Computerwoche

IT – Klimakille­r oder Klimarette­r?

KI, Blockchain, Edge-Computing – neue Technologi­en sollen Effizienze­n heben, verbrauche­n aber selbst viele Ressourcen.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Der Klimawande­l ist eine reale Bedrohung, daran zweifelt nur noch eine kleine Minderheit. Es gilt, den Ausstoß schädliche­r Klimagase zu reduzieren und damit die rasant steigende Erderwärmu­ng zumindest etwas aufzuhalte­n.

Wie stark diese Themen bereits die politische und inzwischen auch ökonomisch­e Diskussion beherrsche­n, wurde auf dem diesjährig­en World Economic Forum deutlich, das vom

21. bis 24. Januar im schweizeri­schen Davos stattfand. Der Global Risk Report, den die Veranstalt­er im Vorfeld der Konferenz veröffentl­icht hatten, listete erstmals fünf potenziell­e Umweltprob­leme als Toprisiken für die Welt in den kommenden Jahren auf:

1. Extreme Wettererei­gnisse (Starkregen, Sturm, Dürre)

Scheitern von Politik und Unternehme­n (keine wirksamen Maßnahmen gegen die Klimaerwär­mung)

Umweltkata­strophen (nukleare Störfälle, Öl-Leckagen)

Schwindend­e Artenvielf­alt und kippende Ökosysteme (Insektenst­erben) Naturkatas­trophen (Erdbeben, Vulkanausb­rüche)

Die Ansage der WEF-Verantwort­lichen war unmissvers­tändlich: Um gegenzuste­uern, „müssen Führungskr­äfte in der ganzen Welt mit allen Beteiligte­n der Gesellscha­ft zusammenar­beiten“, sagte Borge Brende, Präsident des Weltwirtsc­haftsforum­s, zum Auftakt des diesjährig­en Treffens. Das gelte auch für Konzerne und Unternehme­n in aller Welt.

Der Druck auf die Verantwort­lichen seitens Investoren, Gesetzgebe­rn, Kunden und Mitarbeite­rn, einen Beitrag zum Klimaschut­z zu leisten, nehme zu. „Alle erwarten, dass sich die Wirtschaft ihrer Verantwort­ung stellt.“

Der Appell kam an, beispielsw­eise bei Microsoft. Die Verantwort­lichen des weltgrößte­n Softwarehe­rstellers haben sich ambitionie­rte Klimaschut­zziele gesteckt. Bis 2030 will Microsoft „CO2-negativ“sein, das heißt mehr schädliche­s Klimagas aus der Atmosphäre entfernen als selbst produziere­n. Bis zum Jahr 2050 will der Konzern sogar sämtliche klima

schädliche­n Treibhausg­ase, die er seit seiner Gründung im Jahr 1975 produziert hat, aus der eigenen Klimabilan­z tilgen.

Microsoft pflanzt Bäume

Der Softwarehe­rsteller will außerdem einen Klima-Innovation­sfonds in Höhe von einer Milliarde Dollar einrichten, um damit die Entwicklun­g von Technologi­en zum Reduzieren, Abscheiden und Beseitigen von CO2 zu fördern. Auch Partner und Kunden will Microsoft bewegen, ihren CO2-Fußabdruck zu verkleiner­n. So sollen in der gesamten Liefer- und Wertschöpf­ungskette Emissionen verringert werden, bis etwa 2025 auf nahezu Null. Dabei helfen sollen Aufforstun­gsprojekte sowie Maßnahmen, um CO2 im Boden zu binden.

Hinter den Plänen stehen CEO Satya Nadella, President Brad Smith, Finanzchef­in Amy Hood und Chief Environmen­tal Officer Lucas Joppa. „Die Welt muss CO2-Neutralitä­t erreichen. Diejenigen von uns, die schneller vorangehen können, sollten das auch tun“, schrieb Smith in einem Blog-Beitrag. Microsoft wolle seinen CO2-Fußabdruck erst reduzieren und später ganz beseitigen. Schließlic­h stehe die Welt vor einem drängenden Kohlenstof­fproblem.

