HPE baut Cockpit für hybride Welten
CEO Antonio Neri stellt „Greenlake Central“vor.
CEO Antonio Neri arbeitet mit Hochdruck am neuen Geschäftsmodell von Hewlett-Packard Enterprise (HPE). Für das kommende Serviceportfolio hat der IT-Pionier das Cockpit „Greenlake Central“vorgestellt, das die Steuerung hybrider IT-Landschaften erleichtern soll.
Antonio Neri, President und CEO von Hewlett-Packard Enterprise, trimmt das Unternehmen auf einen neuen Kurs. „Wir sind eine Edge-to-Cloud-Platformas-a-Service-Company“, bekräftigte der Manager auf der Kundenkonferenz Discover More Anfang Dezember in München. „Wir richten unser Handeln darauf aus, wie wir Kunden optimal ansprechen und gut mit unseren Partnern zusammenarbeiten.“
Hinter dem Begriff Edge-to-Cloud-Platform-asa-Service-Company steckt die Idee eines neuen Geschäftsmodells. Statt Produkte zu verkaufen, will HPE sein gesamtes Portfolio bis 2022 auch in einem As-a-Service-Modell anbieten. Dabei sollen die Kunden nur die Ressourcen bezahlen müssen, die sie wirklich nutzen. Allerdings soll es auch künftig weiter die
Wahl geben, HPE-Systeme zu kaufen oder im Pay-per-use-Modell zu beziehen.
Mit „Greenlake Central“hat der Anbieter in München den eigener Einschätzung nach „nächsten Meilenstein“seiner As-a-ServiceStrategie vorgestellt. Kunden sollen damit ein As-a-Service-Portal beziehungsweise eine Konsole für einen einheitlichen Betrieb und ein umfassendes Management hybrider IT-Infrastrukturen erhalten. Mit Hilfe der Plattform ließen sich Kosten senken und Risiken kontrollieren. Außerdem bekämen Anwender eine bessere Kontrolle über ihre IT-Infrastruktur. Die Steuerung der IT-Landschaft werde schneller und einfacher.
„HPE Greenlake Central ist eine Plattform, die die Spielregeln in der hybriden IT verändert“, sagte HPE-Chef Neri. Es handle sich um eine Kernkomponente der As-a-Service-Strategie. Man wolle Anwendern eine Cloud Experience über ihre gesamte IT-Infrastruktur hinweg verschaffen und ihnen helfen, Workloads wie Daten dort zu managen, wo sie liegen – vom Netzwerkrand, dem Edge, über das eigene Rechenzentrum bis in die Cloud. CIOs könnten sich mit Hilfe der Konsole als strategische Service-Broker positionieren und ihre Unternehmen steuern.
Cloud-Experience fürs Rechenzentrum
Den HPE-Ausführungen zufolge ist das Handling von Cloud-Ressourcen der entscheidende Maßstab. Mit wenigen Klicks soll es möglich sein, Workloads und Daten über die gesamte Infrastruktur an die passenden Stellen zu verteilen. „Einfach, einfach, einfach“, gibt Neri die Marschrichtung vor.
HPE war Ende 2017 mit GreenLake gestartet und hatte eine Reihe von vorpaketierten Lösungen mit einem verbrauchsabhängigen Lizenzmodell vorgestellt, darunter eine BigData-Lösung inklusive vorintegriertem Hadoop-Data-Lake. Unter anderem wurden
dabei auch klassische On-Premise-Produkte mit Public-Cloud-Diensten verknüpft. Im Sommer dieses Jahres kündigte HPE dann an, sein gesamtes Portfolio bis 2022 in einem As-a-Service-Modell anbieten und sich in eine Service-Company verwandeln zu wollen.
Dreh- und Angelpunkt dieser Strategie ist die GreenLake-Plattform, die HPE sukzessive ausbaut. Im Sommer 2019 kamen vorkonfigurierte Pakete mit Lösungen für Rechenleistung, Datenbanken, Private-Cloud-Umgebungen, Storage und Virtualisierung hinzu. Darüber hinaus wurde ein Greenlake-Paket für den Edge-Bereich angekündigt. Eine Network-as-aService-(NaaS-)Lösung basiert auf Aruba, dem 2015 von HPE übernommenen Netzspezialisten, und beinhaltet neben Hardwarekomponenten wie Switches auch Sicherheits-, Management- und Analytics-Features.
