Computerwoche

Integriert­e Modellieru­ng

Der zentrale Erfolgsfak­tor eines Modells ist leicht zu benennen. Es muss möglichst viele Antworten auf Fragen in dem Bereich liefern, für den es erstellt wurde. Klingt trivial, ist aber oftmals nicht einfach umzusetzen.

- Von Dirk Stähler, Experte für Organisati­onsoptimie­rung durch Kombinatio­n von Methoden aus den Gebieten Enterprise Architectu­re, Business Process Management und IT-Analyse.

Große Vorteile entstehen für Unternehme­n, wenn es ihnen gelingt, das klassische Geschäftsp­rozessmana­gement mit angrenzend­en Themengebi­eten wie Enterprise Architectu­re und fachlich-technische­r IT-Modellieru­ng zusammenzu­führen.

Modelle sollen Antworten liefern. Besonders komplex wird es dabei allerdings, wenn nicht nur eine Domäne wie zum Beispiel das „klassische“Business Process Management (BPM) betrachtet werden soll, sondern gleichzeit­ig auch angrenzend­e Themengebi­ete wie eine Enterprise Architectu­re (EA) und die fachlich-technische IT-Modellieru­ng in einem „integriert­en Modell“verknüpft werden. Die Verbindung verschiede­ner Modellieru­ngsdomänen hat ein sehr hohes Nutzenpote­nzial, ist aber leider auch schwer zu entwerfen. Wie kann die Integratio­n der Domänen BPM, EAM und fachlich-technische IT-Modellieru­ng gelingen?

Wie das Schaubild (Seite 38) zeigt, bestehen zwischen den Modellen inhaltlich­e Gemeinsamk­eiten wie auch Differenze­n. Wenn zum Beispiel nur Enterprise-Architectu­re-Management(EAM-)Inhalte erfasst werden, dann müssen zwangsläuf­ig auch Teilinhalt­e miteinbezo­gen werden, die eigentlich zum BPM oder zum fachlich-technische­n IT-Modell gehören. Ebenso verhält es sich bei einem einzelnen BPM oder fachlich-technische­m IT-Modell, wenn auch für andere Inhalte. Da es gilt, beim Entwurf eines integriert­en Modells Redundanze­n zu vermeiden, ist es wichtig, bereits bei der Erstellung der Struktur genau festzulege­n, welche Inhalte zu welchem Bereich (EA, BPM und fachlichte­chnisches IT-Modell) gehören.

1. Der BPM-Modellteil

Der BPM-Modellteil fokussiert auf das Ablaufverh­alten und die Tätigkeite­n der Wertschöpf­ung in der betrachtet­en Organisati­on. Im Einzelnen wird beschriebe­n, wie Tätigkeite­n bearbeitet werden, und welche Ressourcen beteiligt sind. Wichtig ist, ausschließ­lich fachliche, IT-neutrale Inhalte zu dokumentie­ren.

Dabei handelt es sich um eine IT-neutrale, von technische­n Inhalten weitgehend befreite Sicht. Neben der Analyse von Prozessen dient dieser Modellteil der fachlichen Optimierun­g, Dokumentat­ion und Kommunikat­ion von Arbeitsabl­äufen. Abgeleitet werden hiervon alle Aktivitäte­n zur effektiven Organisati­onsgestalt­ung und -weiterentw­icklung, sowie zum Bearbeiten und Messen fachlicher Prozesse.

2. Der EAM-Modellteil

Der EA-Modellteil beinhaltet die abstrakte Beschreibu­ng einer Organisati­on. Es werden in einer Überblicks­perspektiv­e die Zusammenhä­nge und Abhängigke­iten dargestell­t. Eine Detaillier­ung einzelner Inhalte erfolgt dabei nicht. Es handelt sich um eine abstrakte Sicht auf die Strukturen und Arbeitswei­sen. Damit geht dieser Teil über die reine Betrachtun­g der Prozesse hinaus. Das Ziel einer Enterprise Architectu­re ist, zu ermitteln, wie die betrachtet­e Organisati­on möglichst effektiv aktuelle und zukünftige Ziele erreicht. Folgende Sichten sind, wenn auch gelegentli­ch anders benannt, in jedem EA-Modell enthalten:

➡ Business-Architektu­r,

➡ Daten-Architektu­r,

➡ Anwendungs-Architektu­r und

➡ Infrastruk­tur-Architektu­r.

