2020 – CIOs müssen Wandel gestalten
Die Marktforscher sind sich einig: IT-Chefs bekommen im nächsten Jahr noch mehr Verantwortung.
Sich in Zeiten stürmischer Veränderungen aus dem Fenster zu lehnen und zu prognostizieren, was auf CIOs zukommt, ist alles andere als einfach. Die Marktforscher von IDC wagen den Versuch. Sie sehen das CIO-Office in Zukunft als Kompetenzzentrum für den digitalen Umbau im Unternehmen. Nach Meinung der Marktforscher ist es wichtig, groß zu denken und sich nicht nur in taktischen Schrittchen, sondern in umfassenden strategischen Entwürfen voranzubewegen.
Der Science-Fiction-Autor William Gibson sagte einmal: „Die Zukunft ist da, sie ist einfach nur nicht gleichmäßig verteilt.“Das trifft auch auf den Digitalisierungsstand vieler Unternehmen im Jahr 2019 zu: Einige wenige haben sich den Bestwerten in Sachen Speed, Skalierung und Connectivity angenähert, aber viele beschäftigen sich immer noch mit isolierten Initiativen zur digitalen Transformation – getrieben von Wettbewerb und Markt.
Dabei wird die Zeit zum Handeln knapp. Je später sich die Unternehmen auf den Weg machen, desto größer ist der aufzuholende Rückstand. IDC hat einige Prognosen und Empfehlungen formuliert, die CIOs darin unterstützen sollen, das digitale Zukunftsunternehmen zu schaffen.
Prognose 1
Bis 2024 werden sich 80 Prozent der digital fortschrittlichen Unternehmen strategisch auf einen breiten, flexiblen Self-Service-Mashup aus digitalen Tools verlassen und damit das bisherige „Walled-Garden“-Modell als IT-Basis ersetzen.
Um die Umstrukturierung zu bewältigen, brauchen CIOs einen klaren Entwurf vom angestrebten Zustand der digitalen Organisation. Es geht darum, ein gemeinsames Bild mit Managern sowie Fach- und Führungskräften zu entwickeln und anschließend im Unternehmen und mit den wichtigsten Partnern zu teilen. Da Enterprise-Applikationen immer häufiger in Fachbereichen und von externen Technologieanbietern betrieben werden, muss die ITOrganisation durch Schulungen und Support den architektonischen Zusammenhalt, die Sicherheit und die Stabilität gewährleisten.
Das erfordert einen Wandel: IT-Mitarbeiter müssen künftig auch die Rolle des Lehrers und Mentors ausfüllen können.
Prognose 2
Bis 2023 werden 65 Prozent der CIOs eine Führungsrolle auch jenseits der klassischen IT-Abteilung einnehmen. Sie werden ihre ITBereiche zu Kompetenzzentren entwickeln, um digitale Innovationen und die unternehmensweite Zusammenarbeit voranzutreiben.
CIOs stehen vor einer großen Herausforderung: Sie haben zwar prinzipiell Zugang zu leistungsfähigen, digitalen Technologien, doch deren Beschaffung und Einsatz wird von den Fachbereichsleitern mit ihren eigenen digitalen Agenden maßgeblich mitbestimmt. Dabei können die Business-Entscheider auch auf Cloud-Anbieter und Service-Provider zurückgreifen und so die zentrale IT umgehen.
CIOs haben nun zwei Möglichkeiten: Sie kämpfen um den Erhalt ihres Status quo oder sie nutzen die neue Situation, die ihnen durchaus große Chancen bietet – vorausgesetzt, sie sind willens und fähig, sich weiterzuentwickeln. Da die IT-Kompetenz in den Fachabteilungen ständig zunimmt, besteht die wichtigste Aufgabe des CIO künftig darin, eine IT-Organisation aufzubauen, die ein Zentrum für digitales Wissen, Technologien und Best Practices darstellt. Die IT muss in der Lage sein, die digitalen Maßnahmen im Unternehmen proaktiv zu konzipieren und integrieren, um digitale Innovationen zu schaffen.
Prognose 3
Funktionale Unzulänglichkeiten, zunehmende Cyber-Bedrohungen und architektonische Zwänge werden 65 Prozent der Unternehmen dazu bringen, bis 2023 ältere Systeme umfassend zu modernisieren und dafür erhebliche Investitionen in ihre Technologieplattform zu stecken.
