Computerwoche

Neuer Cloud-Chef für Google

Anfang 2019 übernimmt der langjährig­e Oracle-Manager Thomas Kurian die Verantwort­ung für das Cloud-Business von Google. Die bisherige Cloud-Chefin Diane Greene will sich in den Verwaltung­srat zurückzieh­en.

- (hv)

Thomas Kurian, lange Jahre die rechte Hand von Oracle-Gründer Lawrence Ellison, tritt bei Google die Nachfolge von Cloud-Chefin Diane Greene an.

In einem Blog-Beitrag schrieb Greene, Thomas Kurian (51) werde nach 22 Jahren bei Oracle – zuletzt war er als President für die Produktent­wicklung verantwort­lich – am 26. November 2018 bei Google einsteigen. Greene wolle ihn einarbeite­n, so dass er Anfang nächsten Jahres neuer CEO von Googles Cloud-Division werden könne. Greene blickt als eine der Gründerinn­en von VMware auf eine lange Geschichte in der IT-Branche zurück. Im Google-Verwaltung­srat sitzt sie seit 2012, drei Jahre später erhielt sie die Verantwort­ung für Googles Cloud-Business. „Als ich im Dezember 2015 das Cloud-Geschäft von Google übernahm und in Vollzeit ins Unternehme­n eintrat, hatte ich meiner Familie und meinen Freunden versproche­n, diesen Job für zwei Jahre zu machen. Jetzt, nach unglaublic­h stimuliere­nden und produktive­n drei Jahren, ist es an der Zeit, dass ich mich um meine eigentlich­e Passion kümmere: Ausbildung und Mentoring.“

Greene hat spektakulä­re Cloud-Deals für Google eingefädel­t – unter anderem mit Spotify und Snap. Letztendli­ch konnte sie aber den Abstand zu den Marktführe­rn Amazon Web Services und Microsoft kaum verringern. Laut Synergy Research Group beherrscht Amazon den Cloud-Infrastruk­tur-Markt (IaaS, PaaS, Hosted Private Cloud) zu 34 Prozent. Microsoft als Nummer zwei (15 Prozent) gelang es zuletzt, den Abstand zu AWS ein wenig zu verkürzen. IBM, Google und Alibaba folgen mit jeweils einstellig­en Prozentant­eilen auf den Plätzen. Wie der Nachrichte­ndienst „CNBC“berichtet, soll das Alphabet-Management anlässlich der Präsentati­on der letzten Quartalsza­hlen eher wortkarg auf die Cloud-Fortschrit­te eingegange­n sein. CEO Sundar Pichai sagte, er sehe „starke Indikatore­n“dafür, dass sich die großen Investitio­nen auszahlen würden. Der Konzern werde nun nach und nach größere Deals abschließe­n. Tatsächlic­h gab es aber keine Zahlen und Fakten zum bisherigen Geschäftsv­erlauf, was einige Analysten als „wenig ermutigend­es Zeichen“interpreti­erten. Unter der Führung von Greene wurde die Google Cloud Platform stark auf innovative Technologi­en rund um Artificial Intelligen­ce (AI) und Machine Learning ausgericht­et. Etliche Kunden goutieren zwar diesen Fokus, aber das große Geld wurde im Markt zuletzt eher mit Basisaufga­ben wie der Lift-and-Shift-Verlagerun­g von Kerninfras­trukturen in die Public Cloud gemacht – und davon haben vor allem AWS und Microsoft mit der Azure-Cloud profitiert.

Mit der Benennung des langjährig­en OracleMana­gers geht Google durchaus ein Risiko ein. Google ist eine ingenieurg­etriebene Company mit einem langjährig­en Fokus auf dem Consumer-Geschäft. Oracle indes war immer auf Business-Kunden konzentrie­rt, der Softwareri­ese hatte nicht nur einen starken Fokus auf Entwicklun­g, sondern vor allem auch auf Marketing und Sales. Eine besser geölte Verkaufsma­schine als Oracle ist im ITK-Markt kaum zu finden. Für Kurian gilt es also, das Enterprise-Business von Google neu aufzustell­en, profession­ellere Vertriebss­trukturen zu schaffen und dabei die Cloud-Geschäfte breiter aufzustell­en. Will der Manager aber OracleMeth­oden bei Google einführen, muss er mit Bedacht vorgehen: Google-Mitarbeite­r sind bekannt dafür, einen eigenen Kopf zu haben. Als Greene das US-Militär mit AI-Tools für die Analyse von Drohnen-Bildern beliefern wollte, gab es einen Aufstand unter den Google-Ingenieure­n. Die Managerin musste einen Rückzieher machen, die Mitarbeite­r formuliert­en einen Ethikkatal­og, der es dem Konzern verbietet, KI für militärisc­he Zwecke bereitzust­ellen.

 ??  ?? Thomas Kurian hatte am 5. September 2018 überrasche­nd eine „Auszeit“bei Oracle angekündig­t, nachdem er sich einem Bericht von „Bloomberg“zufolge mit Konzerngrü­nder Lawrence Ellison (74) über den Kurs der SoftwareCo­mpany gestritten haben soll. Es ging dabei offenbar darum, wie weit sich Oracle öffnen und seine Software auch auf den Cloud-Infrastruk­turen von Wettbewerb­ern wie AWS und Microsoft bereitstel­len solle. Kurian, der das Infrastruk­tur-Business und damit auch die IaaS-Angebote verantwort­ete, sah im proprietär­en Kurs von Ellison keine Zukunft mehr. Wie wichtig Kurian für Oracle war, ist auch daran zu erkennen, dass er direkt an Gründer und Chief Technology Officer (CTO) Ellison berichten durfte, während die CEOs Mark Hurd und Safra Catz an den von Ellison beaufsicht­igten Verwaltung­srat berichtete­n. Die Infrastruk­tur-Einheit von Oracle wird Insiderber­ichten zufolge nun wieder direkt von Ellison geführt – was eine Abkehr vom proprietär­en Kurs unwahrsche­inlich macht.
Thomas Kurian hatte am 5. September 2018 überrasche­nd eine „Auszeit“bei Oracle angekündig­t, nachdem er sich einem Bericht von „Bloomberg“zufolge mit Konzerngrü­nder Lawrence Ellison (74) über den Kurs der SoftwareCo­mpany gestritten haben soll. Es ging dabei offenbar darum, wie weit sich Oracle öffnen und seine Software auch auf den Cloud-Infrastruk­turen von Wettbewerb­ern wie AWS und Microsoft bereitstel­len solle. Kurian, der das Infrastruk­tur-Business und damit auch die IaaS-Angebote verantwort­ete, sah im proprietär­en Kurs von Ellison keine Zukunft mehr. Wie wichtig Kurian für Oracle war, ist auch daran zu erkennen, dass er direkt an Gründer und Chief Technology Officer (CTO) Ellison berichten durfte, während die CEOs Mark Hurd und Safra Catz an den von Ellison beaufsicht­igten Verwaltung­srat berichtete­n. Die Infrastruk­tur-Einheit von Oracle wird Insiderber­ichten zufolge nun wieder direkt von Ellison geführt – was eine Abkehr vom proprietär­en Kurs unwahrsche­inlich macht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany