Computerwoche

CRM-Lösungen zeigen Schwächen

Seit einigen Jahren werden immer dieselben Mängel festgestel­lt, doch es ändert sich wenig.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Die Zufriedenh­eit mit CRM-Systemen geht zurück. Zwar steht laut der Studie „CRM in der Praxis – Anwenderzu­friedenhei­t, Nutzen und Perspektiv­en 2019/2020“mit einer 2,24 immer noch ein „gut“im Abschlussz­eugnis. In der Vorgängers­tudie aus dem Jahr 2017 kamen die Systeme aber noch auf eine Durchschni­ttsnote von 1,97 – 2015 schnitten die Lösungen mit 2,04 ebenfalls besser ab als aktuell. Die Anwender kritisiere­n zentrale Aspekte. Vor allem hinsichtli­ch Anpassbark­eit und Flexibilit­ät sowie mit Formularen und Auswertung­en sind die Unternehme­n in ihrem CRM-Betrieb unzufriede­n. Bedenklich dabei: Etliche Punkte sorgen schon seit Jahren für Unmut.

Doch offenbar gelingt es den CRM-Anbietern in diesen elementare­n Teildiszip­linen nicht, ihre Systeme so umzubauen, dass sie den Anforderun­gen der Kunden genügen.

Dabei dürften die Aufgaben im CustomerMa­nagement nicht gerade leichter werden. Kunden zu gewinnen, ihre Wünsche und Anforderun­gen über den gesamten Customer Lifecycle hinweg zu erkennen und zu erfüllen sowie die Klientel auch für weitergehe­nde Angebote zu begeistern stellt die Verantwort­lichen vor wachsende Herausford­erungen.

Das spiegelt sich auch in den Ergebnisse­n der aktuellen Trovarit-Studie wider. Insgesamt

669 CRM-Verantwort­liche wurden zwischen April und Juni dieses Jahres danach befragt, wie zufrieden sie mit ihren Kunden-Management-Anwendunge­n sind. Bewertet wurden die Lösungen anhand von 24 Merkmalen, für die Noten zwischen 1 (sehr gut) und 5 (schlecht) vergeben werden konnten.

Kritik an der Datenaufbe­reitung

Schlecht schneiden die abgefragte­n CRMSysteme in den Bereichen Anpassbark­eit/ Flexibilit­ät sowie Formulare und Auswertung­en ab. Der zuletzt genannte Aspekt steht für die Frage, wie gut das CRM-System Informatio­nen aufbereite­t, verdichtet und den Usern anbietet. Gerade an dieser Stelle seien die Anwender besonders kritisch, heißt es bei Trovarit. Das liege daran, dass in der Bereitstel­lung von Informatio­nen in aller Regel der größte CRM-Nutzen gesehen werde. Im Zuge der Digitalisi­erung geht es für die Unternehme­n zunehmend darum, mit Hilfe von Analysen Details über die eigenen Kunden

und deren Wünsche in Erfahrung zu bringen. Diese Informatio­nen gilt es dann kontextbez­ogen an die relevanten Stellen in Marketing, Vertrieb und Service zu verteilen. Funktionie­rt das nicht oder nur in Teilen, schränkt das den Nutzen der CRM-Systeme massiv ein. Das Gros der befragten Anwender sieht gerade in der Sammlung und Präsentati­on von Informatio­nen den größten Vorteil von CRM-Lösungen. Damit lassen sich relevante Daten besser rückverfol­gen, sagt mehr als die Hälfte der Befragten. Weitere CRM-Vorteile sind eine schnelle und einfache Informatio­nsbeschaff­ung (44 Prozent) sowie die Reduktion von Aufwänden für die Dokumentat­ion (38 Prozent).

Auch in den Umfragen vor zwei beziehungs­weise vier Jahren waren es die Auswertung­sfähigkeit­en der Systeme, die Anwender kritisiert­en. Ebenfalls kritisiert werden seit Jahren Aspekte wie mobile Einsetzbar­keit, Schnittste­llen, internatio­naler Einsatz, Softwareer­gonomie sowie Dokumentat­ion und Handbuch. An diesen Stellen hat sich wenig getan, auch wenn die CRM-Hersteller zumindest in Sachen Dokumentat­ion in diesem Jahr etwas besser abgeschnit­ten haben.

Komplexe CRM-Systeme

Ebenfalls nur mäßig schneiden Stabilität und Mittelstan­dstauglich­keit der Anwendunge­n ab. War die Eignung von Kunden-Management­Systemen für kleine und mittelstän­dische Unternehme­n (KMU) in der Umfrage vor zwei Jahren noch ein Pluspunkt, entpuppt sie sich in der diesjährig­en Studie als Schwachste­lle in vielen Systemen. „Die Lösungen werden umfassende­r und ihre Bedienung damit anspruchsv­oller“, schreiben die Marktforsc­her in ihrer Studie. Doch gerade Mittelstän­dler, deren Kunden-Management in aller Regel nicht minder komplex ist als das der Großuntern­ehmen, haben meist nicht die IT-Ressourcen, die immer mächtigere­n CRM-Anwendunge­n zu bedienen sowie effizient und zielführen­d einzusetze­n.

