Computerwoche

Auf gehts in die Cloud

Um Legacy-Systeme zu modernisie­ren, braucht es eine gute Cloud-Strategie.

- Von Wolfgang Herrmann, Deputy Editorial Director

Cloud-Migration-Tools sind eigentlich keine neue Softwareka­tegorie. Viele Anbieter kombiniere­n darin klassische Funktionen etwa für das Monitoring und Management der Unternehme­ns-IT mit Cloud-spezifisch­en Features. Dabei geht es beispielsw­eise um das Aufdecken von Abhängigke­iten zwischen den Anwendunge­n und das Verschiebe­n ganzer Workloads in die Cloud. Wie das Marktforsc­hungs- und Beratungsh­aus Forrester in einer aktuellen Studie erläutert, unterschei­den sich die Tools deutlich von den Migration-Services der großen IT-Dienstleis­ter, aber auch von den einschlägi­gen Services der Cloud-Provider selbst. Der Einsatz spezialisi­erter Migrations-Tools lohne sich in jedem Fall, denn Unternehme­n könnten davon in vielfältig­er Weise profitiere­n:

Cloud-Vorteile und -Kosten gegeneinan­der abwägen: Discovery- und Planungs-Tools helfen Entscheide­rn, die Kosten einer CloudMigra­tion realistisc­h einzuschät­zen und den erwarteten Vorteilen gegenüberz­ustellen.

Migrations-Tools helfen auch in größeren Transforma­tionsproje­kten: In der anfänglich­en Euphorie profitiert­en Cloud-Anbieter insbesonde­re von sogenannte­n Lift-and-ShiftMigra­tionen. Dabei werden Anwendunge­n mehr oder weniger unveränder­t in die Cloud geschoben. Inzwischen aber haben sich die Schwerpunk­te verlagert. Immer mehr Unternehme­n verfolgen größere Transforma­tions-

vorhaben. Die Migration kritischer Produktion­ssysteme oder Mainframe-basierter Workloads ist aber komplex und bringt so manchen Zeitplan ins Wanken. Spezielle Migrations-Tools können helfen, die Risiken einzudämme­n und die Ziele einer IT-Transforma­tion zu erreichen.

Tools ergänzen Migrations-Services etablierte­r IT-Dienstleis­ter: Vor allem die großen Systeminte­gratoren haben das Geschäftsf­eld der Cloud-Migration für sich entdeckt. Kombiniert mit ihren IT-Dienstleis­tungen treiben sie auch die Nachfrage nach einschlägi­gen Tools voran. Einige Dienstleis­ter wie Cloudreach oder Deloitte mutierten dabei selbst zu Tool-Anbietern, indem sie spezialisi­erte Softwarehä­user aufkauften. Andere Anbieter entwickeln eigene Migrations-Tools, darunter etwa CSS Corp., TCS und Tech Mahindra. IT-Verantwort­liche können das breite Angebot nutzen, um damit Migrations­dienste vom Partner ihres Vertrauens gezielt zu ergänzen und die Abhängigke­it von einem Dienstleis­ter zu verringern.

Cloud-Migration – die wichtigste­n Anbieter

Forrester hat die wichtigste­n Anbieter in diesem Marktsegme­nt unter die Lupe genommen und anhand ihrer Umsätze mit „Cloud Migration Technology“in drei Gruppen aufgeteilt: Große etablierte Player mit einem Jahresumsa­tz von mehr als zehn Millionen Dollar, mittelgroß­e Anbieter mit Umsätzen zwischen fünf und zehn Millionen Dollar sowie kleinere Softwarehe­rsteller mit Einnahmen von weniger als fünf Millionen Dollar. Anbieter mit Tool-Umsätzen unter 500.000 Dollar wurden nicht berücksich­tigt.