Legacy-Systeme sind eine Herausforderung, da sie wertvolle IT-Ressourcen beanspruchen und gleichzeitig den Fortschritt behindern. Seit Jahren sind CIOs zu Kompromissen gezwungen. Das Patchen und Instandhalten von Altsystemen kann angesichts der wachsenden Cyber-Bedrohungen nicht die Lösung sein. Die Bekämpfung von Sicherheitslücken ist aber aus Sicht des Topmanagements kein gutes Argument, um Budgets freizugeben. Manager möchten hören, wie IT-Investitionen das Business voranbringen und zukunftssicher gestalten. Beispielsweise könnte ein ansprechendes und immersives Kundenerlebnis ein Business Case sein, der es rechtfertigt, Altsysteme abzulösen, die solche Funktionen nicht unterstützen können.
Prognose 4
Bis 2023 werden 70 Prozent der IT-Unternehmen als Basis ihres IT-Multi-Cloud-Ansatzes ein strategisches Container-/Abstraktions-/ API-Playbook implementieren, um die Portabilität von Anwendungen und die Hosting-Flexibilität zu verbessern.
Die digitale Transformation braucht IT-Umgebungen und Anwendungen, die modular, skalierbar, portabel und einfach zu verwalten sind. Das sind Qualitäten, die weit über das hinausgehen, was traditionelle und auch virtuelle Computerumgebungen können. Erfolgreiche Unternehmen setzen Container- und Abstraktionsstrategien ein. Sie verdoppeln ihre APIund Microservices-Anstrengungen, um Prozesse zu modernisieren und zu automatisieren, eine unabhängige Computer- und Anwendungsumgebung zu erreichen sowie Qualität und Skalierbarkeit zu erhöhen. CIOs, die sich nicht mit solchen Ansätzen beschäftigen, werden Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen müssen.
Prognose 5
Bis 2022 werden sich 70 Prozent der IT-Organisationen wandeln. Sie sind dann nicht mehr
Hersteller und Betreiber, sondern Designer und Integratoren digitaler Lösungen. Das gilt für jedes Produkt, jeden Service und jeden Prozess.
Über viele Jahre hinweg haben CIOs die Systeme und Anwendungen ihrer Unternehmen entwickelt und implementiert. Dabei haben sie viel Know-how aufgebaut, vor allem im Bereich kritischer Systeme. Mit dem Aufkommen von Cloud-Anwendungen, Low-Code- und No-CodeTools sowie allgegenwärtigen Open-SourceLösungen verändert sich die Rolle der IT dramatisch. CIOs müssen Kultur, Aufbau und Betrieb ihrer Organisation verändern.
Die Crux besteht darin, dass in den Fachabteilungen immer mehr Aufgaben für das Entwickeln und Bereitstellen von Technologien übernommen werden – unabhängig davon, ob die IT diese Veränderung unterstützt oder nicht. Wenn CIOs sich weigern, diese Verlagerung von IT-Aufgaben und -Rollen zu akzeptieren und Verantwortung an die Fachabteilungen abzugeben, könnte das zum Bumerang werden. Besser ist es, diese fundamentale Veränderung zusammen mit den Fachabteilungen und dem Management zu planen und zu steuern.
Prognose 6
Bis 2023 werden 80 Prozent der IT-Organisationen ihre Softwareentwicklung so verkürzt haben, dass sie mindestens wöchentlich CodeUpdates und -Revisionen ausspielen und damit Business-Mehrwert generieren können.
Die meisten CIOs kommen aus einer klassischen Projektwelt, in der Software in Zyklen von Monaten, nicht selten Jahren entwickelt und ausgerollt wurde. Inzwischen führt aber das Zusammenwirken von agiler Entwicklung und konsumorientierter Technologie ebenso wie die immer höhere Geschwindigkeit der digitalen Wettbewerber dazu, dass es viel schneller gehen muss. Anwender erwarten das Tempo, das sie von den Applikationen und Web-Angeboten von Facebook, Amazon und Co. gewöhnt sind.
CIOs müssen sich auf diese hohe Geschwindigkeit der Softwarebereitstellung einlassen, entsprechendes Wissen aufbauen und den Mehrwert für Anwender und Kunden ständig erhöhen. Wir sprechen hier nicht nur von kosmetischen Änderungen und Funktionsoptimierungen. Noch wichtiger ist, dass CIOs anfangen, wie die Gründer von Technologie-Startups zu denken und zu handeln. Deren Fähigkeit, schnell und kontinuierlich Softwareinnovationen zu liefern, ist für das junge Unternehmen überlebenswichtig.
