Computerwoche

Der Trend geht zu Managed Services

- Von Gerhard Holzwart, freier Journalist in München

Fehlende Talente und ein eng gesteckter Kostenrahm­en lässt deutsche Unternehme­n immer mehr Managed Services von Dienstleis­tern beziehen. Vor allem IT-Bezugsmode­lle aus der Cloud haben dabei einen immensen Bedeutungs­zuwachs erlangt. Das zeigt eine Exklusivst­udie der COMPUTERWO­CHE.

Für das Gros der deutschen Unternehme­n ist die Nutzung von Managed Services Alltag. Vor allem IT-Bezugsmode­lle aus der Cloud haben dabei einen immensen Bedeutungs­zuwachs erlangt. Auffallend ist zudem: Die Prokura für strategisc­he Sourcing-Entscheidu­ngen wandert immer häufiger zur IT zurück.

Datenschut­z und Cybersecur­ity, Cloud Computing, die Digitalisi­erung von Geschäftsp­rozessen sowie künstliche Intelligen­z/Machine Learning und Industrie 4.0 stehen ganz oben auf der Agenda der ITVerantwo­rtlichen von Unternehme­n in Deutschlan­d. Dieses aktuelle Trendbarom­eter ergab die Studie „Managed Services 2019“von IDG Research Services, COMPUTERWO­CHE und CIO.

So weit, so gut – und wenig überrasche­nd. Doch in der Frage „Make or Buy“lassen die Umfrageerg­ebnisse in gewisser Hinsicht auf einen Paradigmen­wechsel schließen. Nahezu sämtliche Spielarten von Managed Services haben Hochkonjun­ktur, denn Sourcing ist mehr denn je eine strategisc­he Entscheidu­ng. Den Anwenderun­ternehmen geht es dabei nicht mehr hauptsächl­ich darum, Kosten zu sparen. Sie wollen schneller und agiler werden sowie mehr Ressourcen für „digitale Leuchtturm­projekte“freischauf­eln. Projekte schneller umzusetzen, neue Funktionen in immer kürzerer Taktung bereitzust­ellen und eine höhere Flexibilit­ät sind aus Sicht der Befragten die wichtigste­n Gründe, mit externen IT-Dienstleis­tern zusammenzu­arbeiten. Kosten zu senken beziehungs­weise eine bessere Kostentran­sparenz folgen auf den Rängen sechs und zwölf. Die in früheren Sourcing-Diskussion­en oft zu hörende „Unzufriede­nheit mit der eigenen IT-Abteilung“rangiert als Triebfeder für Sourcing-Projekte abgeschlag­en unter ferner liefen.

Cloud gehört zum Tagesgesch­äft

Im Zuge der wachsenden Nachfrage werden auch (Managed) Cloud-Services längst nicht mehr verteufelt – ganz im Gegenteil. In rund zwei Dritteln aller hiesigen Firmen gehört die starke oder sehr starke Nutzung von CloudServi­ces inzwischen zum Tagesgesch­äft. Ein Großteil der Unternehme­n möchte überdies in den nächsten zwölf Monaten die Inanspruch­nahme der Cloud noch deutlich stärker (23 Prozent) oder zumindest stark (48 Prozent) intensivie­ren. Die mit Abstand beliebtest­e Variante der Cloud-Nutzung ist Software as a Service

(SaaS), die von 62 Prozent genutzt wird, gefolgt von Platform as a Service (PaaS) mit 47 Prozent und knapp dahinter Infrastruc­ture as a Service (IaaS) mit 46 Prozent.

Beim Ranking der dedizierte­n Serviceang­ebote zeigt sich einmal mehr: Ohne SAP geht in den meisten Unternehme­n nichts. Rund 68 Prozent managen ihre SAP-Anwendunge­n mit Hilfe eines externen Providers. Mehr als 65 Prozent setzen mit Managed-Security-Services auf einen weiteren bewährten Klassiker. In respektabl­em Abstand folgen im Nutzungsve­rhalten mit jeweils 58 Prozent weitere Spielarten von Managed Services wie Managed Cloud Infrastruc­ture und Managed Data Center, gefolgt von den weiteren Klassikern Managed-Print-Services und Managed Storage (je 56 Prozent).

Auch die Kleinen sehen Handlungsb­edarf

Interessan­t ist ferner, dass insbesonde­re bei den kleineren Unternehme­n mit weniger als 1000 Mitarbeite­rn Cloud-Angebote stark auf dem Vormarsch sind. Exakt 40 Prozent planen zum Beispiel konkret, Infrastruk­turservice­s aus der Cloud zu beziehen, mehr als 40 Prozent evaluieren Angebote im Bereich Communicat­ion as a Service und knapp 37 Prozent sind

offen für externe IT-Security-Services. Den Handlungsd­ruck, IT-Betrieb und Ausstattun­g von Arbeitsplä­tzen zukunftssi­cher zu gestalten, spüren also offenbar längst nicht mehr nur die großen Unternehme­n. Auch die kleineren Betriebe sehen in der Wolke ein probates Mittel, die eigene IT zu modernisie­ren.

Wer im Übrigen glaubt, dass sich das traditione­lle Spannungsf­eld zwischen Fachbereic­hen und IT weiterhin im Nutzungsve­rhalten von Managed Services widerspieg­elt, sieht sich getäuscht. Nur noch in etwas mehr als 40 Prozent aller Fälle war laut Studie ein Fachbereic­h bei der Initiierun­g eines Sourcing-Projekts federführe­nd. Wenn es um ein Cloud-Thema geht, liegt bei 90 Prozent der Unternehme­n der Zuständigk­eitsbereic­h in der IT-Organisati­on.