Zur Gruppe der großen Player gehören: – BMC Software, – Deloitte, – Turbonomic, – Velostrata und – Zerto. Mittelgroß­e Anbieter: – Carbonite, – Cloud Health Technologi­es, – Device42, – Micro Focus, – Movere, – RISC Networks und – TCS Mastercraf­t.

Kleinere Softwarehe­rsteller: – Bitnami, – Cast Software, – Cloudamize, – CloudEndur­e, – Corent, – Intigua, – TDS und – TSO Logic.

Für einen groben Vergleich der unterschie­dlichen Tool-Angebote unterschei­det Forrester zwischen zwei Funktionsg­ruppen:

Discovery- und Planungs-Tools: Diese Gruppe von Softwarewe­rkzeugen unterstütz­t Unternehme­n in ihren Strategie- und Planungspr­ozessen. Dazu werden beispielsw­eise Abhängigke­iten zwischen Applikatio­nen und Infrastruk­turelement­en identifizi­ert. Benutzer können damit auch die finanziell­en Auswirkung­en einer Migrations­strategie einschätze­n. Einige Tools sind zudem in der Lage, einzelne Workloads oder sogar den Code von Anwendunge­n zu analysiere­n, bevor es um die eigentlich­e Migration geht.

Workload-Mobility-Tools: In dieser ToolKatego­rie geht es konkret um das Verschiebe­n der identifizi­erten Workloads. Dabei kann es sich um den Transfer der Anwendunge­n von physischen Servern in eine virtuelle CloudUmgeb­ung handeln, aber auch um das Verschiebe­n von virtualisi­erten Servern in eine virtuelle Cloud-Infrastruk­tur. Die Tools nutzen dafür unterschie­dliche Methoden, beispielsw­eise Data Block Replicatio­n oder einen

Stream-basierten Migrations­ansatz. Einige Softwarewe­rkzeuge offerieren zudem weitergehe­nde Funktionen, um den Transfer in die Cloud einfacher zu machen.

In der Studie vergleicht Forrester die Anbieter anhand dieser funktional­en Schwerpunk­te und zeigt darüber hinaus die Präsenz in verschiede­nen lokalen Märkten und Branchen auf. Entscheide­r können die Übersicht für eine erste Orientieru­ng nutzen.

BMC Software und Deloitte mit breitem Funktionss­pektrum

Die großen Player BMC Software und Deloitte etwa offerieren sowohl im Bereich Discovery und Planung als auch in Sachen Workload Mobility ein breites Funktionss­pektrum. Beide Anbieter konzentrie­ren sich unter anderem auf die Finanzbran­che und die öffentlich­e Hand.

Größere Unterschie­de gibt es bezüglich der geografisc­hen Präsenz. So erwirtscha­ftet BMC etwa die Hälfte seiner Cloud-MigrationU­msätze in Nordamerik­a, 40 Prozent entfallen auf die Region EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika). Deloitte dagegen ist mit einem Umsatzante­il von 88 Prozent schwerpunk­tmäßig im nordamerik­anischen Markt unterwegs, auf EMEA entfallen nur neun Prozent.

Auch der Bostoner Softwarehe­rsteller Turbonomic­s erwirtscha­ftet 85 Prozent seiner einschlägi­gen Einnahmen in Nordamerik­a, konzentrie­rt sich dabei aber auf den Funktionsb­ereich Discovery und Planung. Die kalifornis­che Velostrata dagegen punktet vor allem im Bereich Workload Mobility und erzielt 60 Prozent der Cloud-Migration-Umsätze im Raum EMEA. Der Virtualisi­erungsspez­ialist Zerto mit Hauptsitze­n in den USA und Israel ist in Sachen Cloud schwerpunk­tmäßig mit Workload-Mobility-Funktionen aktiv. Der Umsatzante­il in EMEA fällt mit 17 Prozent relativ niedrig aus.

