Der Projektleiter als Obermotivator
IT-Projektleiter müssen für das Fachliche den Kopf hinhalten, doch sie haben meist keine disziplinarischen Befugnisse über ihre Teammitglieder. Psychologe Peter Krumbach-Mollenhauer, Chef der Personalberatung HR Horizonte, erklärt, wie Führung und Motivat
Der Psychologe Peter Krumbach-Mollenhauer erklärt im CW-Interview, wie Führung und Motivation gelingen – auch wenn Projektleiter keine Boni auszahlen können.
CW: Ihr Seminar „Teams führen ohne Vorgesetztenfunktion“ist immer gut gebucht. Warum ist das so?
PETER KRUMBACH-MOLLENHAUER: In der Tat wird dieses Weiterbildungsseminar schon seit zehn Jahren angeboten und erfreut sich immer noch großer Beliebtheit. Immer mehr Mitarbeiter stehen vor der Herausforderung, dass sie ohne Personalverantwortung führen müssen – als Projektleiter oder als Teamleiter, der nicht offiziell als solcher benannt wird, aber de facto das Team führen muss. Viele Unternehmen statten solche Mitarbeiter mit Führungsaufgaben auf Zeit aus, ohne diese Verantwortung explizit zu benennen.
CW: Vor welchen Herausforderungen stehen Mitarbeiter, die ohne Personalverantwortung Teams führen müssen?
KRUMBACH-MOLLENHAUER: Da ihnen die Position, die Machtbefugnis und übrigens auch die entsprechenden Belohnungssysteme fehlen, müssen Projektleiter über ihre Persönlichkeit gut führen. Sie müssen diesen Schritt ohne disziplinarische Macht schaffen. Das heißt um Menschen werben, Motivatoren erkennen und Sinn stiften, indem sie jedem Teammitglied vermitteln: „Warum brauche ich gerade dich? Was ist dein Beitrag?“Es gilt also, die Richtung vorzugeben, so dass alle Beteiligten gerne folgen, aber auch den Mitarbeitern Eigenverantwortung zu geben und Vertrauen zu schaffen.
CW: Welche Voraussetzungen sollte ein Projektleiter mitbringen, um in dieser Weise führen zu können? KRUMBACH-MOLLENHAUER: Um ein solches Arbeitsklima zu schaffen, sollte ein Teamleiter geübt sein, Menschen schnell einzuschätzen und zu motivieren. Es empfiehlt sich, vor Projektbeginn mit allen Beteiligten Einzelgespräche zu führen und Antworten auf folgende Fragen zu finden: Wie bist du ins Projekt gekommen? Was machst du gerne, was überhaupt nicht? Welche Rahmenbedingungen brauchst du, um deine Leistung bestmöglich zu erbringen? Projektleiter sollten dort ansetzen, wo Menschen begeistert sind und Dinge von sich aus tun. Sie müssen vor allem die intrinsischen Motive wecken, da ihnen keine klassischen Belohnungssysteme zur Verfügung stehen.
CW: Nun gibt es aber in Projekten nicht nur attraktive Aufgaben, an die Mitarbeiter motiviert herangehen.
KRUMBACH-MOLLENHAUER: Hier gilt das Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Darum bitte den „Müll“gleichmäßig verteilen und darauf hinweisen, warum auch unbeliebte Aufgaben erledigt werden müssen und warum sie wichtig für den Projekterfolg sind.
CW: Wie kann Motivation ohne monetäre Belohnungsinstrumente funktionieren?
KRUMBACH-MOLLENHAUER: Da gibt es nur drei Möglichkeiten. Erstens die erwähnte intrinsische Motivation: Jeder von uns hat sechs bis acht intrinsische Motivatoren, die der Projektleiter im Einstiegsgespräch herausfinden sollte. Will der Mitarbeiter großen Freiraum, will er „wilde“Dinge tun, will er Aufgaben, auf die er stolz sein kann, oder will er durch das Projekt vor allem dazulernen?
„Projektleiter haben keine disziplinarische Macht und müssen darum um Menschen werben, Motivatoren erkennen, Sinn stiften und die Richtung vorgeben, so dass alle gerne folgen.“ Peter Krumbach-Mollenhauer, HR Horizonte
Zweitens hilft eine kurzfristige Motivation nach dem Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“. Ein Mitarbeiter übernimmt eine unangenehme Aufgabe und bekommt im Gegenzug eine Aufgabe, die ihn mehr als entschädigt.
Und drittens sollte der Projektleiter als Chef selbst mit anpacken, um ein Klima zu schaffen, in dem alle sich gegenseitig helfen und wohlfühlen. Oft reicht es aus, wenn man mal zusammen essen geht und am Ende des Projekts eine kleine Feier ausrichtet.
Wichtig ist, dass der Projektleiter am Ende des Vorhabens die Leistung jedes Mitarbeiters im Einzelgespräch würdigt. Damit steigt auch die Chance, dass sich die Mitarbeiter auf das nächste Projekt freiwillig bewerben und mit der entsprechenden Motivation an die Sache herangehen.
CW: Und wenn das Projekt nicht gut gelaufen oder gar gescheitert ist?
KRUMBACH-MOLLENHAUER: Auch dann sind Gespräche wichtig. Man sollte sich zusammensetzen und fragen, was hätten wir als Team besser machen können und welche Lessons Learned nehmen wir mit. Auf keinen Fall sollte man ein misslungenes Projekt einfach ausschleichen lassen und den dicken Kopf gleich mit dem nächsten Projekt betäuben. Es braucht aber eine große Portion Mut, um sich Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen. Im Unternehmensalltag ist dieser Mut nicht immer anzutreffen.
CW: Projektleiter müssen sich ja nicht nur gegenüber ihrem Projektteam positionieren,
sondern auch gegenüber der Linie. Was raten Sie da?
KRUMBACH-MOLLENHAUER: Ja, sie müssen auch die Entscheider und Stakeholder einbinden und sich deren Unterstützung sichern. Projektleiter führen mit geliehener Macht – in der Regel von der Geschäftsführung. Im Zweifel müssen sie das gegenüber den Linienvorgesetzten auch ausspielen und auf die Wichtigkeit des Vorhabens hinweisen. Projektleiter sollten abklären, welche Management-Attention ihr Projekt hat. Je größer diese Aufmerksamkeit ist, desto stärker die Position des Projektleiters im Unternehmen. Gegenüber dem Team sollte der Projektleiter aber nie mit dieser geliehenen Macht winken, sondern auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern agieren. Er muss sich darüber im Klaren sein, dass er mit reifen Menschen arbeitet, die Experten auf ihrem Gebiet sind und wissen, was sie tun.