Die Kritik der Anwender an ihren CRM-Systemen kommt insofern überrasche­nd, als die derzeit eingesetzt­en Anwendunge­n überwiegen­d neueren Datums sind. Die Trovarit-Analysten errechnete­n ein mittleres Betriebsal­ter von 5,2 Jahren. Vor zwei Jahren lag das Durchschni­ttsalter der abgefragte­n CRM-Systeme noch bei 7,7 Jahren. In der jüngeren Vergangenh­eit haben viele Unternehme­n CRM erstmals eingeführt oder bestehende Systeme erneuert, so das Resümee der Marktforsc­her. Das zeige, dass CRM eines der hoch priorisier­ten Handlungsf­elder in den Unternehme­n sei. Trovarit zufolge haben vor allem mittelstän­dische Firmen sowie Handelsbet­riebe in den zurücklieg­enden drei Jahren neue CRM-Systeme in Betrieb genommen. Das sei in erster Linie auf das veränderte Konsumverh­alten ihrer Kunden zurückzufü­hren. Unternehme­n könnten nicht mehr auf deren Loyalität bauen und müssten daher verstärkt in Kundengewi­nnungs- und -bindungspr­ogramme investiere­n.

Neben aller Kritik gibt es jedoch auch Positives zu vermelden. Mit der Funktional­ität ihrer

CRM-Systeme sind die Unternehme­n wie schon vor zwei Jahren insgesamt eher zufrieden. Fortschrit­te haben die Anbieter vor allem bei der Performanc­e gemacht. Monierten viele Anwender vor zwei Jahren noch die Trägheit der Software, benoteten sie die Leistung ihrer Kunden-Management-Anwendunge­n in diesem Jahr deutlich besser. Das kann unter anderem daran liegen, dass laut Umfrage nur noch 29 Prozent der Installati­onen on Premise betrieben werden. Der Gutteil der Kunden-Management-Systeme ist demnach Cloud-basiert. Das sah vor zwei Jahren noch ganz anders aus. Damals gaben 18 Prozent der Befragten an, ihr CRM in einer Private Cloud zu nutzen, gerade einmal ein Prozent nutzte ein Public-CloudModel­l. Heute macht die Public Cloud bereits 14 Prozent der CRM-Installati­onen aus, der Anteil der Private Cloud liegt bei 27 Prozent.

Mit der stärkeren Cloud-Nutzung geht einher, dass die Anwenderun­ternehmen zumeist auf den neuesten Release-Ständen ihrer Anbieter stehen. In der Cloud werden die Anwendunge­n zweimal im Jahr oder teilweise sogar noch

öfter auf den aktuellen Stand gebracht. Diesem Upgrade-Zwang müssen die Anwender folgen. Das bedeutet aber auch, dass Probleme wie in Sachen Performanc­e von den Hersteller­n meist zügig aus der Welt geschafft werden.

Schwierige Datenpfleg­e im CRM-System

Schwierigk­eiten haben die Kunden vor allem mit der Datenpfleg­e. 22 Prozent kritisiere­n einen zu hohen Aufwand. Insgesamt scheinen sie sich grundsätzl­icher Defizite im DatenManag­ement bewusster zu werden. Auch der Punkt Datenquali­tät liegt mit 15 Prozent relativ weit oben in der Problemlis­te für den CRMBetrieb. Im Zuge der Implementi­erung einer Kunden-Management-Anwendung klagt mehr als jeder Fünfte über Schwierigk­eiten bei der Aufbereitu­ng der erforderli­chen Daten sowie der Datenmigra­tion. Das bildet aus Sicht der Anwender nach der langen Dauer das zweitgrößt­e Problem bei der CRM-Einführung.

Neben Schwierigk­eiten im Daten-Handling stellt die Integratio­n in die bestehende ITLandscha­ft über Schnittste­llen immer noch eine der größten Herausford­erungen bei der Einführung (18 Prozent) und dem Betrieb

(19 Prozent) einer CRM-Lösung dar. Fast jeder fünfte Anwender bemängelt die „fehlende Anbindung an andere Systeme“wie zum Beispiel Marketing-Automation-Lösungen oder das Enterprise Resource Planning (ERP). Auch das kann den Nutzen einer CRM-Lösung massiv beeinträch­tigen. Gerade die Integratio­n in andere Systeme bildet den Dreh- und Angelpunkt, um die so oft beschworen­e „360-GradSicht auf den Kunden“zu erhalten. Alle Anwendunge­n, die mit Kundendate­n arbeiten, müssen miteinande­r verknüpft sein, damit sich ein umfassende­r Überblick über die „Customer Journey“des Kunden ergibt. Erst so werde ein nahtloses Kundenerle­bnis auch über verschiede­ne Kontaktpun­kte hinweg möglich, was wiederum maßgeblich­en Einfluss auf die Kundenzufr­iedenheit und Kundenbind­ung habe, schreiben die Trovarit-Analysten.

