Wenn Mitarbeiter gehen müssen …
Personalabbau lässt sich professionell managen.
Entlassungen bedeuten Stress für alle Beteiligten – für die gekündigten ebenso wie für die verbleibenden Mitarbeiter. Auch auf das Management und den Betriebsrat kommen emotionale Belastungen zu. Entsprechend professionell sollte dieser Prozess gestaltet werden. Es gilt, eine Eskalation der Konflikte zu vermeiden.
In konjunkturell unsicheren Zeiten wie diesen ist Personalabbau wieder ein Thema. Doch egal, warum Entlassungen erfolgen, stets bedeuten sie für alle Beteiligten eine hohe Belastung. Deshalb sollten Arbeitgeber in dieser ohnehin angespannten Situation Pannen und unnötige Konflikte vermeiden. Hilfreich ist es, sich der Herausforderungen bewusst zu werden und sich außerdem klarzumachen, was auf die beteiligten Menschen im Falle eines Personalabbaus konkret zukommt.
1.
Die Entscheider tragen die Verantwortung
Meistens trifft der Vorstand oder die Geschäftsleitung die Entscheidung für einen Personalabbau. Das Management ist in Großunternehmen in der Regel nicht unmittelbar in die operative Seite des Personalabbaus involviert, es trägt aber die Verantwortung für den Erfolg der Maßnahme. Mit den Entlassungen sind viele Gefahren verbunden, etwa Unruhe und Demotivation in der Belegschaft, Abschied von Leistungsträgern, erhöhter Krankenstand sowie Schäden für das Image von Unternehmen und Marken. Also müssen die Entscheider im Vorfeld abwägen: Ist der durch den Personalabbau erzielte Vorteil größer als der kurz- und langfristige Schaden?
Entscheidet sich ein Unternehmen für einen Personalabbau, sollte es Folgendes beachten: Offen kommunizieren: Der Vorstand oder die Geschäftsführung sollte den Mitarbeitern die Gründe, Ziele und den geplanten Ablauf des Personalabbaus darlegen. Schnell handeln: Nach der Information der Belegschaft existiert ein „Window of Opportunity“von etwa drei Monaten. In dieser Zeit werden Veränderungen am ehesten akzeptiert.
Hängepartien vermeiden: Die Belegschaft durchläuft nach der Ankündigung des Personalabbaus ein emotionales Tief. Diese Situation muss schnell überwunden und der Blick wieder nach vorne gerichtet werden. Den Personalabbau fair und sozialverträg
lich gestalten: Das hilft, versteckte Kosten, beispielweise aufgrund einer gesunkenen Arbeitsmoral und juristischer Auseinandersetzungen, zu vermeiden.
Mit den Leistungsträgern Einzelgespräche führen: Ihnen sollten ihre Perspektiven im Unternehmen verdeutlicht werden, um ein Abwandern zu vermeiden.
2.
Die Umsetzer stehen an der „emotionalen Front“und brauchen Hilfe
Wenn Personal abgebaut wird, stehen meist die vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Mitarbeiter im Fokus. Wenig Beachtung wird denjenigen geschenkt, die den Geschäftsleitungsbeschluss umsetzen müssen. Dabei benötigen sie Unterstützung, denn sie stehen an der emotionalen Front. Die Situation dieser Personen ist während des Personalabbaus unter anderem durch folgende Faktoren gekennzeichnet: eine hohe Arbeitsbelastung aufgrund zusätzlicher Aufgaben (zum Beispiel Einzelgespräche führen, Aufhebungsverträge abschließen, Arbeitszeugnisse schreiben), ein großer emotionaler Stresslevel, weil oft eine unmittelbare Auseinandersetzung mit den betroffenen Mitarbeitern geführt werden muss. Diese entwickeln oft ein Feindbild gegenüber den Umsetzern.
