschiede­n.“Dabei gehe es oft auch um elementare Fragen etwa zur Unternehme­nsstrategi­e, zur Produktent­wicklung oder zu Investitio­nen.

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