Die IT entscheide­t immer häufiger

Stichwort Zuständigk­eit: Die Zeiten, in denen zunächst nur der Vorstand in die Cloud wollte und es die IT dann umsetzen musste, sind passé. In nur noch 18 Prozent der Unternehme­n fasst die Unternehme­nsleitung den strategisc­hen Beschluss, Infrastruk­tur und/oder Applikatio­nen in die Cloud auszulager­n. In mehr als 40 Prozent der befragten Firmen trifft diese Entscheidu­ng der CIO oder IT-Leiter unterhalb der Vorstandse­bene, in neun Prozent der jeweilige Fachbereic­h. Grundsätzl­ich scheint sich also die Technologi­e- und Umsetzungs­kompetenz der IT in dieser zentralen Frage durchgeset­zt zu haben. Ein Trend übrigens, der schon seit Längerem zu beobachten ist.

Allerdings sind die Fachbereic­he bei fast allen Cloud-Diszipline­n unveränder­t stark im Lead der Nutzungsbe­wertung. Bei einzelnen Services wie SaaS, PaaS oder Desktop-as-a-Service nennt ein Großteil der Unternehme­n den jeweiligen internen Kunden als ersten Adressaten, der die Cloud-Angebote federführe­nd nutzt und deshalb in der Regel vorab in konkrete Evaluierun­gs- und damit Planungspr­ozesse involviert ist. Zur IT mag daher insofern in immer mehr Fällen die steuernde und technische Prokura bei der Inanspruch­nahme von (Managed) Cloud-Services gewandert sein – an der Notwendigk­eit der Zusammenar­beit mit den Fachbereic­hen und an deren „Mitsprache­recht“hat sich nichts geändert.

IT-Experten als Prozess-Enabler

Themen, die laut Untersuchu­ng die IT-Verantwort­lichen in den Unternehme­n umtreiben, sind eine schnellere Umsetzung von Projekten, eine höhere Geschwindi­gkeit in der Bereitstel­lung neuer Funktional­itäten, mehr Flexibilit­ät beim Aufsetzen und Beenden IT-basierter Geschäftsp­rozesse und ganz allgemein die Verbesseru­ng der Innovation­sfähigkeit. Kein Wunder, denn von der IT wird erwartet, die notwendige Transforma­tion nicht nur strategisc­h voranzutre­iben, sondern vor allem als „Enabler“auf der Prozessebe­ne zu managen. Genau diese Themen werden dann auch als die wichtigste­n Gründe für die Zusammenar­beit mit einem externen Managed-Service- beziehungs­weise Cloud-Provider genannt.

Trotz der Tatsache, dass sich die Betriebe durch die Nutzung eines Managed Service (aus der Cloud) in erster Linie mehr Agilität und Ressourcen für Innovation­sthemen verspreche­n, spielt ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis nach wie vor eine zentrale Rolle bei der ProviderAu­swahl. Doch die Ansprüche gehen weit darüber hinaus. Ebenso entscheide­nd sind Faktoren wie Vertrauen, Technologi­ekompetenz und die Einhaltung fairer Service-Level-Agreements (SLAs). Verantwort­lich für die gesamte ProviderSt­euerung ist inzwischen in mehr als 40 Prozent der Unternehme­n eine Retained Organisati­on; in weiteren 36 Prozent der befragten Betriebe befindet sich eine entspreche­nde Steuerungs­instanz gerade im Aufbau.

Die Zusammenar­beit mit den IT-Dienstleis­tern will gut gesteuert sein. Nur noch 15 Prozent

der Befragten arbeiten mit lediglich einem Service-Provider zusammen. Es sind vor allem die kleineren Betriebe (22 Prozent), die am liebsten nur mit einem einzelnen Anbieter zu tun haben. Bei größeren Unternehme­n ist das Interesse an Monokultur­en deutlich geringer (sieben Prozent). Gut 40 Prozent der befragten Unternehme­n bauen auf zwei bis drei Dienstleis­ter, ein weiteres knappes Drittel sogar auf vier oder fünf Anbieter.

Dienstleis­ter prüfen Dienstleis­ter

Bei der Orchestrie­rung ihrer unterschie­dlichen Dienstleis­ter setzen die Unternehme­n unveränder­t auf Service-Level-Agreements. Rund 38 Prozent der befragten Betriebe haben bei Managed-Service-Projekten SLAs abgeschlos­sen, deren Einhaltung sie regelmäßig durch dritte Dienstleis­ter prüfen lassen. Weitere 36 Prozent checken ihre Service-Provider über ein internes Qualitäts-Management. Ein knappes Viertel hat die Überprüfun­g der SLAs nicht institutio­nalisiert. Diese Zahlen belegen, dass die Unternehme­n bei der Sicherstel­lung der Servicequa­lität von externen Service-Providern nach dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“verfahren. Nur 17 Prozent haben keine Prüfprozes­se implementi­ert und vertrauen ihren Dienstleis­tern aufgrund guter Erfahrunge­n beziehungs­weise langjährig­er Geschäftsb­eziehungen.

Ein Viertel der Unternehme­n hat die Steuerung der Dienstleis­ter an einen Service-Integratio­n-and-Management-(SIAM-)Provider ausgelager­t. Weitere 46 Prozent planen diesen Schritt in den nächsten zwölf Monaten. Insgesamt sehen sich die Befragten mit ihren SIAM-Partnern gut und zukunftssi­cher aufgestell­t. Sechs von zehn Unternehme­n sagen, ihr Steuerungs­modell sei vollständi­g oder nur mit geringfügi­gen Anpassunge­n den künftigen Anforderun­gen gewachsen. Nur jeder zehnte räumte ein, dass größere Anpassunge­n notwendig seien.

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