KI-Ratgeber für Unternehmen
Künstliche Intelligenz (KI) wird die Welt, in der wir leben und arbeiten, nachhaltig verändern. Doch wie können sich Vorstände und Unternehmen darauf vorbereiten? Beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos war das ein Thema.
Wie können sich Betriebe optimal auf künstliche Intelligenz (KI) vorbereiten? Beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos wurde ein Ratgeber herausgegeben.
Die weltweiten Ausgaben für KI betrugen 2019 laut IDC rund 36 Milliarden Dollar. 2022 sollen die Investitionen bereits bei knapp 80 Milliarden Dollar liegen. Die großen Volkswirtschaften werden in den kommenden Jahren einen Großteil ihres Wachstums auf den Einsatz von KI-Technologien zurückführen. Doch künstliche Intelligenz birgt auch Risiken: Bislang haben kaum Länder nationale KI-Regeln geschaffen. Und die Unternehmen mauern: Nur wenige berichten offen über Erfahrungen und Pläne.
Das sei leichtsinnig, warnten Repräsentanten des WEF in Davos. KI berühre schon heute viele Unternehmensbereiche, für die Vorstände und Aufsichtsräte Verantwortung tragen. „Die Unternehmen werden eine bedeutende Rolle dabei spielen, wie KI die Gesellschaft beeinflusst“, sagte Kay Firth-Butterfield, Leiterin des Bereichs Künstliche Intelligenz beim WEF. Momentan würden aber viele Führungskräfte und Investoren nicht verstehen, was KI für sie tun kann, und welche Parameter gesetzt werden müssen, damit eine verantwortungsvolle Nutzung der Technik möglich wird.
Um Entscheidungsträger bei der Bewältigung dieser Herausforderung zu unterstützen, hat das WEF mit mehr als 100 Unternehmen und Technologieexperten das „Empowering AI Toolkit“entwickelt. Es wurde mit Blick auf die Struktur von Vorstandssitzungen erstellt und richtet sich mit zwölf Lernmodulen an traditionelle Vorstandsausschüsse und die zugeordneten Arbeitsgruppen. Die Intention: Unternehmen sollen mit Hilfe des Werkzeugkastens fundierte Entscheidungen in Bezug auf KILösungen treffen können. Dem WEF zufolge ist es das erste Toolkit, das eine gemeinsame Grundlage weltweit bietet, um Vorstandsmitglieder zu informieren, damit sie ein klares Verständnis der aktuellen Situation rund um KI erhalten. Dabei sollen die Lernmodule die spezifischen Verantwortlichkeiten der Vorstände abdecken und zugleich Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten von KI zeigen.
WEF 2020 – Zwölf Module für den Vorstand
Die zwölf Module lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: Strategie und Kontrolle. Ergänzt werden diese Kategorien noch durch ein Supporting-Modul, das sich dem Thema Responsibility widmet und einen Überblick über die Aufgaben und Pflichten der Verantwortlichen gibt.
Darum geht es in den Strategie-Modulen
➡ Marke: Nutzung von KI, um den Markenruf aufrechtzuerhalten, öffentliches Vertrauen in die eigene Marke aufzubauen und das Unternehmens-Image zu schützen. Aufbau einer Markenreputation durch den Einsatz von KI zur Verbesserung der Gesellschaft.
➡ Wettbewerb: Einsatz von KI, um die Unternehmensziele zu erreichen. KI-Nutzung für Disruption, Wettbewerb sowie zur Wachstumsförderung.
➡ Kunden: Stärkung der Kundenbeziehungen. Mit Hilfe von KI können der Service verbessert, Kundenbedürfnisse und -anliegen adressiert sowie Vertrauen aufgebaut und erhalten werden.
➡ Cybersicherheit: Aufbau eine Abwehrfähigkeit gegenüber KI-basierten Cyberrisiken. Bewertung und Bewältigung von Sicherheitsrisiken durch KI; Einsatz von KI zur Verbesserung der Cyberresilienz und Einbindung in die Abwehrstrategie.
➡ Betriebsmodell: Verwendung von KI zur Verbesserung von Prozessen. Transformation der operativen Prozesse. Optimierung von Produktivität und Effizienz.
