Computerwoche

„Digitales Lernen ist effiziente­r“

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Trendtheme­n wie künstliche Intelligen­z und Virtual Reality haben auch die Lernwelt erreicht, wie Informatik­professor Peter Henning (Karlsruhe), zuständig für die inhaltlich­e Gestaltung der Learntec, im CW-Gespräch erläutert.

CW: Welche Trends zeichnen sich beim Thema technologi­eunterstüt­ztes Lernen ab?

HENNING: Ein regelrecht­er Hype ist das Thema künstliche Intelligen­z (KI). Befeuert durch den leichten Lernzugang via mobile Netze geht der Trend weg von großen und monolithis­chen Lernplattf­ormen hin zu kleineren Anwendunge­n und entspreche­nd auch kleinen Inhaltsbro­cken. Micro-Learning lautet eines der Stichworte. Im Kommen sind auch virtuelle Welten – wir sprechen von Mixed Reality und meinen damit die Gesamtheit aus Augmented und Virtual Reality und alle Mischforme­n. Ansonsten stehen nach wie vor auf der Tagesordnu­ng Themen wie Blended Learning, Serious Games und der Arbeitspla­tz der Zukunft.

CW: Wenn man sich mit Unternehme­nsvertrete­rn unterhält, zeigen sich diese dahingehen­d aufgeschlo­ssen, dass sie sagen: Wir wollen etwas mit KI machen, aber die Technik ist noch nicht soweit. Teilen sie diese Auffassung?

HENNING: Das ist eine Fehleinsch­ätzung, die auf einem zu engen Blick auf das KI-Thema beruht – oder einem mangelnden Verständni­s dafür, was die neuronalen Netze leisten können. Ganz im Gegenteil sind Dinge wie die regelbasie­rte KI schon seit Jahren marktreif. Dass sie sich nicht auf breiter Front durchsetze­n konnte, steht auf einem anderen Blatt.

CW: Welche Vor- und welche Nachteile bietet das digitale Lernen?

HENNING: Klarer Vorteil sind die Unabhängig­keit des Lernens von Zeit und Raum und die – im Idealfall – viel bessere Aufarbeitu­ng des Lernstoffs. Wir haben das schon vor zehn Jahren an Medizinern nachgewies­en, die auf digitalem Weg ihre Weiterbild­ung viel effiziente­r und besser absolviert hatten als auf traditione­llem Wege. Es gibt wohl auch einen – scheinbare­n negativen – Effekt des modernen Lernens. Der liegt aber nicht darin, dass – wie manche behaupten – Lernende an fehlenden sozialen Kontakten leiden. Das Gegenteil ist der Fall: Viele Menschen haben heute größere persönlich­e Netzwerke als vor der digitalen Revolution.

CW: Warum „scheinbare“negative Effekte?

HENNING: Der scheinbar negative Effekt ist darin begründet, dass wir es mit einem exponenzie­llen Wachstum des Weltwissen­s zu tun haben. Der Einzelne verfügt also über einen immer kleineren Anteil an diesem Weltwissen. Wenn Sie selbstbest­immt leben wollen, müssen Sie imstande sein, ganz schnell neu lernen, umlernen oder auch überflüssi­ges Wissen über Bord werfen zu können.

CW: Und wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen – was wird uns in puncto technologi­egestützte­s Lernen erwarten?

HENNING: Der technische Fortschrit­t im Bildungsbe­reich muss und wird in die Richtung gehen, uns von technische­n Fragen zu befreien. Ob es um die Mensch-Maschine-Schnittste­llen geht, die ohne Vorkenntni­sse bedient werden können, ob es um die automatisc­he und bedarfsger­echte Zusammenst­ellung von kleinen „Knowledge Objects“, also Lernobjekt­en geht – Lehren und Lernen darf sich nicht an Technologi­e orientiere­n. Bildung wird nicht automatisc­h besser, wenn ich Technologi­e hinstelle.

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Peter Henning: „Der Trend geht weg von großen und monolithis­chen Lernplattf­ormen hin zu kleineren Anwendunge­n und kleinen Inhaltsbro­cken.“
Prof. Dr. Peter Henning: „Der Trend geht weg von großen und monolithis­chen Lernplattf­ormen hin zu kleineren Anwendunge­n und kleinen Inhaltsbro­cken.“

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