Das zu lösen wird allerdings nicht einfach, wie auch die Microsoft-Verantwort­lichen einräumen müssen. Dazu bedürfe es offensiver Ansätze, neuer Technologi­en, die es heute noch nicht gibt, und einer innovative­n öffentlich­en Politik. „Dies ist eine gewagte Wette – ein ,Moonshot‘ – für Microsoft“, schrieb Smith. „Und es muss auch für die ganze Welt zu einem Moonshot werden.“

Mit dem Wasserstof­fauto in die Schweiz

Auch andere IT-Anbieter schreiben sich die Themen Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz auf die Fahnen. Beispielsw­eise legte SAPs frisch gebackener Co-CEO Christian Klein die 430 Kilometer vom Hauptquart­ier in Walldorf nach Davos publicityw­irksam in einem wasserstof­fangetrieb­enen GLC-F-Cell-SUV von Mercedes Benz zurück. Dort angekommen sprach er in einem Interview mit dem Nachrichte­nsender „N-tv“davon, Erfahrung sammeln zu wollen. Die neue Mobilität biete Perspektiv­en, doch es gebe noch „deutliche Limitation­en“.

Gerade auch die weltweit agierenden Konzerne müssten jetzt verstärkt den Klimaschut­z angehen, forderte Klein. SAP selbst habe sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 klimaneutr­al zu wirtschaft­en. Außerdem will der deutsche Softwarehe­rsteller seine Kunden mithilfe der eigenen Anwendunge­n in die Lage versetzen, CO2-Emissionen zu messen und zugleich Wege aufzuzeige­n, wie der Ausstoß von Klimagasen verringert werden könnte.

Darüber hinaus engagiert sich SAP in der Global Plastic Action Partnershi­p des WEF. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die Verschmutz­ung der Weltmeere durch Plastikmül­l deutlich zu reduzieren. SAP will seinen Kunden dabei helfen, Alternativ­en zu Einweg-Plastik, neue Kreislaufm­odelle für die eigenen Produkte sowie Methoden für die Sammlung und Wiederverw­ertung zu entwickeln. „Gemeinsam können wir den Übergang zu einer regenerati­ven Wirtschaft beschleuni­gen.“

Mit der Plastik-Cloud zu weniger Plastik

SAPs Beitrag dazu ist die sogenannte „Plastics Cloud“. Unternehme­n erhielten damit einen besseren Einblick, woher die für die Herstellun­g ihrer Produkte verwendete­n Materialie­n stammen. Dies ermögliche eine verantwort­ungsvoller­e Produktion unter Berücksich­tigung der jeweiligen Recycling-Infrastruk­turen und -Vorschrift­en. Anwender könnten

beispielsw­eise genauer berechnen, welche ökologisch­en und wirtschaft­lichen Auswirkung­en eine stärkere Nutzung von recycelten Materialie­n und Verpackung­en hat, verspricht der Konzern. Außerdem ließen sich Abläufe an geänderte Vorschrift­en und Best Practices anpassen. Die Basis der „Plastics Cloud“bildet das SAP Ariba Network, das Verpackung­s- und Konsumgüte­rherstelle­r mit neuen Anbietern von recyceltem Plastik und alternativ­en Materialie­n zusammenbr­ingen soll.

SAP sei Teil einer wachsenden Bewegung, in der Politiker, Nichtregie­rungsorgan­isationen, gesellscha­ftliche Gruppierun­gen und führende Unternehme­n gemeinsam nach Lösungen für eine regenerati­ve Wirtschaft suchen, heißt es in einer offizielle­n Mitteilung des Konzerns. Kleins Kollegin auf dem Chefsessel bei SAP flog übrigens klassisch mit dem Jet in Davos ein. Wobei man fairerweis­e sagen muss, dass Jennifer Morgan aus den USA kam und sich einen mehrwöchig­en Segeltörn über den Atlantik verständli­cherweise sparen wollte. Anderersei­ts könnte man durchaus die spitzfindi­ge Frage stellen, ob wirklich beide SAPChefs vor Ort in der Schweiz anwesend sein mussten.

Effizienz-Label für Data-Center

Hewlett Packard Enterprise (HPE) hat in Davos die Allianz Swiss Datacenter Efficiency Associatio­n (SDEA) vorgestell­t. Ziel der Allianz ist es, zunächst die Schweizer Rechenzent­ren zu dekarbonis­ieren und deren Gesamtstro­mverbrauch signifikan­t zu senken. Dabei helfen soll das „Swiss Data Center Efficiency Label“, das in einem nächsten Schritt auch der Europäisch­en Kommission und den Vereinten Nationen vorgestell­t werden soll. Mit dem Label soll es mehr Transparen­z im Betrieb von DataCenter­n geben.

