SAP kauft Qualtrics – eine Verzweiflungstat?
Um Anschluss im CRM-Geschäft zu finden, sind SAP offenbar alle Mittel recht – auch acht Milliarden Dollar für Qualtrics. Ob die Rechnung aufgeht, steht auf einem anderen Blatt.
Acht Milliarden Dollar investiert SAP in einen Anbieter von Cloud-basierter Software für das Kunden-Management, der im vergangenen Jahr rund 290 Millionen Dollar umgesetzt und einen Gewinn von 2,6 Millionen eingefahren hat. Viele Experten und Analysten haben sich verwundert die Augen gerieben und sich gefragt, wie nötig es SAP hat, in diesem Marktsegment zu punkten. Es geht um CRM beziehungsweise Customer-Experience-Management – also das Beobachten und Steuern der Erfahrungen, die ein Kunde mit einem Unternehmen, einem Produkt oder einer Marke macht. Man muss es deutlich sagen: SAP hat hier zu wenig getan. Dieser Markt steht 2018 für ein Volumen von 45,8 Milliarden Dollar.
SAP-Kontrahent Salesforce dominiert seit Jahren das CRM-Geschäft. Von Anfang an setzte das Unternehmen konsequent auf Cloud-Software und baute ständig an seinem Ökosystem. Das ist SAP-Chef Bill McDermott ein Dorn im Auge. Er kündigte an, das CRM-Revier nicht kampflos Salesforce zu überlassen. Anfang des Jahres kaufte er für 2,4 Milliarden Dollar den Cloud-CRM-Spezialisten Callidus Software, im Sommer folgte dann die Ankündigung von C/4HANA, einer neu paketierten CRM-Gesamtlösung. Und nun also Qualtrics.
Anwendervertreter verweisen darauf, dass SAP erst einmal die Integration der verschiedenen Cloud- und On-Premise-Welten gelingen müsse. SAP steht vor der Aufgabe, ein hoch integriertes Softwarepaket zu managen, das den Anbieter groß gemacht hat und an dem nach wie vor viele Anwender hängen. Parallel dazu müssen die Walldorfer einen modularen Plattform- und Ökosystem-Ansatz mit der Cloud im Mittelpunkt verfolgen. Da Letzterem die Zukunft gehört, sind Übernahmen sinnvoll. Über deren Preis kann man allerdings streiten.
Herzlich, Ihr Martin Bayer, Deputy Editorial Director