Ein Standard für die Teamarbeit
Arbeitsorganisation geschieht in der Industrie 4.0 fast ausschließlich in Projektform. Einen neuen internationalen Kompetenzstandard hierfür gibt es seit 2018, in vielen Projektausschreibungen wird er mittlerweile vorausgesetzt.
Ein neuer internationaler Kompetenzstandard soll dafür sorgen, dass mehr Qualität in die Projektarbeit kommt.
Projektteams müssen heute schneller sein als noch vor ein paar Jahren. Sie müssen innovativer, flexibler und agiler werden. Ihre Professionalität wird an messbaren Ergebnissen bewertet – und auch hier steigen die Ansprüche permanent. Damit sind Projektmitarbeiter gefordert, auf dem Laufenden zu bleiben, was neue Ansätze betrifft, nach denen sich Vorhaben umsetzen lassen. Sie müssen die entsprechenden Kompetenzen erwerben und sich immer wieder neu ausrichten.
Da stellt sich zwangsläufig die Frage, welche Kompetenzen wichtig und welche Fähigkeiten nötig sind. Hier helfen internationale Standards im Projekt-Management weiter. Sie sind zunehmend verbindlich, da immer mehr Unternehmen diese Standards intern einsetzen und deren Einhaltung auch von ihren Zulieferern, Beratern und Dienstleistern erwarten. Gerade hat die International Project Management Association (IPMA) mit der Individual Competence Baseline 4th Version (ICB4) einen internationalen Standard entwickelt, der einen Überblick über die wichtigen Kompetenzen im ProjektManagement bietet. Demnach gibt es 29 Fähigkeiten, die eine Rolle spielen. Sie lassen sich den folgenden drei Kompetenzbereichen zuordnen: 1. Kontext-Kompetenzen Projektmitarbeiter benötigen Kompetenzen, die sich aus der Projektumgebung ableiten. Gemeint sind damit die Strategie, Strukturen und Prozesse, Compliance und Regularien, Macht/Interessen sowie Kultur beziehungsweise Werte.
2. Persönliche und soziale Kompetenzen Wie in vielen anderen Arbeitsgebieten auch sind persönliche und soziale Kompetenzen im Projekt-Management von großer Bedeutung. Sie reichen von Selbst-Management und Kommunikation über Führung und Teamarbeit bis zu Verhandlungsgeschick und Ergebnisorientierung.
3. Technische Kompetenzen Die technischen Kompetenzen beziehen sich auf das zentrale Projekt-Know-how. Mitarbeiter müssen Methoden, Werkzeuge und Techniken beherrschen, die während der Vorhaben zum Einsatz kommen sollen.
Der Standard ICB4 bietet Unternehmen eine Orientierung, um professionelles Projekt-Management umzusetzen. Er definiert fünf Kontext-, zehn People- und 14 technische Kompetenzen ausführlich und benennt Indikatoren, an denen sie sich messen lassen. Dabei beschreibt der Standard genau, was professionelles Handeln ausmacht. Beispiel: Projektdesign. Hierzu heißt es: „Wer die technische Kompetenz hat, das Projektdesign zu entwickeln und umzusetzen, ist in der Lage, Erfolgskriterien für das aktuelle Projekt zu benennen und zu nutzen, den am besten geeigneten Ansatz zur Umsetzung eines Projekts auszuwählen sowie jederzeit
Veränderungen an der Gesamtarchitektur des Projekts vorzunehmen.“Dies schließt ein, dass der Projekt-Manager sowohl die klassischen als auch die agilen und hybriden Projekt-Management-Ansätze kennt. (Alle Betitelungen und Beschreibungen der genannten Kompetenzen finden sich auf der Website https://ipma.world).
Keiner kann alles
Projektmitarbeiter müssen nicht über alle 29 Kompetenzen verfügen. Das ist schon deshalb nicht erforderlich, weil die im ICB4 beschriebenen Kompetenzen je nach Art des Projekts und nach Branche unterschiedlich ausgeprägt benötigt werden. Stellt sich die Frage: Wie können die Unternehmen erkennen, welche Kompetenzen ihre Projektmitarbeiter benötigen? Um dies herauszufinden, müssen sie zunächst die unternehmensspezifischen Anforderungen ermitteln – und sich folgende Fragen stellen:
Welche strategischen Ziele verfolgt das Unternehmen und was bedeutet das für das Projekt-Management? Welche Ausrichtung soll das Projekt-Management zukünftig haben (klassisch, agil oder hybrid)? Welche spezifischen Anforderungen ergeben sich aus dem Kundenumfeld? Welche Projekte werden in der kommenden Zeit besonders wichtig sein?
Zudem sollte ein Arbeitgeber den individuellen Kompetenzbedarf ermitteln und Antwort auf folgende zwei Fragen haben: Welche Rollen spielen bestimmte Mitarbeiter („XYZ“) im Projekt? Wer ist wofür verantwortlich, und wer soll zukünftig welche Aufgaben übernehmen?
Aus den Antworten ergeben sich für die Mitarbeiter die individuellen Profile an Soll-Kompetenzen. In den Vordergrund treten die Eigenschaften, die für das Unternehmen auch tatsächlich wichtig sind. Diese sind dann mit den internationalen Kompetenzen nach ICB4 abzugleichen. Die Schnittmenge stellt jene Fähigkeiten dar, die bei den Projektmitarbeitern zu stärken beziehungsweise zu entwickeln sind. Für die Betitelung und inhaltliche Beschreibung der erforderlichen Kompetenzen lassen sich ebenfalls die nach ICB4 vorgegebenen Kompetenzdefinitionen und -bereiche nutzen. So kann ein Projektverantwortlicher sichergehen, dass er den Kriterien künftiger Projektausschreibungen gerecht wird.