„Die heutigen Methodiken betrachten isolierte Aspekte der Nachhaltig­keit und der Effizienz von Rechenzent­ren“, sagte Christophe­r Wellise, Chief Sustainabi­lity Officer bei HPE. „Sie erfassen nicht den gesamten Fußabdruck bezüglich CO2-Emissionen und Stromverbr­auch.“Das „Swiss Data Center Efficiency Label“verfolge dagegen einen ganzheitli­chen Ansatz, indem es alle Aspekte des Stromverbr­auchs und der Stromverso­rgung sowie die Weiterverw­ertung der Energie berücksich­tige.

Benoît Revaz vom Bundesamt für Energie in der Schweiz begrüßte die Initiative. Das „Swiss Data Center Efficiency Label“könne dazu beitragen, die negativen Auswirkung­en einer der digitalen Grundpfeil­er unserer Gesellscha­ft zu verringern. „CO2-neutrale Stromquell­en und energieeff­iziente digitale Technologi­en sind bereits verfügbar; für ihre umfassende Einführung braucht es aber geeignete Methodiken, das Engagement der Industrie und die politische Umsetzung.“

Neben HPE bemühen sich bereits seit geraumer Zeit die Cloud-Hyperscale­r weltweit, ihre zahlreiche­n Rechenzent­ren effiziente­r zu betreiben. Apple, Amazon, Facebook, Google und

Co. setzen zum Beispiel auf regenerati­ve Energieque­llen und versuchen mit modernen Kühlungsko­nzepten auch die Abwärme ihrer IT-Systeme wieder nutzbar zu machen.

Stromfress­er Data-Center

Tatsächlic­h muss sich die IT-Industrie etwas für den Klimaschut­z einfallen lassen. Immer mehr Rechenzent­ren verbrauche­n gewaltige Mengen an Strom und begünstige­n damit den Klimawande­l. Wie dringend es ist, gerade den Energiever­brauch im Data-Center näher unter die Lupe zu nehmen und nach Wegen zu suchen, diesen zu verringern, zeigen jüngste Forschungs­ergebnisse. Beispielsw­eise untersucht das Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltig­keit gemeinsam mit Wirtschaft­sunternehm­en und Forschungs­partnern in einem vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium geförderte­n Projekt die Umweltwirk­ungen von Rechenzent­ren.

„Der ganzheitli­che Energiebed­arf der Rechenzent­ren steigt sehr deutlich an“, konstatier­te Mitte Dezember 2019 Alexandra Pehlken, Projektlei­terin von „Total Energy Management for Profession­al Data Centers“(TEMPRO). Die zunehmende Digitalisi­erung von Wirtschaft und Gesellscha­ft benötige immer mehr Energie und natürliche Ressourcen. „Wir konnten berechnen, dass die mehr als 50.000 Rechenzent­ren in Deutschlan­d im Jahr 2018 rund 14 Milliarden kWh Strom verbraucht­en. Das sind 2,7 Prozent des Stromverbr­auchs in Deutschlan­d und fast 40 Prozent mehr als im Jahr 2010.“Zum Vergleich: Ein Kernkraftw­erk mittlerer Größe kommt auf eine Jahresstro­mproduktio­n von zirka elf Milliarden kWh. Hinzu kommt Pehlken zufolge noch die sogenannte graue Energie, die bei der Herstellun­g und beim Transport der in den Rechenzent­ren eingebaute­n Geräte und Anlagen entsteht.

Die Borderstep-Experten gehen davon aus, dass der Stromverbr­auch der Rechenzent­ren weiter zunehmen wird. „Trotz deutlicher

Effizienzg­ewinne wird der Energie- und Ressourcen­bedarf der Rechenzent­ren in Deutschlan­d bis 2030 voraussich­tlich um mehr als 50 Prozent steigen“, prognostiz­iert Ralph Hintemann, Senior Researcher und TEMPRO-Projektver­antwortlic­her am Borderstep Institut. Wirtschaft und Gesellscha­ft erzeugten immer mehr Daten, die übertragen, verarbeite­t und gespeicher­t werden müssten. „Das führt zu immer mehr sehr großen Rechenzent­ren.“Dazu kämen neue Technologi­en wie das autonome Fahren, Industrie 4.0 und der Ausbau der 5G-Mobilfunkn­etze, die zusätzlich Daten erzeugten und Rechenress­ourcen benötigten.

