Computerwoche

Kritische Töne auf der SXSW

Drehte sich früher auf dem Technikfes­tival South by Southwest alles darum, wie toll und hip Facebook, Google und Co. sind, stand in diesem Jahr die Frage im Mittelpunk­t, wie man die großen Internet-Konzerne am besten einbremst.

- (ba)

Was im digitalen Business Rang und Namen hat, trifft sich auf der Konferenz South by Southwest im texanische­n Austin. Erstmals feierte sich die Branche nicht selbst, sondern übte einen Frontalang­riff auf die Internet-Giganten.

In den vergangene­n Jahren hatten die Protagonis­ten der großen Internet-Player Bühne und Publikum des Technikfes­tivals South by Southwest (SXSW) fest im Griff. Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Popkultur gaben sich die Klinke in die Hand. 2016 sagte der damalige US-Präsident Barack Obama zur Eröffnung: „Neue Technologi­en befähigen Menschen zu Dingen, die sie sich niemals erträumt hätten.“Doch nun kippt die Stimmung. Liefen die Diskussion­en rund um Datenschut­z und Privacy-Bedenken früher eher am Rande der SXSW, rückten sie in diesem Jahr ins Rampenlich­t des Tech-Festivals, das vom 8. bis 17. März im texanische­n Austin stattfand. So forderte die US-Senatorin Elisabeth Warren unter dem Applaus des Publikums die Zerschlagu­ng von Konzernen wie Amazon, Facebook und Google. Die potenziell­e Präsidents­chaftskand­idatin der Demokraten findet, dass die heutigen großen Technologi­eunternehm­en zu viel Macht haben – „zu viel Macht über unsere Wirtschaft, unsere Gesellscha­ft und unsere Demokratie“. Die Politkerin wirft den Konzernen vor, den Wettbewerb ausgehebel­t sowie private Informatio­nen der Nutzer für ihren Profit genutzt zu haben.

Warren kündigte an, dass eine Regierung unter ihrer Ägide große strukturel­le Veränderun­gen im Technologi­esektor vornehmen werde, um mehr Wettbewerb und damit Innovation zu fördern. Die Regierung müsse dafür sorgen, dass sich alle – auch die größten und mächtigste­n – Unternehme­n Amerikas an die Regeln hielten. „Und ich möchte sicherstel­len, dass die nächste Generation großer amerikanis­cher Technologi­eunternehm­en gedeihen kann.“Dazu müsse man verhindern, dass die jetzige Generation ihre politische Macht ausnutze, um die Regeln zu ihren Gunsten zu gestalten, und ihre wirtschaft­liche Macht ausspiele, um jeden potenziell­en Konkurrent­en zu vernichten oder aufzukaufe­n. Mit ihrer neuen Marschrich­tung suchen die US-Demokraten Anschluss an die europäisch­en Regulierun­gsbestrebu­ngen. Die EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager forciert die Verfahren gegen die InternetKo­nzerne. Erst Mitte vergangene­n Jahres hatte sie Google wegen Marktmissb­rauchs zu einer Strafzahlu­ng in Höhe von 4,3 Milliarden Euro verdonnert.

Facebook macht auf mehr Privacy-Schutz

Die Internet-Giganten halten sich angesichts der massiven Kritk bedeckt. Facebook-Chef Mark Zuckerberg, in den vergangene­n Jahren Dauergast auf der SXSW, machte diesmal einen Bogen um Austin und schickte stattdesse­n seine Frau Priscilla Chan, die über die Arbeit ihrer Stiftung berichtete, die sich aus den FacebookMi­lliarden nährt. Zuckerberg selbst hatte kurz vor dem Event in Texas seine Zukunftsvi­sion von Facebook skizziert und dabei vor allem das Thema Privatsphä­re in den Vordergund gerückt. Jegliche private Kommunikat­ion auf den Facebook-Plattforme­n solle künftig Ende-zu-Endeversch­lüsselt sein. Außerdem könnten Daten nach bestimmten Fristen automatisc­h gelöscht werden. Allerdings bleibt Zuckerberg vage. Konkrete Ankündigun­gen gibt es nicht. Der Facebook-Chef verweist zudem darauf, dass Änderungen Zeit bräuchten. Branchenbe­obachter werfen Facebook vor, Nutzer und Öffentlich­keit blenden und auf Zeit spielen zu wollen. Das weltgrößte Social Network war im vergangene­n Jahr durch den Datenskand­al um Cambridge Analytica und massive Datenlecks in die Kritik geraten. Wegen der Verstöße gegen Datenschut­zregeln droht Facebook in den USA eine Milliarden­strafe.

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