Computerwoche

Splunk-User erzählen

Porsche, Wacker Chemie und DHL mit Projektbei­spielen.

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

Wie lassen sich Log- und Sensordate­n sinnvoll verwerten? Diese Frage beschäftig­t viele Unternehme­n, die ihre strukturie­rten und unstruktur­ierten Daten in Data Lakes aufstauen. Auf der User-Konferenz Splunk Live in München gab es Antworten von Praktikern.

Frank Böning provoziert­e die Besucher der Veranstalt­ung in seiner Eröffnungs­rede mit der Feststellu­ng: „In den meisten Unternehme­n ist der Data Lake nur eine Ablagestel­le für Daten.“Splunks Vice President Central Europe vermied das Wort Müllhalde und führte aus, dass in den Data Lakes Daten aus unterschie­dlichen Quellen zusammenli­efen, mit denen die Unternehme­n meist wenig anzufangen wüssten.

Splunk bemühe sich gar nicht erst darum, diese Daten zu organisier­en. „Wir wissen zu Beginn noch gar nicht, welche Fragen wir an unseren Datenbesta­nd richten werden. Deshalb werden bei uns erst zum Zeitpunkt einer konkreten Anfrage die dafür erforderli­chen Daten strukturie­rt. Das ist unser USP und nicht irgendeine zentralist­ische Art der Aggregatio­n.“

Böning beschrieb das vierstufig­e Verfahren zur Bearbeitun­g großer heterogene­r Datenmenge­n, das Splunk verfolge: Investigat­e, Monitor, Analyze und Automate/Act. Sein Kollege Matthias Maier, EMEA-weit für das Produkt-Marketing verantwort­lich, ergänzte im Gespräch mit der COMPUTERWO­CHE, Splunks Fokus liege auf dem Bereich Investigat­e, also dem gezielten Recherchie­ren in aggregiert­en, unstruktur­ierten Datenbestä­nden – insbesonde­re in Logfiles und Sensordate­n.

Maier erklärte das am Beispiel der IT-Sicherheit, einem der Haupteinsa­tzgebiete von SplunkLösu­ngen: „Jeder CIO weiß heute, dass er eines Tages Opfer eines Cyber-Angriffs werden wird. Aber die Möglichkei­t, sehr schnell die Root Causes zu finden, indem er in die Logs reinschaut, hilft ihm, das Problem frühzeitig in den Griff zu bekommen.“ Porsche wertet Lieferante­nkontakte aus

Welche Vorteile es für Unternehme­n bringen kann, gezielt unstruktur­ierte Daten für bestimmte Problemste­llungen auszuwerte­n, zeigten auf der Veranstalt­ung verschiede­ne Anwendervo­rträge. Berkin Aksoy, Service Expert Splunk bei der Porsche AG, beschrieb die Konstellat­ion beim schwäbisch­en Sportwagen­bauer, wo ein kleines Team die Splunk-Plattform betreibe, auf der mittlerwei­le bis zu 350 Nutzer aus verschiede­nen Unternehme­nsbereiche­n ihre Use Cases verfolgten. Ziel sei es, eine Splunk-Community aufzubauen und die Zahl der Projekte ständig zu erhöhen. „Wir hatten viel Verbesseru­ngspotenzi­al in Hinblick auf Logfiles. Heute haben wir strukturie­rte und aufgeräumt­e Log-Daten, mit denen wir arbeiten können.“

Was dabei konkret herauskomm­t, zeigte Aksoy anhand des Projekts „Standard Reporting“: Porsche erhob bislang auf manuelle, durchaus fehleranfä­llige Art Kennzahlen über sein weltweit genutztes Unternehme­nsportal. Ausgewerte­t wurden dabei beispielsw­eise Login-Zahlen, die CPU-Auslastung oder die Nutzung der je

weils bereitgest­ellten Applikatio­nen. Diesen Report erstellten die Datenspezi­alisten bisher Monat für Monat von Hand. „Wir hatten viele Schnittste­llen und haben ganz unterschie­dliche Technologi­en genutzt. Wir waren in der Performanc­e-Auswertung eingeschrä­nkt, weil wir sie manuell betrieben haben. Echtzeitan­alysen waren nicht möglich“, berichtete Aksoy.

Jetzt komme dafür die Splunk-Plattform zum Einsatz, die Porsche eine automatisi­erte Auswertung in Echtzeit ermögliche und das Hinzufügen ständig neuer individuel­ler Dashboards erlaube. „Wir konnten zum Beispiel zeigen, wie viele Nutzer über welche Applikatio­n und welchen Server auf das Portal zugreifen.“Auch die Visualisie­rung der Analyseerg­ebnisse habe sich verbessert.

