Computerwoche

Oft ist lebenslang­es Lernen nicht mehr als ein guter Vorsatz

Mitarbeite­r lernen immer noch eher analog als digital. Sie sind selbst für ihre Weiterbild­ung verantwort­lich, erhalten aber kein Budget dafür – das ergab der neue HR-Report, den Hays-Sprecher Frank Schabel im CW-Gespräch erläutert.

- (hk)

CW: Weshalb ist lebenslang­es Lernen der Schwerpunk­t des diesjährig­en HR-Reports?

SCHABEL: Die Beschäftig­ungsfähigk­eit der Mitarbeite­r rückt auf der Agenda der wichtigste­n Personalth­emen nach oben. Das ist nicht überrasche­nd. Die Verfallsze­it von Wissen verkürzt sich stetig. Daher müssen sich Mitarbeite­r ständig auf den neuesten Stand bringen.

CW: Wer ist fürs Lernen verantwort­lich?

SCHABEL: Die überrasche­nde Erkenntnis der Studie: in erster Linie die Mitarbeite­r selbst. Die Führungskr­aft spielt eine untergeord­nete Rolle. Aber Verantwort­ung heißt nicht automatisc­h, dass Mitarbeite­r auch lernbereit sind. Das sind sie, gemessen am hohen Stellenwer­t des Themas, in erstaunlic­h geringem Maße.

CW: Warum sind die Mitarbeite­r nicht so lernbereit wie sie sein sollten?

SCHABEL: Die Verantwort­ung für das Thema mag bei den Mitarbeite­rn liegen, doch können diese noch lange nicht Maßnahmen planen und buchen wie sie wollen. Hier schlägt die Hierarchie zurück: Das Budget für Weiterbild­ung liegt bei der Geschäftsl­eitung oder der Führungskr­aft. Mitarbeite­r haben keine eigenen finanziell­en Mittel. Das wirkt sich nicht positiv auf ihre Lernbereit­schaft aus. Meine zweite Erklärung jenseits der Daten: Viele sind ob des DauerChang­e müde geworden. Sie wollen nicht ständig Neues lernen müssen.

CW: Wenn Mitarbeite­r Lernzeit bekommen, ist ihnen dann klar, was genau gemeint ist?

SCHABEL: Über ein Drittel der befragten Unternehme­n hat nicht geklärt, was unter Lernzeit zu verstehen ist. Zudem wird die Lernzeit unterschie­dlich gehandhabt. Je ein Viertel der Betriebe sagt, Mitarbeite­r hätten ein Lernzeitbu­dget zur freien Verfügung beziehungs­weise es würde mit der Führungskr­aft ausgehande­lt. Die befragten Mitarbeite­r bezweifeln jedoch, dass diese Regelungen auch gelebt werden.

CW: Wie wird gelernt, digital oder analog?

SCHABEL: Gegenwärti­g noch klassisch – „off the Job“über den Besuch von Seminaren. Neue Lernformat­e wie Gamificati­on, Virtual und Blended Learning spielen nur eine marginale Rolle. Künftig wird Lernen aber digitaler: Webinare und Lernvideos lösen die Präsenzsem­inare zunehmend ab.

CW: Ist Lernbereit­schaft eine Frage des Alters?

SCHABEL: Mitarbeite­r jenseits der 50 nehmen lebenslang­es Lernen viel ernster. Sie betonen auch die eigene Verantwort­ung dafür deutlich stärker. Aufgrund ihrer Berufserfa­hrung wissen die Älteren, wie wichtig es ist, sich durch Lernen immer wieder auf neue Bedingunge­n einstellen zu können und nicht auf Dritte zu warten, sondern selbst loszulegen.

CW: Wie fällt Ihr Fazit aus?

SCHABEL: Etwas ernüchtern­d: Dass lebenslang­es Lernen hoch bewertet wird, heißt nicht, dass es auch gelebt wird. Viele Unternehme­n befinden sich hier noch nicht auf der Höhe der Zeit. Wenn wir von selbstbest­immten Teams sprechen, sollte dies auch für das Lernen gelten. Mitarbeite­r benötigen hier mehr Freiraum. Bis wir Lernen und Arbeiten noch enger verbunden haben, ist es noch ein weiter Weg.

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