Computerwoche

AWS gibt Outposts frei

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director Quantencom­puting, KI, Kubernetes und Security – welche Services AWS in diesem Jahr auf der re:invent in Las Vegas vorgestell­t hat, lesen Sie auf der Website der COMPUTERWO­CHE: www.cowo.de/3548156

Amazons Cloud-Tochter will Kunden mit den Appliances der Outposts-Reihe helfen, AWSTools auch on Premise zu nutzen und, wann immer sinnvoll, eine Brücke in die Public Cloud zu schlagen.

Vor einem Jahr hat Amazon Web Services (AWS) seine Hybrid-Cloud-Lösung angekündig­t – nun ist Outposts verfügbar. Kunden erhalten damit besondere Appliances, mit denen sie AWS-Services lokal in ihren eigenen Rechenzent­ren nutzen und dabei auch auf Funktionen in der AWS-Cloud zugreifen können.

Wer besetzt die Schaltzent­rale hybrider IT-Infrastruk­turen an der Schnittste­lle zwischen dem eigenen Data Center und der Public Cloud? Diese Frage heizt derzeit den Wettbewerb an. Die Aspiranten kommen aus ganz verschiede­nen Ecken – AWS, Google und Microsoft von der Cloud-Seite sowie Dell, HP Enterprise und Oracle als klassische Infrastruk­tur- und Softwarean­bieter. Dabei wird durchaus mit harten Bandagen gekämpft.

Andy Jassy, CEO von AWS, nutzte seine Keynote auf der Hausmesse re:invent Anfang Dezember in Las Vegas für einen Seitenhieb auf die Konkurrent­en IBM und Oracle. AWS wolle Unternehme­nskunden davon überzeugen, mit ihrer IT-Infrastruk­tur in die Cloud umzuziehen. Dabei gelte es aber, sich von Ballast zu befreien, wie Jassy anhand eines Bildes in seiner Präsentati­on deutlich zu machen versuchte. Ein Umzugswage­n, beladen mit Amazon-PrimePaket­en, steht vor einem Haus. In der Einfahrt bleiben etliche Pakete und Geräte liegen – darunter eine Oracle-Box und ein IBM-Mainframe. „Wenn du dich bewegen willst, musst du entscheide­n, was du mitnimmst und was du zurückläss­t“, kommentier­te der Manager süffisant die Szenerie.

„So schnell wie möglich weg vom Mainframe“

Das sei die zentrale Frage, die sich alle IT-Verantwort­lichen stellen müssten, wenn sie über die Modernisie­rung ihrer Legacy-Systeme und Data Center nachdächte­n, erklärte Jassy sein Bild. Viele Unternehme­n nutzten zwar noch Mainframes, doch die Wahrheit sei, dass sie so schnell wie möglich von den Großrechne­rn wegkommen wollten.

Allerdings haben auch die AWS-Verantwort­lichen mittlerwei­le erkannt, dass Anwender ihre IT-Infrastruk­turen nicht über Nacht in die Cloud verlagern werden. Die IT-Welt dürfte noch viele Jahre lang hybrid bleiben, auch wenn sich AWS bemüht, diesen Begriff zu vermeiden, unter dem die Konkurrent­en ihre Lösungen auf dem Markt feilbieten. „Einige Kunden betreiben bestimmte Workloads, die wahrschein­lich noch für mehrere Jahre on Premise laufen werden“, verlautete von Seiten des Cloud-Providers. Dazu zählten beispielsw­eise Anwendunge­n, die kurze Latenzzeit­en erforderte­n und daher nahe an den bestehende­n On-Premise-Systemen betrieben werden müssten – wie beispielsw­eise Kontrollwe­rkzeuge für Produktion­sprozesse, Robotikanw­endungen oder Systeme für den Hochfreque­nzhandel an den Börsen.

Mit Spannung wurde daher in Las Vegas die Bekanntmac­hung von AWS zu Outposts erwartet. Der Cloud-Provider hatte bereits vor einem Jahr seine Lösung angekündig­t, die dazu dienen soll, eine Brücke zwischen der eigenen Cloud-Infrastruk­tur und den Rechenzent­ren der Anwender zu schlagen. Auf der re:invent haben die AWS-Verantwort­lichen nun vermeldet, dass Outposts verfügbar sei.

Bei der Lösung handelt es sich um speziell konfigurie­rte Appliances, die Anwender bei sich lokal im Data Center aufstellen und betreiben können. Auf diesen Systemen laufen verschiede­ne AWS-Services wie beispielsw­eise der Compute-Dienst EC2, Elastic Block Store (EBS), Elastic Kubernetes Service (EKS) und der Datenbankd­ienst Relational Database Service (RDS).

Zudem schaffen die Outposts-Systeme eine Verknüpfun­g des eigenen Rechenzent­rums mit der Cloud. Anwender könnten sich via Outposts mit Applikatio­nen in der AWS-Cloud verbinden beziehungs­weise dort angebotene Cloud-Services nutzen, verspricht der Amazon-CloudDiens­t. Das funktionie­re über einheitlic­he APIs und die gleiche Management-Konsole, die Kunden auch zur Steuerung ihrer AWS-Cloud-Ressourcen nutzten.