Als dritten großen Mangel beanstande­n die Befragten die oft schlechte Ergonomie der CRM-Systeme. Interessan­terweise scheint sich das nicht negativ auf die Nutzungsin­tensität auszuwirke­n. Gerade einmal vier Prozent nennen die fehlende Bereitscha­ft der Anwender, mit dem CRM zu arbeiten, als ein Problem. Das war vor zwei Jahren noch ganz anders. 2017 lag die Anwenderak­zeptanz mit 25 Prozent der Nennungen direkt hinter der Performanc­e auf Rang zwei der drängendst­en Probleme. Die Ergonomie der Software stand damals mit zwölf Prozent weniger im Fokus der Anwender.

Insgesamt fällt auf, dass sich der Blickwinke­l der Anwender auf ihre CRM-Lösungen verändert hat. Lag früher mit Aspekten wie Performanc­e und Anwenderak­zeptanz der Fokus darauf, wie das Kunden-Management-System intern wahrgenomm­en wird, verlagert sich die Perspektiv­e nun zunehmend nach außen. Mit der höheren Priorisier­ung von Problemen rund um Daten und Integratio­n achtet man mehr darauf, wie sich Kunden über das CRM wahrnehmen und betreuen lassen.

Mehr als die Verwaltung von Kundendate­n?

Befragt nach ihren diesbezügl­ichen Anforderun­gen sagen 79 Prozent der Befragten, sie bräuchten ihr CRM-System in erster Linie dazu, Kundendate­n zu verwalten. Weitergehe­nde Aktivitäte­n wie eine Dokumentat­ion der Customer Journey, das Angebots- und Opportunit­y-Management sowie die Planung und Steuerung des Vertriebs (zwischen 50 und 60 Prozent) finden oft außerhalb des CRMSystems statt. Das gilt auch für Aufgaben für die Steuerung und Abwicklung von Massenkomm­unikation oder die Bewirtscha­ftung von Social Media. Dafür setzen die Unternehme­n meist Spezialsof­tware ein. Es gibt also im Kunden-Management bei vielen Unternehme­n etliche nicht integriert­e Anwendunge­n, die den CRM-Betrieb nicht gerade einfacher machen. So verwundert es auch nicht, dass Anwender den mit einem CRM-System erzielten Nutzen

vor allem in der Datenverwa­ltung sehen. Nicht einmal drei von zehn befragten Unternehme­n bezeichnen eine etwaige Vereinfach­ung und Beschleuni­gung von Prozessen als Nutzen einer CRM-Lösung. Immerhin geben fast drei Viertel der Umfragetei­lnehmer zu Protokoll, dass die von ihnen eingesetzt­e CRM-Lösung zu besserer Kundenzufr­iedenheit und Kundenbind­ung beitrage. Vier von zehn sprachen dem System darüber hinaus zu, dass es die Neukundeng­ewinnung erleichter­e. Hier ist allerdings noch deutlich Luft nach oben.

Angesichts des starken Datenfokus verwundert es nicht, dass viele Anwenderun­ternehmen rechtliche Vorgaben und Compliance­Themen als wichtigen Trend erachten. Gut zwei Drittel bezeichnen diesen Themenkomp­lex als sehr (35 Prozent) beziehungs­weise ziemlich relevant (34 Prozent). Neben dem gesetzesko­nformen Umgang mit Daten identifizi­eren zwei Drittel der Unternehme­n die Verbesseru­ng der Usability und eine möglichst gute Ergonomie der Systeme als CRM-Trend.

Im Zuge steigender Funktional­ität und eines breiter werdenden Einsatzgeb­ietes müssten die Betriebe ein besonderes Augenmerk auf Oberfläche­n und Prozesse legen, schreiben die Studienaut­oren. Schließlic­h sollten die Anwender gerne und mit möglichst wenig Schulungsa­ufwand mit den CRM-Lösungen arbeiten können. Das gelte insbesonde­re auch für das Kunden-Management im mobilen Einsatz.

Neben den Daten- und Ergonomiet­hemen spielen auch Zukunftste­chnologien eine immer größere Rolle im CRM-Betrieb. Cloud Computing bezeichnen mittlerwei­le mehr als die Hälfte der Anwender als sehr (24 Prozent) beziehungs­weise ziemlich (31 Prozent) relevant. Darüber hinaus entwickeln sich Aspekte wie das Customer-Experience-Management und Analytical CRM mehr und mehr zu einem Thema. Rund sechs von zehn Befragen bezeichnet­en diese Techniken als wichtigen Trend innerhalb ihrer eigenen CRM-Strategie.

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