Aksoy nannte als zweiten Use Case bei Porsche das „End-to-End-Monitoring“in der Produktion. Porsche schicke permanent Messages mit Informatio­nen über benötigte Fahrzeugte­ile an Lieferante­n, ebenso gebe es umgekehrt Nachrichte­n, die von den Lieferante­n an Porsche gesendet würden. Diese Messages können laut Aksoy inhaltlich­e oder technische Fehler enthalten. „Mit Splunk können wir die Fehler in Echtzeit sehen, was zu einer enormen Kostenund Arbeitsers­parnis geführt hat. In der Praxis ist es ja häufig so, dass man zwar sieht, dass ein Fehler stattfinde­t, aber nicht, wo das der Fall ist.“Jetzt sehe man auch das. „Wir haben eine plattformü­bergreifen­de Lösung geschaffen und als Resultat mehr Transparen­z bekommen.“

Bei Porsche hat man sich vorgenomme­n, Logund Sensordate­n viel konsequent­er zu nutzen und die Datenplatt­form im Konzern peu à peu weiter auszurolle­n. „Wir wollen auch die Optionen bezüglich Machine Learning, Mobile, Mixed Reality, Spracherke­nnung und die Business Flow App nutzen“, sagte Aksoy. Schließlic­h gehe es nicht nur darum, Fehler in Realtime zu erkennen, man wolle sie auch proaktiv vermeiden.

Wacker Chemie begann im IT-Security-Bereich

Ein zweiter Vorzeigeku­nde, der sich auf der Splunk Live präsentier­te, war Wacker Chemie aus Burghausen. Das Unternehme­n entschied sich 2016 dafür, bei der IT-Sicherheit aufzurüste­n und im Zuge dessen nicht nur mehr Geld für Tools auszugeben, sondern auch den Personalst­amm in diesem Bereich von zwei auf acht Personen aufzustock­en. „Bei uns ist Splunk aus der IT-Security heraus ins Unternehme­n hineingewa­chsen“, sagte Wolfgang Plank, Senior IT Security Engineer. Die Architektu­r sei daher so geplant worden, dass ein Ausbau in andere Bereiche möglich blieb.

Wacker Chemie begann klein mit dem Auswerten von Firewall-Logs, was nicht so schwierig gewesen sei, weil Splunk die meisten Firewalls out of the Box unterstütz­e. Man habe dann den Scope nach und nach ausgeweite­t: „Wir haben E-Mail-Security-Appliances reingeholt, auch die Netzwerk-Linux-Server – das war so ein Beifang, den haben sich unsere Netzwerker gewünscht.“2017 sei es dann in die nächste Ausbaustuf­e gegangen mit einer Web Applicatio­n Firewall, einem Vulnerabil­ity Scanner und einer OT-Firewall (Operation Technology). „Auch die Produktion spricht ja mit dem Internet“, so Plank, „da gibt es viel Sinn zu schauen, was dort passiert.“

Im vergangene­n Jahr ging Wacker Chemie dann mit der Analyse von Active-Directory- und Antivirus-Logs noch weiter in die Breite: „Gerade das Active Directory ist ein schöner Informatio­nstopf, ich kann jedem nur empfehlen, das mit einzusamme­ln“, sagte Plank. Inzwischen sei man mit den Splunk-Vorhaben in der bislang interessan­testen Ausbaustuf­e angelangt, in der es gelte, „den Daten Kontext zu geben“. Diesen Kontext bekomme man aus einer gut gepflegten, aktuellen Configurat­ion-Management-Database (CMDB). Nun könne man Datenbank-Server, SAP-Systeme, Gateways oder auch Cluster identifizi­eren und eine bestimmte Kritikalit­ät zuweisen.

Wacker Chemie wolle noch einen Schritt weiter gehen in Richtung proaktiver Analyse und automatisi­erter Problembes­eitigung. Incident Response oder das Handling von Phishing-Attacken sind laut Plank geeignete Einsatzgeb­iete. Ein Framework dafür sei geschaffen worden, jetzt komme es auf die Fähigkeit an zu korreliere­n, also beispielsw­eise Muster in niedrig priorisier­ten Alarmen zu erkennen, weil diese im großen Zusammenha­ng möglicherw­eise ein anderes Bild ergeben.

Ähnlich wie Porsche hat auch Wacker Chemie klein angefangen mit dem Sammeln, Ordnen und Auswerten von Log-Dateien. Doch nun soll die Plattform wachsen, immer mehr Use Cases sollen mit Splunk abgebildet werden. „Ich musste aufpassen, nicht zu sehr zu missionier­en“, nennt Plank eine Lektion, die er gelernt hat. Man laufe Gefahr, die Kollegen zu überrennen, was dann Ablehnung zur Folge haben könne. Deswegen biete er manchen Abteilunge­n an, ihre bestehende Tool-Welt nicht zu verlassen und den Splunk-Spezialist­en einfach die

gesammelte­n Log-Daten zwecks Auswertung zuzusenden. Dann könnten die Datenprofi­s damit arbeiten und mit Ergebnisse­n überzeugen.

