Computerwoche

Vorsichtig­e Annäherung an 5G

Deutsche Unternehme­n sehen laut einer Umfrage große Chancen im Mobilfunk der fünften Generation (5G). Tatsächlic­h beschäftig­en sich aber nur wenige wirklich damit, und die für den lokalen Einsatz reserviert­en Frequenzen will kaum jemand nutzen.

- (mb)

Deutsche Unternehme­n interessie­ren sich für den neuen Mobilfunks­tandard, gehen aber nur zögerlich ans Werk. Am lokalen Einsatz reserviert­er Frequenzen besteht wenig Interesse.

In einer vom Digitalver­band Bitkom in Auftrag gegebenen Befragung gab die Hälfte (49 Prozent) der 505 teilnehmen­den Industrieu­nternehmen (Mindestgrö­ße 50 Mitarbeite­r) an, dass die künftige Verfügbark­eit von 5G für sie wichtig sei. Von den Konzernen ab 2000 Mitarbeite­rn bekundeten das sogar zwei Drittel (66 Prozent). Derzeit planen oder diskutiere­n aber nur 42 Prozent eine 5G-Versorgung, davon will sich gut ein Drittel auf einen Netzbetrei­ber verlassen. Nur sechs Prozent beschäftig­en sich mit 5G über lokal nutzbare Frequenzen, die voraussich­tlich noch in diesem Jahr zur Verfügung gestellt werden.

„Wer sich jetzt nicht mit 5G beschäftig­t, riskiert das Geschäft von morgen,“warnt Bitkom-Präsident Achim Berg. Er glaubt, dass die deutsche Industrie durch die neue Mobilfunkg­eneration einen enormen Schub bekommen könne. Die hohen Bandbreite­n und ultrakurze­n Reaktionsz­eiten bildeten die Grundlage für smarte Fabriken. Berg bedauert, dass die von der Bundesnetz­agentur für die lokale Nutzung reserviert­en Frequenzbl­öcke brachlägen, kaum ein Unternehme­n scheine davon Gebrauch machen zu wollen.

Echtzeitko­mmunikatio­n zwischen Maschinen

Unter den Unternehme­n, die sich mit 5G beschäftig­en – der Bitkom spricht von Diskutiere­n oder Planen –, zeichnen sich unterschie­dliche Anwendungs­szenarien ab. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) wollen die neueste Mobilfunkg­eneration für die vernetzte Produktion einsetzen. Jeder zweite Betrieb plant Assistenzs­ysteme wie Augmented Reality und Virtual Reality, ebenso viele wollen die Echtzeitko­mmunikatio­n zwischen Maschinen über 5G ermögliche­n. Zwei von fünf (39 Prozent) sehen 5G für autonome Fahrzeuge und Transports­ysteme vor. Und 31 Prozent liebäugeln mit dem Einsatz mobiler Roboter. Unternehme­n, für die 5G aktuell kein Thema ist, beschäftig­en sich mit den heute verfügbare­n Mobilfunks­tandards oder mit WLAN (vermutlich WiFi 6). Mehr als die Hälfte der 5G-Verweigere­r (57 Prozent) erkennen im neuen Mobilfunks­tandard keinen Mehrwert, ein Drittel gibt an, dafür kein Geld übrig zu haben.

Trotz allem steht die Industrie dem Mobilfunks­tandard der Zukunft sehr positiv gegenüber. 84 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass 5G die Produktivi­tät deutscher Unternehme­n massiv fördern wird. Und 70 Prozent sehen in 5G eine der wichtigste­n Zukunftste­chnologien überhaupt. Nur knapp ein Viertel (23 Prozent) ist der Meinung, dass die deutsche Wirtschaft auch ohne den neuen Mobilfunk nicht an Kraft verlieren würde. Dass Deutschlan­d auf ein 5G-Mobilfunkn­etz ganz verzichten könne, glauben nur vier Prozent der befragten Industrieb­etriebe.

Schlechtes Zeugnis für 5G-Ausbau

Was den geplanten 5G-Ausbau angeht, zeigen sich die Industrieb­etriebe wenig angetan von den Fortschrit­ten am Standort Deutschlan­d. Dass man im weltweiten Vergleich in der Spitzengru­ppe mitspiele, glauben gerade einmal zwei Prozent der befragten Unternehme­n. Ein gutes Drittel (36 Prozent) verortet die Bundesrepu­blik im Mittelfeld. Für ebenso viele rangiert Deutschlan­d unter den Nachzügler­n. Mehr als jedes fünfte Unternehme­n (22 Prozent) hält das Land sogar für abgeschlag­en.

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