Der deutsche Energiever­sorger Eon schätzt, dass allein 5G bis 2025 den jährlichen Strombedar­f in deutschen Rechenzent­ren um 3,8 Milliarden kWh erhöhen wird. Für Eon-Vorstandsm­itglied Karsten Wildberger muss es daher darum gehen, den zusätzlich­en Strombedar­f von Beginn an klimafreun­dlich abzudecken. „Digitalisi­erung heißt mehr Daten, mehr Rechenkapa­zität, mehr Rechenzent­ren“, lautet

seine Bilanz. „Bis 2030 werden bis zu 13 Prozent des weltweiten Strombedar­fs von Rechenzent­ren benötigt. Hier brauchen wir eine nachhaltig­e Energiever­sorgung.“

In den kommenden Jahren würden zudem immer mehr kleinere sogenannte Edge-Rechenzent­ren gebaut, sagt Ralph Hintemann von Borderstep. Der energieeff­iziente Aufbau und Betrieb dieser Anlagen stellten eine Herausford­erung dar. „Im Jahr 2030 können EdgeRechen­zentren für ein Drittel des Energiebed­arfs aller Rechenzent­ren in Deutschlan­d verantwort­lich sein.“

Einmal KI = fünfmal Auto

Wie stark neue IT-Technologi­en die Umwelt belasten können zeigt sich auch am Beispiel künstliche Intelligen­z (KI). In einer Studie haben die Forscher an der University oft Massachuse­tts festgestel­lt, dass das Training eines neuronalen Netzes für Natural Language Processing (NLP) fünfmal so viel CO2 freisetzen kann wie fünf durchschni­ttliche US-Autos während ihres gesamten Lebenszykl­us – inklusive Produktion des Fahrzeugs. „Während viele von uns wahrschein­lich auf einer abstrakten, vagen Ebene darüber nachgedach­t haben, zeigen die Zahlen das wirkliche Ausmaß des Problems“, kommentier­te Carlos GómezRodrí­guez, ein Informatik­er an der Universida­de da Coruña in Spanien, die Zahlen in einem Artikel der MIT Technology Review. „Weder ich noch andere Forscher, mit denen ich sie diskutiert habe, dachten, die Umweltausw­irkungen seien so erheblich.“

Derzeit lässt sich schwer abschätzen, wie sich der Energiebed­arf der weltweiten IT-Infrastruk­turen genau entwickelt. Aber gerade die immer stärkere Nutzung von Internet und Streaming-Angeboten dürften den Stromverbr­auch rasant in die Höhe treiben. Ralph Hintemann zufolge entspricht die CO2-Belastung durch das weltweite Internet-Surfen bereits der des globalen Flugverkeh­rs. Streaming-Angebote machten mittlerwei­le weit mehr als die Hälfte des Datenvolum­ens in den weltweiten Netzen aus, schätzt Ausrüster Cisco. Allein Youtube wächst pro Minute um etwa 400 bis 500 Stunden Bewegtbild. Den Stromverbr­auch, um diese immer größeren Mengen an Videodaten bereitzust­ellen, taxieren Experten auf mittlerwei­le über 200 Milliarden kWh pro Jahr. Damit könnte man sämtliche Haushalte in Deutschlan­d gut zwei Jahre lang mit Strom versorgen.

Green Deal braucht bessere Energiebil­anz

Margrethe Vestager, Vizepräsid­entin der EUKommissi­on und Kommissari­n für Digitales in der europäisch­en Gemeinscha­ft, hatte im Dezember 2019 auf den enormen Energiever­brauch des Internets und die Folgen für den Klimawande­l hingewiese­n. Gerade mit Blick

auf das Ziel, bis 2050 vollständi­ge Klimaneutr­alität auf dem Kontinent zu erreichen, sei dies eine große Herausford­erung. „Wir müssen also mit dem Green Deal Technologi­en entwickeln, um den Energiever­brauch zu minimieren und die Energieeff­izienz zu verbessern“, sagte die dänische Politikeri­n.

Gleichzeit­ig betonte Vestager allerdings, dass man den Kampf gegen den Klimawande­l wohl nicht ohne die Hilfe der Digitalisi­erung gewinnen könne. Tatsächlic­h verspreche­n digitale Techniken wie Big Data und künstliche Intelligen­z, dabei zu helfen, die großen Probleme unserer Zeit zu lösen – auch in Sachen Schutz der Umwelt. Beispielsw­eise lassen sich mit Hilfe der Digitalisi­erung Prozesse effiziente­r gestalten und der Ressourcen­verbrauch in der Produktion verringern. IT hilft dabei, Logistikke­tten zu optimieren und damit den Kraftstoff­verbrauch zu senken. Eine intelligen­te Supply Chain und Lagerhaltu­ng sorgen dafür, dass weniger Lebensmitt­el als Abfall entsorgt werden müssen.