Mit dieser Ausnahmesituation umzugehen, fällt Führungskräften wie Mitarbeitern der Personalabteilungen schwer, weil sie darauf in der Regel schlecht vorbereitet sind und zudem oft wenig mentale Unterstützung erfahren. Hinzu kommt: Sie durchleben ein Wechselbad der Gefühle. Sie empfinden Mitgefühl mit den Betroffenen, zudem denken sie selbst darüber nach, arbeitslos werden zu können. Mit der Mitarbeiterzahl sinkt schließlich der Bedarf des Unternehmens an Führungskräften und Personalfachleuten. Folglich kann das loyale Umsetzen der Beschlüsse am Ende auch den eigenen Arbeitsplatz kosten.
Diese Bedenken und Ängste können und dürfen die Umsetzer aber nicht zeigen. Hierfür fehlen ihnen firmenintern auch die geeigneten Ansprechpartner. Dies erhöht ihren inneren Druck. Erleichterung kann eine gezielte Vorbereitung auf das Führen von Trennungsgesprächen mit Hilfe von Seminaren oder Coachings während der heißen Phase des Personalabbaus schaffen.
3.
Die Gekündigten müssen gehen
Wenn ein Personalabbau angekündigt wird, verfolgen die Mitarbeiter meist zunächst eine Vogel-Strauß-Taktik. Sie gehen in Deckung und hoffen, vom Schicksal verschont zu bleiben. Steht fest, wer das Unternehmen verlassen muss, spaltet sich die Belegschaft in Betroffene und Nichtbetroffene.
Die Betroffenen suchen oft Hilfe beim Betriebsrat, der Gewerkschaft oder einem Rechtsanwalt. In dieser Phase tritt die Leistungserstellung in den Hintergrund. Quantitäts- und Qualitätsvorgaben werden nicht mehr eingehalten. Der Krankenstand steigt, Mitarbeiter stehen in Grüppchen zusammen und tauschen ihre Meinungen aus.
Viele sind wütend auf das Management und die Personalabteilung. Angst vor der Zukunft haben sie vor allem dann, wenn sie wissen: Ich finde nur schwer eine neue adäquate Arbeitsstelle. Zudem wissen die Gekündigten oft noch nicht, wie sie diese Herausforderung meistern sollen – insbesondere wenn sie sich seit Jahren nicht mehr beworben haben. Dann haben sie meist keinen Überblick über den Arbeitsmarkt. Sie wissen zudem nicht, wie man sich heute als Berufserfahrener erfolgreich bewirbt. Außerdem können sie nicht einschätzen, inwieweit ihre Qualifikation am Arbeitsmarkt (noch) gebraucht wird. Entsprechend mut- und perspektivlos sind viele.
4.
Die „Survivors“erleben ein Wechselbad der Gefühle
Die Nichtbetroffenen sind bei einem Personalabbau meist die am wenigsten beachtete Gruppe. Dabei möchte das Unternehmen mit ihnen die Zukunft meistern. Die Entlassungen erleben die „Survivors“mit gemischten Gefühlen. Sie bedauern die Betroffenen, mit denen sie teilweise jahrelang zusammengearbeitet haben und oft freundschaftlich verbunden sind.
Sie wünschen sich, etwas gegen deren Ausscheiden unternehmen zu können, und fühlen sich mitschuldig an ihrem Schicksal. Andererseits wollen und müssen sie gegenüber ihrem Arbeitgeber loyal bleiben, während die Betroffenen auf die Firma und das Management schimpfen.
Dieses gefühlsmäßige Hin- und Hergerissensein endet erst, wenn die Gekündigten das Unternehmen verlassen haben. Dies bewirkt auch Verhaltensänderungen bei den Zurückgebliebenen. Oft sinkt während der Trennungsphase ihre Motivation und Risikobereitschaft. Sie fehlen häufiger, sind weniger produktiv und einige verlassen sogar das Unternehmen. Wie stark die Verhaltensänderung ist, hängt davon ab, ob die Survivors den Personalabbau als fair bewerten und ob sie vermuten, dass sich die Maßnahme eher positiv oder eher negativ auf ihre Arbeitssituation auswirkt.