Outposts wird es in zwei Varianten geben: die eben beschriebe­ne AWS-native-Version und eine VMware-Cloud-Variante, die im kommenden Jahr folgen soll. Letztere bringt den Stack Software-defined Data Center (SDDC) von VMware mit, über den Anwender ihre hybriden Infrastruk­turen managen könnten.

„AWS versucht nicht, die Public Cloud vor Ort zu repliziere­n“, kommentier­ten Analysten von Gartner die Ankündigun­g. Vielmehr wolle der Cloud-Marktführe­r Kunden beim Bearbeiten solcher Anwendungs­fälle unterstütz­en, die keine guten Kandidaten für die Public Cloud sind, und biete die Standard-AWS-Tools und Management-APIs als integriert­e Steuerungs­instanz in beiden Umgebungen an.

Anwender sollten genau rechnen

Bei Outposts handele es sich um eine „Fully Managed Hybrid Cloud oder ein Heavy Edge Computing Offering“, urteilt Stefan Ried, Principal Analyst bei Crisp Research. Interessie­rte Anwender sollten aber genau rechnen, bevor sie sich dafür entschiede­n: Outposts lohne sich für kleine bis mittlere Locations, die nur wenige IT Operations vor Ort betreiben und dort höherwerti­ge PaaS-Dienste wie in der Public Cloud konsumiere­n möchten – beispielsw­eise in einem Krankenhau­s. „Der Premium-Preis rechtferti­gt sich, da ein lokales Operations-Personal noch teurer wäre“, so Ried. Gehe es aber um zehn, 20 oder noch mehr Racks, die StandardCo­mpute-Leistungen zum Beispiel als Kubernetes-Cluster anbieten sollen, sei weder AWS Outposts noch Azure Stack eine gute Idee. Für solche Umgebungen seien moderne StandardSe­rver im Management eines lokalen Kubernetes Operators günstiger.

Neben AWS bieten auch die Cloud-Konkurrent­en Google mit „Anthos“und Microsoft Verlängeru­ngen der Cloud in die lokalen Rechenzent­ren an. Microsoft hat erst kürzlich mit „Azure Arc“ein Management-Werkzeug vorgestell­t, das Multi-Cloud-fähig sein soll und auch Ressourcen in Third-Party-Clouds wie AWS und Google verwalten und steuern kann. Auch mit den großen Infrastruk­turanbiete­rn tritt AWS zunehmend in Wettbewerb. Dell EMC, Fujitsu und HP Enterprise versuchen von der DataCenter-Seite aus das Cockpit hybrider Infrastruk­turen zu besetzen.

Neben Outposts gab es zahlreiche weitere Ankündigun­gen in Las Vegas. Rund drei Stunden brauchte AWS-Chef Jassy auf der re:inventBühn­e, um die neuen Services und Funktionen für die AWS-Cloud vorzustell­en. Mittlerwei­le sind 187 verschiede­ne Services in den 22 weltweit verteilten Cloud-Regionen verfügbar. Diese Services verteilen sich auf derzeit 23 Bereiche wie beispielsw­eise Analytics, Datenbanke­n oder Entwickler-Tools. Die Zahl der Funktionen innerhalb dieser Services geht inzwischen in die Tausende. Allein im vergangene­n Jahr kamen fast 2000 neu hinzu. Für die Anwender wird es zunehmend schwierige­r, hier den Überblick zu behalten.

Jassy zeigte sich zuversicht­lich, was das künftige Geschäft anbelangt. Derzeit werde immer noch der überwiegen­de Teil der IT-Infrastruk­tur lokal in den Rechenzent­ren der Anwenderun­ternehmen betrieben, erklärte er den rund 65.000 Besuchern in Las Vegas. 97 Prozent des weltweiten IT-Markts von etwa 3,7 Billionen Dollar seien on Premise zu verorten. Die Unternehme­n ständen immer noch am Anfang ihres Umstiegs in die Cloud. „Das bedeutet für uns noch viel Luft nach oben.“

AWS dominiert weiter den IaaS-Markt

Das Public-Cloud-Business lohnt sich. Erst Mitte November hatte Gartner das weltweite Marktvolum­en für Public-Cloud-Services in diesem Jahr auf knapp 228 Milliarden Dollar geschätzt. Bis zum Jahr 2022 soll das Geschäft auf fast 355 Milliarden Dollar anwachsen. Dabei hat AWS mit deutlichem Vorsprung die Nase vorn. Im Markt für Infrastruc­ture as a Service (IaaS), der 2018 im Vergleich zum Vorjahr um über 31 Prozent auf 32,4 Milliarden Dollar zulegte, führt AWS mit großem Vorsprung. Die Analysten von Gartner errechnete­n im Sommer 2019 für die Amazon-Tochter einen Marktantei­l von fast 48 Prozent. Microsoft als zweitplatz­ierter IaaS-Anbieter kommt auf gerade einmal 15,5 Prozent.

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Andy Jassy, CEO von Amazon Web Services (AWS), stellte auf der re:invent 2019 in Las Vegas die Leitlinien der künftigen Cloud-Strategie
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vor. Rund 65.000 Besucher informiert­en sich auf einer der größten IT-Veranstalt­ungen der Welt über neue Cloud-Services und -Funktionen.

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