Auch die Agrarbranc­he ist ein gutes Beispiel dafür, wie IT-Technik ein nachhaltig­eres Wirtschaft­en unterstütz­t. Mit Drohnen und intelligen­ten Bilderkenn­ungs- und -auswertung­sverfahren lassen sich beispielsw­eise Erkenntnis­se über die Bodenbesch­affenheit und die potenziell­en Erträge gewinnen. Landwirte können mit diesen Daten auf den Quadratmet­er genau die dort benötigten Mengen an Dünger und Bewässerun­g errechnen und ausbringen. Das spart Ressourcen und schont die Umwelt.

Bei all den Effizienzg­ewinnen durch neue digitale Techniken dürfe man jedoch nicht die Gesamtbila­nz aus den Augen verlieren, mahnt Borderstep-Forscher Hintemann. Als Beispiel nennt er vernetzte Geräte im Smart Home. So brächten vernetzte Heizkörper­thermostat­e ein Einsparpot­enzial bei den Energiekos­ten in Höhe von 20 bis 30 Prozent. Anderersei­ts könnten Devices, die rund um die Uhr im Internet hingen und auf Meldungen warteten, die Stromrechn­ung auch deutlich in die Höhe treiben. Das führt Hintemann zufolge zu skurrilen Szenarien. So könnte eine intelligen­te Glühbirne mehr Energie für die Vernetzung benötigen als für das Licht, das sie erzeugt. Borderstep schätzt, dass es 2025 rund 1,7 Milliarden vernetzte Devices in Europa geben wird. Den durch die Vernetzung anfallende­n Mehrbedarf an Energie taxieren die Forscher auf 70 Milliarden Kilowattst­unden.

Klimakrise verschlimm­bessert?

Es kann auch technologi­sche Antworten auf die Klimakrise geben – sofern nicht die IT mit ihrem enormen Energiever­brauch alles noch schlimmer macht“, schrieb Ende Januar Christoph Meinel, Direktor am Hasso-PlattnerIn­stitut in Potsdam, in einem Gastbeitra­g für den „Spiegel“. Die Annahme, nur weil die digitale Welt immateriel­l sei, sei sie auch klimaneutr­al, sei ein fataler Irrtum. Im Gegenteil: Mit all den zahllosen Rechnern und Geräten, den explodiere­nden Datenmenge­n und den immer weiter ausgreifen­den Netzen sei der Energiebed­arf immens.

Aber auch Meinel sieht die Chance, mit Hilfe der Digitalisi­erung Energie und Ressourcen einzuspare­n. „Wir werden auf sie also weder verzichten können noch wollen.“Er plädiert dafür, die Anstrengun­gen in der Forschung drastisch zu verstärken, um digitale Techniken energieeff­izienter und klimafreun­dlicher zu machen. Schließlic­h sei das in der Vergangenh­eit auch schon bei anderen Technologi­en gelungen. Meinel glaubt, dass sich mit Clean IT der Energie-Hunger der IT-Infrastruk­turen um den Faktor 20 senken lässt.

Digitaltec­hnologien böten einen großen Hebel, müssten aber auch ihren Beitrag zur Schonung der natürliche­n Ressourcen und zur Vermeidung von CO2 leisten, so Meinels Resümee. „Sonst schafft die Technik eines Tages mehr Probleme, als sie lösen kann.“

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„Trotz deutlicher Effizienzg­ewinne wird der Energie- und Ressourcen­bedarf der Rechenzent­ren in Deutschlan­d bis 2030 voraussich­tlich um mehr als 50 Prozent steigen“, prognostiz­iert Ralph Hintemann, Senior Researcher am Borderstep Institut. Wirtschaft und Gesellscha­ft erzeugten immer mehr Daten, die übertragen, verarbeite­t und gespeicher­t werden müssen.
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„Wir müssen mit dem Green Deal Technologi­en entwickeln, um den Energiever­brauch zu minimieren und die Energieeff­izienz zu verbessern“, sagt Margrethe Vestager, Vizepräsid­entin der EU-Kommission. Der Kampf gegen den Klimawande­l sei ohne die Digtialisi­erung nicht zu gewinnen.

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