➡ Mensch und Kultur: Die Zusammenarbeit von KI und Mensch soll ermöglicht und gefördert werden. Es gilt, eine Kultur und Ethik für den Erfolg von KI zu schaffen. Einsatz der KI im Personalwesen. Technologie: Verwaltung der KI-Implementierung. Aufbau von KI-Systemen. Rückgriff auf bestehende IT-Infrastrukturen; Zukunftsstrategie für den KI-Einsatz entwickeln.
Darum geht es in den Kontroll-Modulen
➡ Audits: Finanzielle Kontrolle und entsprechendes Reporting. Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften.
➡ Ethik: Standards für die ordnungsgemäße Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung von KI erstellen. Ethikgrundsätze für die KI selbst. Einrichtung eines Ethikrates. Risiken von Ethikfehlern erkennen und beheben.
➡ Governance: Strukturierung der KI-Überwachung. Festlegen von Verantwortlichkeiten, zum Beispiel im Vorstand. Verantwortlichkeiten des Ethikrats bestimmen.
➡ Risiko: Management der Unternehmensrisiken. Inwieweit findet eine Risikoexposition durch KI statt? Integration der KI in Risikomanagement-Pläne. Krisenmanagement mit KI-Hilfe planen.
In diesem Zusammenhang ist auch interessant, wie das WEF den Begriff KI definiert.
Hier ist wenig davon zu hören, dass KI Jobs vernichten oder die Menschheit in ihrer Existenz gefährden könnte. Zwar hätten sich KI-Systeme von früheren Expertensystemen, die von Computertechnikern abhängig waren, deutlich weiterentwickelt, so das WEF. Doch von autonom denkenden Systemen seien die heutigen Lösungen noch weit entfernt. Der Vorteil aktueller KI-Systeme sei die Fähigkeit, zu lernen. Mit Hilfe maschineller Lernmethoden (ML) könnten die Systeme Entscheidungen treffen und daraus lernen, ob diese richtig oder falsch waren.
Machine-Learning sowie regelbasierte Entscheidungen sind aus Sicht des WEF jedoch nur einige Technologien, die in KI-Projekten verwendet werden. Andere Techniken, mit denen KI arbeitet, sind etwa Augmented und Virtual Reality, Bildverarbeitung, maschinelles Sehen, Sprachverarbeitung, Data-Analytics sowie die Verarbeitung strukturierter und unstrukturierter Daten. Durch die Kombination dieser Technologien stünden selbstfahrende Autos oder universelle Sprachübersetzer kurz vor dem Durchbruch. Allerdings sei die Menschheit von dem allgemeinen Entwicklungsziel der KI, dem Roboter, der denkt, reagiert und handelt wie ein Mensch, noch viele Jahre entfernt. Wachsen werde in nächster Zeit aber sicherlich die Zahl an KI-Systemen und Robotern für spezifische Einsatzszenarien und Prozesse.
Trotz dieser Beschränkungen sieht das WEF künstliche Intelligenz bereits heute als transformative Allzwecktechnologie. Wie früher die Dampfmaschine und die Elektrizität oder heute Computer und Internet, werde morgen die KI die Art und Weise verändern, wie die Menschen arbeiten und leben. Auf diesen Transformationsprozess sollten sich Unternehmen heute einstellen. „KI ist eine der größten Umwälzungen, die auf Unternehmen, Regierungen und die Gesellschaft als Ganzes zukommen. Gleichzeitig ist KI eine riesige Quelle an neuen Möglichkeiten, um unsere wichtigsten Herausforderungen zu lösen“, unterstreicht Elena Alfaro, Global Head of Data and Open Inovation beim spanischen Kreditinstitut BBVA.
Das „Empowering AI Toolkit“wurde vom Weltwirtschaftsforum gemeinsam mit dem Centre for the Fourth Industrial Revolution Network Fellows von Accenture, BBVA, IBM und Suntory Holdings erstellt. Ferner waren an der Erstellung des Ratgebers AI4All, das Australian Institute of Company Directors, Best Practice AI, Latham & Watkins, Saudi Aramco und Splunk beteiligt.
Lesen Sie mehr zu den gesellschaftlichen und ethischen Aspekten rund um KI auf der Website der COMPUTERWOCHE: KI verdrängt den Menschen nicht www.cowo.de/3548317 KI bewährt sich in der Praxis www.cowo.de/3548121 Künstliche Intelligenz – auch eine Frage der Ethik www.cowo.de/3546097 Kritik an den Vorschlägen der Datenethikkommission www.cowo.de/3547900