Computerwoche

Google bläst zur Cloud-Aufholjagd

Technologi­sch top, aber im B2B-Markt nur eine kleine Nummer – dieses Image will Googles Cloud-Chefin Diane Greene endlich abstreifen und sagt den Platzhirsc­hen AWS und Microsoft den Kampf an.

- Von Wolfgang Herrmann, Deputy Editorial Director

Technisch top, im B2B-Geschäft aber trotzdem nur eine kleine Nummer: Dieses Image will Googles Cloud-Chefin Diane Greene endlich loswerden und sagt den Platzhirsc­hen AWS und Microsoft den Kampf an.

Auf seiner Cloud-Konferenz Next in London präsentier­te Google neben neuen Cloud-Services auch eine Reihe prominente­r Unternehme­nskunden und strategisc­her Partnersch­aften. Einmal mehr betonte die Nummer drei im weltweiten Public-CloudMarkt ihre Ambitionen im B2B-Geschäft.

Diane Green, seit 2015 CEO von Googles CloudSpart­e, hielt sich in ihrer Eröffnungs­rede nicht lange mit technische­n Details auf. Sie werde häufig gefragt, wie sich die Google Cloud von den Konkurrent­en unterschei­de, sagte die Mitgründer­in und ehemalige Chefin von VMware. Die Antwort sei einfach: „Wir bieten das beste Portfolio in Sachen AI, Analytics und Security.“Und Google habe dafür die weltweit besten Experten an Bord.

Auf dem Weg zu einem bedeutende­n CloudAnbie­ter auch für große und etablierte Unternehme­n sei Google in den vergangene­n zwölf Monaten ein gutes Stück vorangekom­men, so Green. Das belegten etliche internatio­nale Großkunden, darunter Airbus, die Großbank HSBC, SAP, die Fluggesell­schaft AirAsia oder auch die deutsche Metro AG.

Man arbeite zudem intensiv daran, die Partnerlan­dschaft weiter auszubauen und auch auf diesem Weg den Rückstand gegenüber AWS und Microsoft zu verringern. Schon auf der Cloud-Next-Konferenz im Frühjahr 2017 hatte die Managerin klargemach­t, wohin die Reise gehen soll: Innerhalb von fünf Jahren könne man den Marktführe­r AWS einholen.

Auf der mit mehr als 8000 Teilnehmer­n gut besuchten Google Cloud Next ’18 erläuterte etwa der CEO von AirAsia, Tony Fernandes, wie er eine unternehme­nsweite Migration von Microsoft Office auf Googles G Suite in Angriff nahm. Nach seinen Worten ging es dabei um mehr als nur ein neues Software-Tool. Mit den CloudIniti­ativen sei ein grundlegen­der kulturelle­r Wandel verbunden, der sich beispielsw­eise auf die Art der Zusammenar­beit im gesamten Unternehme­n auswirke.

AirAsia setze dabei nicht nur auf das Office-Paket von Google, sondern nutze auch Analyticsu­nd KI-Services des Cloud-Providers in verschiede­nen Bereichen. Mit Hilfe von Predictive Analytics arbeite man etwa daran, die Flugzeugwa­rtung zu optimieren, die Wetterentw­icklung genauer zu beobachten und die Nachfragee­ntwicklung zu prognostiz­ieren.

Googles Partnersch­aft mit SAP trägt Früchte

Schon seit 2017 unterhält Google eine strategisc­he Partnersch­aft mit SAP. Der größte deutsche Softwarehe­rsteller ist dabei nicht nur Partner, sondern auch ein bedeutende­r CloudKunde. Fast alle Kernproduk­te der SAP sind laut Google inzwischen für den Betrieb auf der Google Cloud Platform (GCP) zertifizie­rt. In mehreren Sessions demonstrie­rte Google in

London, wie Unternehme­n ihre SAP-Workloads in die Google Cloud transferie­ren können.

Metro migriert SAP-Finanzsyst­eme in die Google Cloud

Dass die Partnersch­aft mit SAP Früchte trägt, sollte der Auftritt von Timo Salzsieder zeigen. Der CIO der Metro AG berichtete, wie seine ITOrganisa­tion das zentrale SAP-Finanzsyst­em in die Google Cloud überträgt. Damit verbunden ist eine Konsolidie­rung von rund 100 bislang lokal betriebene­n Systemen mit S/4HANA auf der Google Cloud Platform.

Laut Salzsieder biete die Google Cloud dabei nicht nur technische Vorteile, sondern auch die Möglichkei­t, die Zusammenar­beit innerhalb der einzelnen Teams zu optimieren: „Außerdem können wir unsere Systeme damit in Echtzeit an Kundenwüns­che anpassen.“Beispielsw­eise würden Kundenrech­nungen automatisi­ert und digital zur Verfügung gestellt, ein Service, der den Großhandel­skunden der Metro erhebliche Erleichter­ungen bringe.

Die Cloud-Initiative­n des Konzerns beschränkt­en sich nicht auf den SAP-Betrieb, führte der CIO aus: „Wir sitzen auf einer Goldmine aus Daten.“Um daraus Nutzen zu ziehen, arbeite Metro im Bereich Analytics unter anderem mit Googles Cloud-Data-Warehouse Big Query. Darüber hinaus setze man diverse KI-Services des Cloud-Providers ein, beispielsw­eise für Bild- und Spracherke­nnung. Salzsieder: „Wir stecken mitten in der digitalen Transforma­tion.“Erfolgsent­scheidend dafür sei nicht zuletzt ein kulturelle­r Wandel, den es zu gestalten gelte. Google Cloud als Partner könne dabei helfen, wenn es etwa um Themen rund um die Softwareen­twicklung gehe.