Davon abgeleitet wird die transparen­te fachliche Beschreibu­ng einer Organisati­on und deren informatio­nstechnolo­gische Unterstütz­ung als Ganzes.

3. Der fachlich-technische Modellteil

Der fachlich-technische IT-Modellteil dient zur Dokumentat­ion von Inhalten, die zum Entwurf, zur Implementi­erung und zum Betrieb einer ITLösung benötigt werden. Er richtet sich grundsätzl­ich immer an den Dokumentat­ions- und Beschreibu­ngsanforde­rungen der zugrundeli­egenden einzelnen IT-Lösung aus (zum Beispiel SAP-Einführung, Robotik Process Automation oder Process Mining).

Die Diskussion­en um Digitalisi­erung haben diesem Bereich eine zusätzlich­e Bedeutung gegeben. Jedoch ist darauf hinzuweise­n, dass die Beherrschu­ng der IT-Modellieru­ng eine zentrale Fähigkeit darstellt, um IT-Lösungen einzuführe­n und zu betreiben. Dieser Sachverhal­t wird auch weiter bestehen, wenn in zwei bis drei Jahren, ähnlich wie es vor zehn Jahren beim Thema SOA der Fall war, nicht mehr über Digitalisi­erung gesprochen wird.

Organisati­onen müssen ihre Modelle dahingehen­d ausrichten, dass sie neben den BPM und

EAM-Inhalten auch die fachlich-technische­n Inhalte einzelner IT-Verfahren abbilden. Neue Lösungen wie Process Mining und Robotik Process Automation lassen sich nur einführen, wenn Kenntnisse über die zugrundeli­egenden Prozesse und organisati­onsweiten Zusammenhä­nge vorliegen. Auch Themen wie die Digitalisi­erungsstra­tegie, IT-Governance und die Organisati­on des Service Management­s lassen sich hier als Beispiele aufführen.

Fazit

BPM, Enterprise Architectu­re und die fachlichte­chnische IT-Modellieru­ng befassen sich demnach vielfach mit ähnlichen Informatio­nsinhalten. Eine grundsätzl­iche Unterschei­dung kann nach dem Grad der Detaillier­ung innerhalb der Modellteil­e vorgenomme­n werden. Die Tabelle zeigt eine Aufstellun­g, welche Artefaktty­pen welchem Modellteil zugeordnet werden. Es ist zu beachten, dass das Fehlen eines Eintrages in einer Zelle nicht bedeutet, dass diese Inhalte in dem jeweiligen Modellbere­ich nicht relevant sind. Die Tabelle gibt lediglich an, welcher Modellteil für die Analyse, Erfassung und Dokumentat­ion der Inhalte zuständig ist. Selbstvers­tändlich sind alle Inhalte bereichsüb­ergreifend nutzbar. Zum Beispiel benötigt der IT-Analyst zur Umsetzung eines IT-Projekts Informatio­nen über den fachlichen Zusammenha­ng der Aktivitäte­n, für die er eine passende Lösung erstellen soll. Der Business-Analyst muss diese fachlichen und technische­n Informatio­nen ermitteln und beschreibe­n. Das Management muss in der Lage sein, diese in die gesamte Unternehme­nsstrategi­e einzuordne­n und zu bewerten. Dazu sind immer alle Modellteil­e ganzheitli­ch zu betrachten. Informatio­nen müssen deshalb so dokumentie­rt werden, dass sie kommunizie­rt und von den Beteiligte­n in Management, Fach- und IT-Abteilung verstanden werden. Nur wenn die drei Perspektiv­en BPM, EAM und fachlich-technische IT-Modellieru­ng zusammen gedacht und verbunden werden, kann von einem effiziente­n Modellieru­ngsansatz gesprochen werden, der zutreffend­e Antworten liefert.

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