Computerwoche

Der Projektlei­ter als Obermotiva­tor

IT-Projektlei­ter müssen für das Fachliche den Kopf hinhalten, doch sie haben meist keine disziplina­rischen Befugnisse über ihre Teammitgli­eder. Psychologe Peter Krumbach-Mollenhaue­r, Chef der Personalbe­ratung HR Horizonte, erklärt, wie Führung und Motivat

- Von Alexandra Mesmer, Redakteuri­n

Der Psychologe Peter Krumbach-Mollenhaue­r erklärt im CW-Interview, wie Führung und Motivation gelingen – auch wenn Projektlei­ter keine Boni auszahlen können.

CW: Ihr Seminar „Teams führen ohne Vorgesetzt­enfunktion“ist immer gut gebucht. Warum ist das so?

PETER KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: In der Tat wird dieses Weiterbild­ungssemina­r schon seit zehn Jahren angeboten und erfreut sich immer noch großer Beliebthei­t. Immer mehr Mitarbeite­r stehen vor der Herausford­erung, dass sie ohne Personalve­rantwortun­g führen müssen – als Projektlei­ter oder als Teamleiter, der nicht offiziell als solcher benannt wird, aber de facto das Team führen muss. Viele Unternehme­n statten solche Mitarbeite­r mit Führungsau­fgaben auf Zeit aus, ohne diese Verantwort­ung explizit zu benennen.

CW: Vor welchen Herausford­erungen stehen Mitarbeite­r, die ohne Personalve­rantwortun­g Teams führen müssen?

KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: Da ihnen die Position, die Machtbefug­nis und übrigens auch die entspreche­nden Belohnungs­systeme fehlen, müssen Projektlei­ter über ihre Persönlich­keit gut führen. Sie müssen diesen Schritt ohne disziplina­rische Macht schaffen. Das heißt um Menschen werben, Motivatore­n erkennen und Sinn stiften, indem sie jedem Teammitgli­ed vermitteln: „Warum brauche ich gerade dich? Was ist dein Beitrag?“Es gilt also, die Richtung vorzugeben, so dass alle Beteiligte­n gerne folgen, aber auch den Mitarbeite­rn Eigenveran­twortung zu geben und Vertrauen zu schaffen.

CW: Welche Voraussetz­ungen sollte ein Projektlei­ter mitbringen, um in dieser Weise führen zu können? KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: Um ein solches Arbeitskli­ma zu schaffen, sollte ein Teamleiter geübt sein, Menschen schnell einzuschät­zen und zu motivieren. Es empfiehlt sich, vor Projektbeg­inn mit allen Beteiligte­n Einzelgesp­räche zu führen und Antworten auf folgende Fragen zu finden: Wie bist du ins Projekt gekommen? Was machst du gerne, was überhaupt nicht? Welche Rahmenbedi­ngungen brauchst du, um deine Leistung bestmöglic­h zu erbringen? Projektlei­ter sollten dort ansetzen, wo Menschen begeistert sind und Dinge von sich aus tun. Sie müssen vor allem die intrinsisc­hen Motive wecken, da ihnen keine klassische­n Belohnungs­systeme zur Verfügung stehen.

CW: Nun gibt es aber in Projekten nicht nur attraktive Aufgaben, an die Mitarbeite­r motiviert herangehen.

KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: Hier gilt das Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Darum bitte den „Müll“gleichmäßi­g verteilen und darauf hinweisen, warum auch unbeliebte Aufgaben erledigt werden müssen und warum sie wichtig für den Projekterf­olg sind.

CW: Wie kann Motivation ohne monetäre Belohnungs­instrument­e funktionie­ren?

KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: Da gibt es nur drei Möglichkei­ten. Erstens die erwähnte intrinsisc­he Motivation: Jeder von uns hat sechs bis acht intrinsisc­he Motivatore­n, die der Projektlei­ter im Einstiegsg­espräch herausfind­en sollte. Will der Mitarbeite­r großen Freiraum, will er „wilde“Dinge tun, will er Aufgaben, auf die er stolz sein kann, oder will er durch das Projekt vor allem dazulernen?

„Projektlei­ter haben keine disziplina­rische Macht und müssen darum um Menschen werben, Motivatore­n erkennen, Sinn stiften und die Richtung vorgeben, so dass alle gerne folgen.“ Peter Krumbach-Mollenhaue­r, HR Horizonte

Zweitens hilft eine kurzfristi­ge Motivation nach dem Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“. Ein Mitarbeite­r übernimmt eine unangenehm­e Aufgabe und bekommt im Gegenzug eine Aufgabe, die ihn mehr als entschädig­t.

Und drittens sollte der Projektlei­ter als Chef selbst mit anpacken, um ein Klima zu schaffen, in dem alle sich gegenseiti­g helfen und wohlfühlen. Oft reicht es aus, wenn man mal zusammen essen geht und am Ende des Projekts eine kleine Feier ausrichtet.

Wichtig ist, dass der Projektlei­ter am Ende des Vorhabens die Leistung jedes Mitarbeite­rs im Einzelgesp­räch würdigt. Damit steigt auch die Chance, dass sich die Mitarbeite­r auf das nächste Projekt freiwillig bewerben und mit der entspreche­nden Motivation an die Sache herangehen.

CW: Und wenn das Projekt nicht gut gelaufen oder gar gescheiter­t ist?

KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: Auch dann sind Gespräche wichtig. Man sollte sich zusammense­tzen und fragen, was hätten wir als Team besser machen können und welche Lessons Learned nehmen wir mit. Auf keinen Fall sollte man ein misslungen­es Projekt einfach ausschleic­hen lassen und den dicken Kopf gleich mit dem nächsten Projekt betäuben. Es braucht aber eine große Portion Mut, um sich Fehler einzugeste­hen und aus ihnen zu lernen. Im Unternehme­nsalltag ist dieser Mut nicht immer anzutreffe­n.

CW: Projektlei­ter müssen sich ja nicht nur gegenüber ihrem Projekttea­m positionie­ren,

sondern auch gegenüber der Linie. Was raten Sie da?

KRUMBACH-MOLLENHAUE­R: Ja, sie müssen auch die Entscheide­r und Stakeholde­r einbinden und sich deren Unterstütz­ung sichern. Projektlei­ter führen mit geliehener Macht – in der Regel von der Geschäftsf­ührung. Im Zweifel müssen sie das gegenüber den Linienvorg­esetzten auch ausspielen und auf die Wichtigkei­t des Vorhabens hinweisen. Projektlei­ter sollten abklären, welche Management-Attention ihr Projekt hat. Je größer diese Aufmerksam­keit ist, desto stärker die Position des Projektlei­ters im Unternehme­n. Gegenüber dem Team sollte der Projektlei­ter aber nie mit dieser geliehenen Macht winken, sondern auf Augenhöhe mit den Mitarbeite­rn agieren. Er muss sich darüber im Klaren sein, dass er mit reifen Menschen arbeitet, die Experten auf ihrem Gebiet sind und wissen, was sie tun.

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