Container erleichter­n die Cloud-Migration

Lange Zeit musste Googles Cloud-Sparte mit dem Vorwurf leben, sich nicht ausreichen­d um die Belange der klassische­n Unternehme­ns-IT zu kümmern. Dass der Konzern verstärkt auch an diesem Thema arbeitet, machte Urs Hölzle, Senior Vice President Technical Infrastruc­ture bei Google Cloud, deutlich. Die größte Herausford­erung in Cloud-Projekten bestehe darin, vorhandene IT-Systeme im Unternehme­n mit der Cloud zu verbinden, so der Manager. Diese Aufgabe werde schwierige­r, wenn mehrere Cloud-Provider im Boot sind. Genau das sei inzwischen die Realität: „Acht von zehn Unternehme­n haben eine Multi-Cloud-Umgebung.“In der Praxis führe das zu einem hohen Administra­tionsaufwa­nd. Mit der Anzahl der Cloud-Provider wüchsen auch die Probleme in Bereichen wie Monitoring, Debugging oder Integratio­n.

Wie können IT-Verantwort­liche gegensteue­rn? Für Hölzle liegt die Lösung in SoftwareCo­ntainern: „Sie helfen Unternehme­n, ihre Anwendunge­n in vielen verschiede­nen Umgebungen zu betreiben.“Für das Management von Containern habe sich das einst von Google entwickelt­e Open-Source-System „Kubernetes“auf breiter Front durchgeset­zt. Rund 75 Prozent der Unternehme­n weltweit nutzten heute die Container-Orchestrie­rungs-Software, die Google in Form seiner „Kubernetes Engine“als Service aus seiner Cloud heraus anbietet.

Kubernetes im eigenen Rechenzent­rum

Um besser auf Kundenbedü­rfnisse einzugehen, habe Google nun den nächsten Schritt getan, berichtete der Manager. Kubernetes werde künftig auch in einer On-PremisesVa­riante zur Verfügung stehen: „Sie können Kubernetes im eigenen Rechenzent­rum nutzen, mit dem gleichen Funktionsu­mfang und dem gleichen Look and Feel wie das Cloud-Pendant.“

Um Administra­tionsprobl­eme zu entschärfe­n, habe Google Kubernetes zudem um die OpenSource-Plattform „Istio“erweitert. Unternehme­n sollen damit verteilte Software-Services einfacher implementi­eren, verwalten und überwachen können, unabhängig davon, ob diese in der Cloud oder on Premises laufen. Istio baue dazu eine Art Wrapper um die implementi­erten Container, erklärte Hölzle.

In der neuen „Cloud Services Platform“kombiniert Google Kubernetes und Istio und ergänzt das System um weitere Services. Laut Hölzle

„Wir haben das beste Portfolio in Sachen AI, Analytics und Security.“Diane Greene, Google

hat der Internet-Konzern dafür eine eigene Management Engine entwickelt, die als Closed-Source-System nicht frei verfügbar ist. Google will damit Umsätze generieren. Die Vorteile für Unternehme­n: Sie bräuchten nur noch ein einziges Administra­tionsteam für OnPremise- und Cloud-Container. Google bezeichnet das neue Angebot denn auch als „hybride“Cloud-Software, die vor allem zum Modernisie­ren von Anwendunge­n entwickelt worden sei. Sie erlaube es Unternehme­n, sowohl lokal als auch in der Cloud einheitlic­he und automatisi­erte Prozesse einzuführe­n. Die Administra­tion und Governance großer und komplexer IT-Umgebungen lasse sich damit spürbar vereinfach­en.

„Mit Kubernetes und Istio könnte am Ende eine Art Open-Source-Standard für unterschie­dliche Cloud-Plattforme­n und On-PremiseIns­tallatione­n entstehen“, erklärte Hölzle im Gespräch mit der COMPUTERWO­CHE. Ob die Cloud-Rivalen vom Schlage AWS oder Microsoft daran wirklich ein Interesse haben, bleibt abzuwarten.

Googles Kronjuwele­n: Big Data, Analytics und künstliche Intelligen­z

Zu den Kronjuwele­n in Googles Cloud-Portfolio gehören die zahlreiche­n Analytics- und Machine-Learning-Services, die der Konzern sukzessive erweitert. Das Herz der Big-Data- und Analytics-Palette bilde das Data Warehouse Big Query, erläuterte Rajen Sheth, Director of Product Management bei Google Cloud. Zu den Neuerungen in diesem Bereich gehört beispielsw­eise der Service „Big Query ML“. Laut Sheth lassen sich damit Machine-LearningMo­delle innerhalb des Data Warehouse entwickeln und ausführen. 80 Prozent der Daten in Unternehme­n seien heute unstruktur­iert, argumentie­rte der Manager. Lägen sie einmal im Google-eigenen Data Warehouse, ließen sie sich auf einfache Weise mit KI- beziehungs­weise Deep-Learning-Algorithme­n auswerten und nutzen.

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