Prognose 7
Digitale Innovationen entscheiden künftig über den Unternehmenserfolg. Bis 2022 werden 40 Prozent der CIOs wie Innovationstreiber
agieren, also digitale Visionen ausarbeiten und ihr Wissen ins Unternehmen tragen.
CIOs, die sich von rein operativ orientierten Technikern zu geschäftsorientierten Enablern entwickelt haben, stehen vor einer großen Herausforderung: Sie müssen zu unternehmerischen Führungspersönlichkeiten im Bereich der digitalen Transformation werden. Erfolgreichen Innovationsführern gelingt es, überzeugende digitale Visionen zu formulieren und das Unternehmen für deren Umsetzung zu gewinnen. Der Erfolg dabei hängt nicht nur von technischem Sachverstand ab, sondern auch von Faktoren wie Kommunikationsfähigkeit, Aufbau und Pflege von Beziehungen sowie Verlässlichkeit.
Prognose 8
Bis 2022 wird der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) den IT-Betrieb erweitern, optimieren und beschleunigen. Für 60 Prozent der großen IT-Organisationen wird das zu den wichtigsten IT-Transformations-Initiativen gehören.
Ein erheblicher Teil der IT-Prozesse und -Aufgaben wiederholt sich und eignet sich deshalb hervorragend für eine Automatisierung. Andere Servicebereiche, einschließlich Helpdesks, können durch KI, maschinelles Lernen und Bots ergänzt werden. Sie bewältigen Routineanforderungen wie PasswortRücksetzungen und reichen komplexere Probleme an das Support-Personal durch. CIOs sollten ihre strategischen Imperative festlegen: Was ist ihnen am wichtigsten? Kostensenkung, die Steigerung des IT-Durchsatzes oder vielleicht der alternative Einsatz von Mitarbeitern? Sich festzulegen hilft bei der Entscheidung, wie die Automatisierung angegangen werden soll.
Prognose 9
Bis 2024 werden drei von vier CIOs Budgets, Assets und Teams umbauen, um Ressourcen in
Echtzeit bereitstellen, die Agilität des Unternehmens vorantreiben und Fixkosten senken zu können.
CIOs stehen in ihrem Bemühen um Agilität vor vielen Hindernissen. Das wohl größte ist der Mangel an Flexibilität hinsichtlich Finanzen und Ressourcen, die nötig wäre, um den sich schnell ändernden geschäftlichen Anforderungen und Prioritäten gerecht zu werden. IT-Zyklen sind in jährlichen Budgets und
Zielen festgelegt. Leider kennt aber die digitale Disruption keinen Kalender.
Der Druck des digitalen Wandels und auch des Wettbewerbs wird CIOs zwingen, fließende, rollierende Ansätze für Finanzierung, Asset-Management, Talente und andere Ressourcen einzuführen. Kurze agile und iterative Zyklen können helfen, den Einsatz von IT-Ressourcen kontinuierlich anzupassen und auf veränderte Geschäftsanforderungen zu reagieren. CIOs werden auch ihre Finanzierungs- und Bewertungsmodelle umstellen müssen. Das wird substanzielle Veränderungen in den IT-Betriebsabläufen und -Prozessen erfordern.
Prognose 10
Bis 2023 werden 60 Prozent der CIOs dazu angehalten, ansprechende agile und selbstlernende Arbeitsumgebungen zu schaffen und offizielle Programme zur Mitarbeiterzufriedenheit zu implementieren.
Nachdem eine Reihe von unübersichtlichen und meist erfolglosen Initiativen zur Mitarbeiterbindung ausprobiert wurde, setzen sich CIOs jetzt strategisch mit ergebnis- und zielorientierten Programmen auseinander, die kontinuierliches Lernen, Zusammenarbeit und Innovation in digitalen Arbeitsbereichen miteinander verbinden. Die Future Workspaces sind kontextbezogen, verändern sich je nach Aufgabenstellung und berücksichtigen diverse Arbeitsmodi und -stile.
Immer häufiger werden immersive Mitarbeitererlebnisse und Arbeitsbereiche geschaffen, die Elemente aus Virtual und Augmented Reality enthalten. Das führt dazu, dass sich die Produktivität der Mitarbeiter steigert und die Modernität der Lernumgebung zu einem wichtigen Faktor dabei wird, Talente einzustellen.