5.
Der Betriebsrat vermittelt
Ein starker Betriebsrat ist ein Gewinn für Unternehmen; das zeigt sich gerade während der unruhigen Zeiten eines Personalabbaus. Eine gute Mitarbeitervertretung kennt die Kollegen und kann die Betriebs- und Marktsituation einschätzen. Deshalb bringt sie oft konstruktive Ideen ein, um den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten und das Unternehmen in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Oft unterhält der Betriebsrat engere persönliche Kontakte zu den Kollegen als Geschäftsleitung und Personaler. Er kann Stimmungen früh erkennen und helfen, dass überflüssige Konflikte gar nicht erst entstehen. Deshalb kann ein starker und kompetenter Betriebsrat, der nicht unter dem Einfluss externer Funktionäre steht, beim Personalabbau ein Co-Management zum Wohle aller Beteiligten betreiben.
Doch selbst, wenn der Betriebsrat die betrieblichen Notwendigkeiten anerkennt, werden seine Mitglieder in Solidarisierungskonflikte geraten. Einerseits möchten sie möglichst viele Mitglieder in der großen „Betriebsfamilie“halten und unterstützen die Betroffenen im Kampf um ihre Arbeitsplätze. Andererseits wissen sie, dass die Zahl der Mitarbeiter, die bleiben können, meist feststeht und im Unternehmen erst wieder Ruhe einkehrt, wenn der Personalabbau abgeschlossen ist. Entsprechend wankelmütig verhalten sie sich oft.
6.
Outplacement-Berater mindern das Konfliktpotenzial
In der angespannten Situation des Personalabbaus gilt es, alle überflüssigen Konflikte zu vermeiden. Sie entstehen oft dadurch, dass Mitarbeiter nicht ausreichend informiert und einbezogen werden. Hinzu kommt gerade bei Fusionen und Übernahmen, dass kulturelle
Differenzen zwischen den Unternehmen vernachlässigt werden und fundierte Integrationskonzepte fehlen.
Um solche Pannen zu vermeiden, holen Unternehmen zuweilen Outplacement-Berater an Bord, die mit ihnen eine Art Drehbuch für den Personabbau und die anschließende Neuorientierung des Unternehmens entwerfen. Sie bereiten die Führungskräfte auf die unangenehmen Aufgaben vor und helfen den gekündigten Mitarbeitern, eine neue berufliche Perspektive zu entwickeln. Ziel ist es, den Betriebsfrieden zu wahren und sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht langfristig unter dem Personalabbau leidet – zum Beispiel in Form langwieriger Kündigungsschutzprozesse oder einer geringeren Identifikation der verbliebenen Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen.
Von der Arbeit der Outplacement-Berater profitieren vor allem die Gekündigten. Die Consultants bereiten sie auf die Stellensuche vor und helfen im besten Falle sogar bei der Vermittlung.
Auch die Verantwortlichen auf Seiten des Managements und der Personalbereiche erfahren eine emotionale und praktische Entlastung. Das Konfliktpotenzial sinkt, Arbeitsgerichtsprozesse werden seltener und Regelungen mittels Aufhebungsvertrag einfacher. Und der Betriebsrat? Er findet leichter eine Balance zwischen seinen Verpflichtungen, die auf das Vermeiden sozialer Härten ausgelegt sind, und dem Beachten betrieblicher Notwendigkeiten.
Vorstand und Geschäftsleitung haben durch die Zusammenarbeit mit einer OutplacementBeratung zwar finanziellen Aufwand, können aber verdeckte Kosten eines Personalabbaus – beispielsweise durch betriebliche und juristische Konflikte – größtenteils vermeiden. Außerdem zeigt das Unternehmen seine Fürsorge für die Mitarbeiter auch in „schlechten Zeiten“und tut somit etwas für sein Image.