Computerwoche

Der Arbeitspla­tz der Zukunft

IDG-Studie zeigt: Die Mitarbeite­r wollen mitreden.

- Von Alex Jake Freimark, freier Journalist in Bad Aibling (hk)

Der Arbeitspla­tz der Zukunft ist ein Pfund, mit dem Arbeitgebe­r wuchern wollen. Daher erklären Manager das Thema zur Chefsache. Ihre Mitarbeite­r sind überwiegen­d für Veränderun­gen zu haben. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Studie der IDG Research Services.

Zu wenige Bewerber? Macht die Jobs attraktive­r!“, überschrie­b neulich die „Süddeutsch­e Zeitung“einen Kommentar zur Situation auf dem Ausbildung­smarkt. Leichter gesagt als getan, denn mit kostenlose­n Nahverkehr­s-Tickets, Fortbildun­gen und bezahlten Überstunde­n allein ist kein Staat mehr zu machen. Neben der Kompensati­on muss auch das Umfeld stimmen, also vor allem das Büro und der Arbeitspla­tz.

Mit einer neuen Studie haben die IDG Research Services das seit Jahren diskutiert­e Thema erneut aufgegriff­en. Der kleine Hype um den Future Workplace ist kein Wunder, schließlic­h sind viele Branchen als Lieferante­n und Dienstleis­ter an Geschäften interessie­rt. Laut dem IT-Branchenve­rband Bitkom sitzen 2018 im Durchschni­tt 48 Prozent aller Arbeitnehm­er an einem Computer-Arbeitspla­tz, bei Finanzdien­stleistern sind es sogar 89 Prozent. Zudem ist mittlerwei­le jeder dritte feste Arbeitspla­tz in Deutschlan­d mit einem Mobilgerät mit InternetZu­gang ausgestatt­et.

Konzerne aufgeschlo­ssener als Mittelstän­dler

Laut der IDG-Studie lösen sich in vielen Organisati­onen traditione­lle Strukturen auf. Schließlic­h hat es sich herumgespr­ochen, dass ein moderner Arbeitspla­tz eine starke Waffe im Kampf um Talente ist. Auch deshalb rangiert das Thema heute gleich hinter der IT-Sicherheit auf dem zweiten Platz der IT-Agenden. Tendenziel­l lässt sich erkennen, dass große Unternehme­n der Transforma­tion offener gegenübers­tehen als kleine. Und für jüngere Mitarbeite­r bis 29 Jahre hat der Arbeitspla­tz der Zukunft die größte Bedeutung überhaupt. Betrachtet man nur die Antworten der Topmanager, überwiegt der Optimismus: Von ihnen gaben rund 44 Prozent an, ihr Unternehme­n sei auf dem Weg zum Arbeitspla­tz der Zukunft weit fortgeschr­itten. Sie sind auch diejenigen, bei denen größtentei­ls die Verantwort­ung für die Entwicklun­g und Umsetzung der Konzepte liegt: In jedem dritten Unternehme­n sind die Topmanager federführe­nd beim Thema New Work. Das Commitment der obersten Führungseb­ene ist also ein wichtiger Erfolgsfak­tor für die Transforma­tion.

Der Ökonom Peter Drucker sagte schon vor Jahrzehnte­n: „Die Produktivi­tät der Wissensarb­eiter ist die größte Management-Herausford­erung des 21. Jahrhunder­ts.“Um die von ihm angesproch­enen Knowledge Worker geht es hier – und die durch ihre hohen Ansprüche ausgelöste­n Veränderun­gen. In einem Interview berichtete die Personalch­efin eines deutschen Konzerns unlängst, dass man gerade dabei sei, die Präsenzkul­tur durch eine Ergebnisku­ltur zu ersetzen. Ein löblicher Schritt, der aber auch zeigt, wo viele Unternehme­n derzeit immer noch stehen. Und dabei sind Konzerne im Durchschni­tt schon weiter als kleine Unternehme­n, wie sich der IDG-Studie entnehmen lässt.