Steuerkonsole für viele Abteilungen
Nun kommt mit Greenlake Central eine zentrale Komponente hinzu: die ManagementKonsole. Sie umfasst HPE zufolge die gesamte hybride IT-Umgebung, vom eigenen Rechenzentrum über Ressourcen aus der Public Cloud bis hinein in den Edge-Bereich. Anwender könnten damit die Betriebsplattform für ihre Anwendungen frei konfigurieren sowie Workloads orchestrieren. Dabei bezahlten sie nur, was sie tatsächlich nutzen, versprechen die HPE-Verantwortlichen. Das Payper-Use-Modell skaliere nach oben wie nach unten.
Nutzer des Steuerungs-Cockpits sieht HPE nicht nur in der IT-Abteilung. Beispielsweise erhielten Finanzverantwortliche via Greenlake Central Einblicke über Verbrauch und Kosten von IT-Ressourcen und könnten ihre Einsichten mit Budgetvorgaben abgleichen. Die Compliance-Verantwortlichen könnten den Governance- und Sicherheitsstatus der hybriden IT-Umgebung ihres Unternehmens abfragen. So lasse sich beispielsweise feststellen, wer wann auf welche Daten zugegriffen hat. Risiken können demnach über ein Dashboard identifiziert und beseitigt werden. In Greenlake Central stehen HPE zufolge mehr als 1000 Kontrollpunkte zur Verfügung, um die Einhaltung von Unternehmens- und Branchenrichtlinien sicherzustellen. Darüber hinaus könnten eigene Frameworks sowie Regelwerke integriert werden.
HPE geht es mit Greenlake Central darum, Anwendern eine Cloud-ähnliche Erfahrung über die gesamte IT-Infrastruktur hinweg zu ermöglichen. „Die Cloud ist kein Ziel, sondern eine Erfahrung“, sagt Neri. Anwender erwarteten heute, ihre Data Center genauso einfach und flexibel steuern und verwalten zu können wie Ressourcen in der Cloud. Zudem verspricht der Anbieter seinen Kunden, die vorhandenen Ressourcen effizienter nutzen zu können. Mit Greenlake Central gebe es kein Over-Provisioning mehr, versichert Neri, „und damit kein Over-Pay“.
Die IT-Welt bleibt hybrid
Bei HPE geht man davon aus, dass die IT-Welt noch lange hybrid aussehen wird. Trotz der schnellen Bereitstellung neuer Anwendungen in der Cloud gestalte sich die digitale Transformation der Unternehmen eher komplex, kostspielig und langsam. Zudem verbleibe der größte Teil der Anwendungen und Daten in den eigenen Rechenzentren, gleichzeitig wachse die Bedeutung des Netzrands, des sogenannten Edge. „Als Folge davon sind die hybriden IT-Umgebungen der Unternehmen heterogen und es mangelt an Kontrolle und Transparenz der Kosten und Risiken“, so das Fazit der HPE-Verantwortlichen.
Greenlake Central beinhaltet deshalb
Widgets, mit deren Hilfe Anwender aus der Management-Konsole heraus Kanäle in CloudPlattformen wie AWS, Google und Microsoft Azure öffnen können, um in der Public Cloud Ressourcen zu verwalten. Die Cloud-Hyperscaler sieht Neri allerdings auch als die großen Konkurrenten. AWS, Microsoft und Google hatten in den vergangenen Monaten selbst Werkzeuge vorgestellt, mit deren Hilfe sich Cloud wie On-Premise-Infrastrukturen parallel steuern und verwalten lassen. Das funktioniert mittlerweile auch Cloud-übergreifend. Beispielsweise hat Microsoft mit „Azure Arc“jüngst ein Management-Tool präsentiert, das
laut Anbieter auch Cloud-Ressourcen von AWS und Google managen kann.
