Wenn die Lösung zum Problem wird
Streaming-Dienste, Blockchain, künstliche Intelligenz – diese und andere Techniktrends sorgen für massiv ansteigende Datenmengen. Die Verarbeitung wird zur ökologischen Herausforderung.
Der US-Wissenschaftler Andrew McAfee von der MIT Sloan School of Management hat mit „More from Less“ein gewagtes Buch geschrieben. Seine These: Die Zeiten, in denen Wachstum und Wohlstand zwangsläufig einen höheren Ressourcenverbrauch und damit die Zerstörung der Umwelt zur Folge hatten, sind vorbei. Dank technologischer Errungenschaften werde bereits heute viel weniger Metall, Wasser, Holz, Energie etc. verbraucht als noch vor ein paar Jahrzehnten, und trotzdem wachse die Wirtschaft stabil. Kapitalismus und technischer Fortschritt seien nicht mehr das Problem, sondern die Lösung: Unternehmen wollten Ressourcen einsparen, jetzt hätten sie die richtigen Technologien dafür an der Hand.
McAfee hat Recht: Die Digitalisierung hilft, Produktionsanlagen besser zu steuern und auszulasten, Lager und Logistikketten zu optimieren, Verkehrsflüsse zu steuern, den Verbrauch von Dünger und Wasser in der Landwirtschaft zu senken und vieles mehr. Doch er vergisst einen wichtigen Punkt: Auch digitale Lösungen haben einen ökologischen Footprint. Die Anbieter agieren keineswegs klimaneutral.
Die Datenmenge steigt rasant, Rechenzentren werden immer größer und in Zeiten des Edge-Computing wird ihre Anzahl wieder explodieren. Die CO2-Emissionen, die heute durch Internet-Surfen entstehen, entsprechen schon jetzt denen des weltweiten Luftverkehrs (siehe Seite 14). Und in den Haushalten rund um den Globus liegen Abermilliarden elektronischer Endgeräte herum, die Ressourcen binden und nicht entsorgt werden. Damit digitale Technologien nicht jede Menge neue Probleme heraufbeschwören, muss sich die ITK-Branche ihrer steigenden Verantwortung bewusst werden. Gut, dass entschlossenes Vorgehen auch in ihrem wirtschaftlichen Interesse liegt.