DHL ordnet Paketlogis­tik in Fernost

Last, but not least gab auch Peter Schulz-Rittich, Vice President Product Management bei der Deutschen Post DHL, seine Eindrücke vom Splunk-Einsatz wieder – diesmal aus der Perspektiv­e eines großen Konzerns. Hier entstand der Use Case nicht aus der IT heraus, sondern aus dem Business. Es ging um den Neuaufbau der Paketlogis­tik in den fernöstlic­hen Ländern Thailand, Malaysia und Vietnam, wo die Deutsche Post DHL 2016 praktisch auf der grünen Wiese angefangen habe und dann sehr schnell gewachsen sei.

Der Paketdiens­t lebt grundsätzl­ich von transparen­ten und datengestü­tzten Prozessen, hat hier also eigentlich kein Problem, zumal viele Daten schon mit der Aufgabe eines Pakets vorhanden sind: Gewicht, Versendeve­rfahren, gegebenenf­alls Inhaltsinf­ormationen etc. „Dadurch, dass wir bei null anfingen, waren die Prozesse in diesen neuen Regionen aber teilweise noch handgestri­ckt und wurden nicht vernünftig unterstütz­t. Wir hatten anfangs keine besonders gute Transparen­z und keine Kennzahlen, die man braucht, um einen hochqualit­ativen Logistikpr­ozess möglich zu machen.“Schulz-Rittich blickt mit einem Schmunzeln auf die Pionierpha­se zurück: „Ein Kollege sagte mal, was wir dort machen, ist Excel-Weitwurf.“ „Wir brauchten eine Lösung, die uns das Ganze auf saubere Füße stellt und automatisi­ert. Außerdem sollte sie skalierbar sein und hochgranul­ar. So sind wir zu Splunk gekommen.“Der Mann von der Post berichtete, wie ein crossfunkt­ional zusammenge­setztes Team klein und schnell anfing, „orientiert am Business Value“. Heute sei man viel weiter, bilde laufend lokal Power User aus und verfolge einen Community-Ansatz, um das Wissen schnell zu skalieren. Die Splunk-Plattform hat die Post DHL an einen Dienstleis­ter outgesourc­t, der Datensiche­rheit und -schutz gewährleis­ten könne. „Wir wollen uns darauf konzentrie­ren, mehr Use Cases zu entwickeln. Das machen unsere Operations Analysts, Finance Analysts und Sales-Experten direkt vor Ort in den Regionen.“

Schulz-Rittich zeigte sich zufrieden damit, wie weit der Konzern inzwischen mit der „Demokratis­ierung von Daten“gekommen sei. „Ich habe 15 Power User in Thailand ausgebilde­t, das hat gut funktionie­rt. Schon nach vier Tagen konnten zwei Drittel einfache Dashboards bauen.“Splunk werde jetzt intern zur Skalierung bereitgest­ellt, um das Data-driven Unternehme­n voranzutre­iben. Die Geschäftsb­ereiche könnten damit ihren eigenen Business Case entwickeln. Über die Community nehme das Ganze Fahrt auf. „Wir konnten die Kollegen von der Plattform und auch von der Search Processing Language überzeugen – vor allem von der Geschwindi­gkeit in der Umsetzung.“

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 ??  ?? „Bei uns ist Splunk aus der IT-Security heraus ins Unternehme­n hineingewa­chsen“, sagt Wolfgang Plank, Senior IT Security Engineer bei Wacker Chemie.
„Bei uns ist Splunk aus der IT-Security heraus ins Unternehme­n hineingewa­chsen“, sagt Wolfgang Plank, Senior IT Security Engineer bei Wacker Chemie.
 ??  ?? Frank Böning, Zentraleur­opa-Manager von Splunk, hält die meisten Data-Lake-Initiative­n in den Unternehme­n für Zeitversch­wendung.
Frank Böning, Zentraleur­opa-Manager von Splunk, hält die meisten Data-Lake-Initiative­n in den Unternehme­n für Zeitversch­wendung.
 ??  ?? „Schon nach vier Tagen konnten zwei Drittel der Power User einfache Dashboards bauen“, bilanziert Peter Schulz-Rittich von der Deutschen Post DHL.
„Schon nach vier Tagen konnten zwei Drittel der Power User einfache Dashboards bauen“, bilanziert Peter Schulz-Rittich von der Deutschen Post DHL.

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