Integrierte Modellierung
Der zentrale Erfolgsfaktor eines Modells ist leicht zu benennen. Es muss möglichst viele Antworten auf Fragen in dem Bereich liefern, für den es erstellt wurde. Klingt trivial, ist aber oftmals nicht einfach umzusetzen.
Große Vorteile entstehen für Unternehmen, wenn es ihnen gelingt, das klassische Geschäftsprozessmanagement mit angrenzenden Themengebieten wie Enterprise Architecture und fachlich-technischer IT-Modellierung zusammenzuführen.
Modelle sollen Antworten liefern. Besonders komplex wird es dabei allerdings, wenn nicht nur eine Domäne wie zum Beispiel das „klassische“Business Process Management (BPM) betrachtet werden soll, sondern gleichzeitig auch angrenzende Themengebiete wie eine Enterprise Architecture (EA) und die fachlich-technische IT-Modellierung in einem „integrierten Modell“verknüpft werden. Die Verbindung verschiedener Modellierungsdomänen hat ein sehr hohes Nutzenpotenzial, ist aber leider auch schwer zu entwerfen. Wie kann die Integration der Domänen BPM, EAM und fachlich-technische IT-Modellierung gelingen?
Wie das Schaubild (Seite 38) zeigt, bestehen zwischen den Modellen inhaltliche Gemeinsamkeiten wie auch Differenzen. Wenn zum Beispiel nur Enterprise-Architecture-Management(EAM-)Inhalte erfasst werden, dann müssen zwangsläufig auch Teilinhalte miteinbezogen werden, die eigentlich zum BPM oder zum fachlich-technischen IT-Modell gehören. Ebenso verhält es sich bei einem einzelnen BPM oder fachlich-technischem IT-Modell, wenn auch für andere Inhalte. Da es gilt, beim Entwurf eines integrierten Modells Redundanzen zu vermeiden, ist es wichtig, bereits bei der Erstellung der Struktur genau festzulegen, welche Inhalte zu welchem Bereich (EA, BPM und fachlichtechnisches IT-Modell) gehören.
1. Der BPM-Modellteil
Der BPM-Modellteil fokussiert auf das Ablaufverhalten und die Tätigkeiten der Wertschöpfung in der betrachteten Organisation. Im Einzelnen wird beschrieben, wie Tätigkeiten bearbeitet werden, und welche Ressourcen beteiligt sind. Wichtig ist, ausschließlich fachliche, IT-neutrale Inhalte zu dokumentieren.
Dabei handelt es sich um eine IT-neutrale, von technischen Inhalten weitgehend befreite Sicht. Neben der Analyse von Prozessen dient dieser Modellteil der fachlichen Optimierung, Dokumentation und Kommunikation von Arbeitsabläufen. Abgeleitet werden hiervon alle Aktivitäten zur effektiven Organisationsgestaltung und -weiterentwicklung, sowie zum Bearbeiten und Messen fachlicher Prozesse.
2. Der EAM-Modellteil
Der EA-Modellteil beinhaltet die abstrakte Beschreibung einer Organisation. Es werden in einer Überblicksperspektive die Zusammenhänge und Abhängigkeiten dargestellt. Eine Detaillierung einzelner Inhalte erfolgt dabei nicht. Es handelt sich um eine abstrakte Sicht auf die Strukturen und Arbeitsweisen. Damit geht dieser Teil über die reine Betrachtung der Prozesse hinaus. Das Ziel einer Enterprise Architecture ist, zu ermitteln, wie die betrachtete Organisation möglichst effektiv aktuelle und zukünftige Ziele erreicht. Folgende Sichten sind, wenn auch gelegentlich anders benannt, in jedem EA-Modell enthalten:
➡ Business-Architektur,
➡ Daten-Architektur,
➡ Anwendungs-Architektur und
➡ Infrastruktur-Architektur.
Davon abgeleitet wird die transparente fachliche Beschreibung einer Organisation und deren informationstechnologische Unterstützung als Ganzes.
3. Der fachlich-technische Modellteil
Der fachlich-technische IT-Modellteil dient zur Dokumentation von Inhalten, die zum Entwurf, zur Implementierung und zum Betrieb einer ITLösung benötigt werden. Er richtet sich grundsätzlich immer an den Dokumentations- und Beschreibungsanforderungen der zugrundeliegenden einzelnen IT-Lösung aus (zum Beispiel SAP-Einführung, Robotik Process Automation oder Process Mining).
Die Diskussionen um Digitalisierung haben diesem Bereich eine zusätzliche Bedeutung gegeben. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die Beherrschung der IT-Modellierung eine zentrale Fähigkeit darstellt, um IT-Lösungen einzuführen und zu betreiben. Dieser Sachverhalt wird auch weiter bestehen, wenn in zwei bis drei Jahren, ähnlich wie es vor zehn Jahren beim Thema SOA der Fall war, nicht mehr über Digitalisierung gesprochen wird.
Organisationen müssen ihre Modelle dahingehend ausrichten, dass sie neben den BPM und
EAM-Inhalten auch die fachlich-technischen Inhalte einzelner IT-Verfahren abbilden. Neue Lösungen wie Process Mining und Robotik Process Automation lassen sich nur einführen, wenn Kenntnisse über die zugrundeliegenden Prozesse und organisationsweiten Zusammenhänge vorliegen. Auch Themen wie die Digitalisierungsstrategie, IT-Governance und die Organisation des Service Managements lassen sich hier als Beispiele aufführen.
Fazit
BPM, Enterprise Architecture und die fachlichtechnische IT-Modellierung befassen sich demnach vielfach mit ähnlichen Informationsinhalten. Eine grundsätzliche Unterscheidung kann nach dem Grad der Detaillierung innerhalb der Modellteile vorgenommen werden. Die Tabelle zeigt eine Aufstellung, welche Artefakttypen welchem Modellteil zugeordnet werden. Es ist zu beachten, dass das Fehlen eines Eintrages in einer Zelle nicht bedeutet, dass diese Inhalte in dem jeweiligen Modellbereich nicht relevant sind. Die Tabelle gibt lediglich an, welcher Modellteil für die Analyse, Erfassung und Dokumentation der Inhalte zuständig ist. Selbstverständlich sind alle Inhalte bereichsübergreifend nutzbar. Zum Beispiel benötigt der IT-Analyst zur Umsetzung eines IT-Projekts Informationen über den fachlichen Zusammenhang der Aktivitäten, für die er eine passende Lösung erstellen soll. Der Business-Analyst muss diese fachlichen und technischen Informationen ermitteln und beschreiben. Das Management muss in der Lage sein, diese in die gesamte Unternehmensstrategie einzuordnen und zu bewerten. Dazu sind immer alle Modellteile ganzheitlich zu betrachten. Informationen müssen deshalb so dokumentiert werden, dass sie kommuniziert und von den Beteiligten in Management, Fach- und IT-Abteilung verstanden werden. Nur wenn die drei Perspektiven BPM, EAM und fachlich-technische IT-Modellierung zusammen gedacht und verbunden werden, kann von einem effizienten Modellierungsansatz gesprochen werden, der zutreffende Antworten liefert.
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