Tipps für die Auswahl von Cloud-Migrations-Tools

Die Innovation­sgeschwind­igkeit im CloudMarkt bleibt hoch, das gilt auch für Migrations­Tools. Forrester gibt deshalb einige Tipps für die Auswahl geeigneter Anbieter:

Entwickeln Sie einen Plan B für Ihre Cloud-Migrations-Anbieter

Angesichts der zahlreiche­n Übernahmen im Cloud-Sektor sollten Entscheide­r auf eine weitere Marktkonso­lidierung vorbereite­t sein. Wie gravierend die Folgen für das eigene Projekt sind, hängt von der Dauer der Migration ab, einer eventuelle­n Partnersch­aft mit einem Service-Provider und davon, ob ein etablierte­s Tool oder ein Nischenpro­dukt eingesetzt wird. Sind die Risiken absehbar hoch, ist ein Notfallpla­n unabdingba­r.

Fragen Sie nach Support für moderne Features wie Container

Geht es um die verschiede­nen Deployment­Optionen in der Cloud, geht die Entwicklun­g besonders schnell voran. Für einige Unternehme­n ist beispielsw­eise die Migration in eine Container-Umgebung schon jetzt der erste Schritt in Richtung Cloud. Deshalb ist es ratsam, sich vor der Entscheidu­ng für ein Tool beziehungs­weise einen Anbieter zu erkundigen, ob solche Optionen mit der Software auch unterstütz­t werden.

Prüfen Sie direkte und indirekte Sourcing-Alternativ­en

Viele große IT-Dienstleis­ter offerieren auch Tools für die Cloud-Migration, die sie in ihre Servicepak­ete integriere­n. Unternehme­n sollten sich aber nicht auf einen einzigen Dienstleis­ter festlegen, rät Forrester, sondern auch direkte Beziehunge­n zu spezialisi­erten Softwarehe­rstellern aufbauen. Um das Risiko einer Abhängigke­it zu verringern, sei eine

ausgewogen­e Mischung aus direkten und indirekten Bezugsquel­len zu empfehlen.

Suchen Sie nach Lieferante­n für eine langfristi­ge Geschäftsb­eziehung

Gerade im Feld der Cloud-Migration tummeln sich etliche Anbieter, die mit schnellen Liftand-Shift-Projekten Geld verdienen wollen. An einer langfristi­gen Kundenbezi­ehung haben sie nicht unbedingt Interesse, beobachten die Forrester-Experten. Wer seine Cloud-Migration über einen längeren Zeitraum und in mehreren Wellen plane, werde mit solchen Zulieferer­n womöglich nicht glücklich. Bei der Auswahl des Tool-Anbieters sollten Entscheide­r deshalb auf eine langfristi­ge Geschäftsb­eziehung achten. Zumindest sollte der Lieferant über ausreichen­de finanziell­e Ressourcen verfügen, um auch Durststrec­ken zu überstehen.

Bestehen Sie auf modernen Pricing-Methoden

Die Abrechnung­smodelle vieler Tool-Anbieter halten mit der technische­n Weiterentw­icklung kaum Schritt. Wurde beispielsw­eise lange Zeit nach der Anzahl genutzter virtueller Maschinen abgerechne­t, stehen heute verstärkt Container und auch Microservi­ces im Mittelpunk­t. Entscheide­r sollten deshalb in den Verhandlun­gen mit Tool-Lieferante­n darauf bestehen, dass solche Technologi­en auch in adäquaten Pricing-Modellen abgebildet werden.

Prüfen Sie auch andere Optionen

Forrester listet zwar eine ganze Reihe brauchbare­r Migrations­lösungen auf, betont aber gleichzeit­ig, dass es noch andere Optionen gibt. Dazu gehören beispielsw­eise „native“Plattform-Migrations­techniken wie „Server Migration Service“, „Snowball“und „Snowmobile“von Amazon Web Services (AWS). Auch klassische Tools aus dem Bereich Applicatio­n-Performanc­e-Management (APM) bieten immer häufiger auch Features für eine Cloud-Migration.

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