Die Cloud-Provider proklamieren als Vorteil für sich, dass ihre Verwaltungs-Tools produktunabhängig mit jeglicher Hardware beim Kunden umgehen können, sich also Systeme aller Hersteller managen ließen. An dieser Stelle muss HPE einräumen, dass Greenlake in erster Linie auf die eigenen Systeme hin optimiert ist. Geräte anderer Hersteller ließen sich nur punktuell in die Steuerung und Verwaltung einbinden, beispielsweise Cisco-Produkte im Edge-Bereich. HPE begründet diesen Ansatz damit, dass es darum gehen müsse, Workloads und Datenverarbeitung auf bestimmte Infrastrukturen hin zu optimieren und bestmöglich zu managen. Dafür müssten die Softwarewerkzeuge fein auf die darunterliegende Hardwarebasis abgestimmt werden.
Neri will an den Infrastrukturwurzeln von HPE nicht rütteln. Schließlich verfüge der Anbieter über das breiteste Portfolio im Markt, beteuert der Manager. Als Beispiel führt er die mit den Übernahmen von SGI und Cray forcierten Initiativen in Sachen High Performance Computing (HPC) an. Insgesamt seien Zukäufe ein wichtiger Treiber für Innovation. Das gelte gerade auch für kleinere Akquisitionen wie beispielsweise Cloud Cruiser, deren Metering-Engine heute das Herzstück von Greenlake Central und damit die Basis für das verbrauchsabhängige Geschäftsmodell bildet. In der aktuellen Infrastruktur-Entwicklung gehe der Trend dahin, die Systeme und deren Architektur stärker auf bestimmte Workloads hin auszurichten, beispielsweise für komplexere Analytics-Verfahren mit Hilfe von KI und Machine Learning.
Die Anwender warnt Neri, vorschnell den Verlockungen der Cloud zu verfallen. Es sei deutlich günstiger, die Cloud zu den Daten zu bringen als die Daten zur Cloud. „Was die Public Cloud wirklich will, sind Ihre Daten“, lautet seine Botschaft an die Kunden. Die Cloud-Provider kümmerten sich nicht um die Workloads.
„Was sie wollen, sind die Daten.“Sobald diese in der Cloud seien, stecke man in einem Lockin. HPE verfolge dagegen einen offeneren Ansatz: „Mit Greenlake Central geben wir den Anwendern die Kontrolle zurück“, verspricht Neri. „In der Public Cloud haben Anwender keine Kontrolle. Sie packen Ihre Daten dorthin und verlieren die Kontrolle.“
Die HPE-Verantwortlichen zogen in München eine positive Bilanz ihrer Greenlake-Strategie. Das Vertragsvolumen belaufe sich mittlerweile auf über drei Milliarden Dollar. Ende Juni
2019 waren es rund 2,8 Milliarden Dollar. Die Zahl der Kunden habe sich von über 600 im Sommer auf rund 750 erhöht. Den Annual Recurring Revenue (ARR) rund um Greenlake bezifferte HPE-Chef Neri im Ende Oktober abgelaufenen vierten Geschäftsquartal auf
462 Millionen Dollar. Die Erwartungen an den Geschäftsbereich sind hoch gesteckt. Jährlich will HPE an dieser Stelle zwischen 30 und 40 Prozent wachsen, während der Gesamtumsatz des Anbieters um ein bis drei Prozent pro Jahr zulegen soll. Der As-a-Service-Anteil am Gesamtumsatz soll bis 2022 auf 15 bis 20 Prozent klettern.
„Es geht um Ergebnisse“
Damit die Rechnung aufgeht, muss sich einiges ändern im HPE-Ökosystem und in der Kundenansprache. „Die Verhandlungen drehen sich nicht mehr um Technik, sondern darum, wie Technik das Geschäft verbessern kann“, konstatiert Neri. „Es geht um Ergebnisse.“Diesen neuen Ansatz zu verstehen und die eigene Organisation entsprechend darauf auszurichten, sei nicht einfach. Um seine Kunden im Vorfeld besser beraten zu können, wie sie die richtige Hybrid-IT-Strategie finden, hat HPE seine Beratungskapazitäten ausgebaut. 2017 wurde dafür der US-amerikanische Cloud-ServicesSpezialist Cloud Technology Partners (CTP) übernommen, 2018 folgte das britische Unternehmen RedPixie, ein Anbieter für Cloud Consulting.