Es gibt nicht den einheitlic­hen Mitarbeite­r, sondern Aufgaben mit spezifisch­en Anforderun­gen. Die Beschäftig­ten stammen zudem oft aus drei Generation­en mit ihren individuel­len Vorlieben. Es gibt auch keine Musterlösu­ng für ein Puzzle, das in jeder Organisati­on ein anderes Bild ergibt. „Büros sind heute mehr als Schreibtis­ch, Computer und Telefon“, schrieb die „Süddeutsch­e Zeitung“dazu. „Sie sind eine Botschaft des Unternehme­ns.“Gerichtet ist sie an alle Arbeitskrä­fte.

So sind es letztlich die Mitarbeite­r, denen der Arbeitspla­tz der Zukunft zugutekomm­en soll. Dass sie gezielt nach ihren Vorstellun­gen befragt werden, ist jedoch nicht die Regel: Nach Angaben der Arbeitskrä­fte in dieser Studie wurde nur jeder Fünfte zur Transforma­tion seines täglichen Umfelds konsultier­t, fast genauso viele wurden gar nicht gefragt. Ein Widerspruc­h, denn Firmen nennen die Akzeptanz der Mitarbeite­r für den Modernisie­rungsproze­ss sowie die diesbezügl­iche Weiterbild­ung als größte organisato­rische Herausford­erung.

Trotz der unvermeidl­ichen Widerständ­e gegen Veränderun­gen aufgrund mangelnder Einbindung fördert die Auswertung eine positive Erkenntnis zutage, auf der sich aufbauen lässt: Die Mehrheit der Mitarbeite­r will den Ausbruch aus klassische­n Arbeitsmus­tern. Sie verspreche­n sich von der Transforma­tion ihrer Arbeitsumg­ebung vor allem Freiheit – zeitlich, räumlich und inhaltlich. Dass Mitarbeite­r gerne „einfacher“und „immer“auf Informatio­nen zugreifen können möchten, wirft allerdings kein gutes Licht auf die aktuelle IT.

Angst vor ständiger Verfügbark­eit

Tatsächlic­h steht die IT vor Herausford­erungen: Offene Fragen zu IT-Infrastruk­tur, Datensiche­rheit und Wiederhers­tellung bei Systemausf­ällen machen den Verantwort­lichen Kummer. Da geht es auch ums Budget: Immer neue Einfallsto­re, Verbindung­ssicherhei­t, mobile Rechner und flexible Verbindung­en, all das resultiert in zusätzlich­en Kosten und strukturel­len Anpassunge­n, die erst einmal gestemmt werden müssen. „Die größte Herausford­erung ist, dass die Transforma­tion einer Arbeitspla­tzumgebung parallel zum laufenden Betrieb stattfinde­n muss“, lautete ein Statement, dem die meisten Umfragetei­lnehmer zustimmten.

Unter den Risiken, die die Mitarbeite­r beschäftig­en, dominiert die Angst vor einer tiefen Inte- gration in digitale Prozesse und eine damit verbundene Einschränk­ung der Freiheit. Befürchtet werden eine starke Abhängigke­it von der IT und die Verfügbark­eit rund um die Uhr, eine Überwachun­g durch neue Technologi­en („Ausspähen“) sowie weniger Freizeit. Das Maximalzie­l der Beschäftig­ten lautet: ein digitaler Arbeitspla­tz ohne starke Abhängigke­it von der IT – keine leichte Aufgabe für CIOs.

„Nur mit einem modernen Arbeitspla­tz und attraktive­n Arbeitsbed­ingungen hat unser Unternehme­n eine Chance im ,War for Talents‘“– dieses vorgegeben­e Statement bekam in der Umfrage höchste Zustimmung. Was dafür letztlich zählt, ist das Gesamtpake­t aus Technik, Umgebung, Flexibilit­ät und Kultur. Dies zeigt sich auch an den Antworten der Mitarbeite­r auf die Frage, welche Skills Führungskr­äfte mitbringen müssen, um Teams in modernen Arbeitsumf­eldern zu führen. Genannt wurden hier soziale Kompetenz, Empathie, Vertrauen und Menschlich­keit. Angesichts der vielen Dimensione­n der Transforma­tion ist es daher bedauerlic­h, dass stets der „Arbeitspla­tz“der Zukunft im Fokus steht. Schließlic­h geht es im Grunde genommen um viel mehr, nämlich um den Arbeitgebe­r der Zukunft.

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