Keiner spricht gern Entlassungen aus
So führen Manager Kündigungsgespräche richtig.
Mitarbeitern ihre Kündigung mitzuteilen gehört zu den heikelsten Führungsaufgaben. Entsprechend sorgfältig sollten sich Vorgesetzte auf solche Gespräche vorbereiten, um die Trennung möglichst schmerzfrei zu gestalten – für alle Beteiligten.
Als ich abends von der Arbeit nach Hause kam, lag meine Kündigung im Briefkasten. Und als ich am nächsten Morgen ins Büro kam? Da wussten schon alle Kollegen Bescheid und schauten betroffen weg. Der einzige, der nicht zu sehen war, war mein Chef. Der hatte sich Urlaub genommen.“
Zugegeben, so stil- und taktlos verlaufen Entlassungen selten. Doch viele Führungskräfte scheuen sich, Mitarbeitern eine Kündigung persönlich mitzuteilen. Außerdem gehen sie den Betroffenen gern aus dem Weg, wenn diese Bescheid wissen. Dieses Wegducken hat Konsequenzen. Der Gekündigte sieht sich und seine Arbeit herabgewürdigt und macht Stimmung gegen den Arbeitgeber. In der Folge kann die Arbeitsmoral sinken. Die Kollegen schämen sich für ihren Chef und fürchten: Irgendwann wird er mit uns genauso verfahren.
Die saubere Trennung
Unternehmen sollten eine Trennung von Mitarbeitern – die manchmal zweifellos notwendig ist – möglichst sauber und fair gestalten. Sie sollten darauf achten, dass das Selbstwertgefühl der zu kündigenden Person gewahrt bleibt, die verbleibenden Mitarbeiter nicht unnötig demotiviert werden, und die Firma keinen langfristigen Schaden erleidet.
Das setzt eine gute Vorbereitung voraus. Diese gelingt Unternehmen am besten, wenn sie, sobald feststeht, dass Mitarbeiter entlassen werden müssen, eine Art Drehbuch für die Kündigung und Trennung schreiben.
In der Regel sollte der unmittelbar Vorgesetzte den betroffenen Mitarbeiter über seine Kündigung informieren – selbst wenn das Schreiben dann von der Personalabteilung versandt wird. Auf dieses Gespräch muss er sich vorbereiten. Zuerst sollte er sich fragen: Teile ich dem Mitarbeiter erst einmal nur die Kündigung mit und setze mich anschließend nochmals mit ihm zusammen, um zu vereinbaren, wie die Trennung gestaltet wird? Oder sollen Kündigungs- und Trennungsgespräch zeitgleich stattfinden?
Die Entscheidung hierüber sollten Sie von folgenden Aspekten abhängig machen:
Wer ist Ihr Gegenüber?
Wie wird er/sie vermutlich reagieren? Rechnet er/sie bereits mit einer Kündigung oder fällt er/sie aus allen Wolken?
Ist Letzteres der Fall, ist die Trennung von Kündigungs- und Trennungsgespräch die angemessenere Lösung. So hat der oder die Betroffene eine Chance, den Schock erst einmal zu verdauen und sich auf das folgende Trennungsgespräch vorzubereiten.
Oft wollen Führungskräfte das Kündigungsgespräch schnell hinter sich bringen. Die Folge:
Sie stoßen den Mitarbeiter vor den Kopf, indem sie das Gespräch unvermittelt mit der Nachricht „Sie sind entlassen“beginnen. Zuweilen scheuen sie sich aber auch, die unangenehme Botschaft auszusprechen und reden um den heißen Brei herum. Beides ist unangebracht.
Emotionen akzeptieren
Überlegen Sie sich eine adäquate Gesprächseröffnung, bei der Sie nicht zunächst endlos zum Beispiel über die ungünstige wirtschaftliche Lage oder die nötige Umstrukturierung Ihres Betriebs sprechen. Das erhöht unnötig die Qualen des Mitarbeiters, der meist schnell ahnt, wohin das Gespräch führt. Kommen Sie nach einer kurzen Einleitung zur Sache. Sagen Sie zum Beispiel: „Wie Sie wissen, ist unser Auftragsvolumen um ein Drittel eingebrochen. Deshalb musste die Unternehmensführung einige Sparmaßnahmen beschließen. Dazu zählen vier betriebsbedingte Kündigungen in unserem Bereich. Die betroffenen Mitarbeiter wurden anhand folgender Kriterien ausgewählt ... Sie, Herr/ Frau ..., zählen leider zu den Betroffenen. Wir werden das Arbeitsverhältnis mit Ihnen zum 30. Juni beenden.“
Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich – manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie es zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie hierfür Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm oder ihr dies nicht, sollten Sie das Gespräch über Trennungsmodalitäten vertagen – zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: „Herr/ Frau Mayer, sicher müssen Sie den Schock erstmal verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen noch einmal zusammensetzen und darüber reden ...?“
Zuweilen müssen Führungskräfte Kündigungen aussprechen, von denen Sie selbst nicht überzeugt sind – zum Beispiel, weil sie am Sinn der beschlossenen Umstrukturierung zweifeln. Oder weil sie sich lieber von einem anderen Mitarbeiter getrennt hätten, aufgrund der Sozialauswahl jedoch keine andere Entscheidung möglich war. Dann dürfen Sie im Gespräch mit dem Mitarbeiter diese Bedenken nicht äußern – zum Beispiel mit Worten wie „Ich verstehe auch nicht, warum die Geschäftsführung ...“. Sie nehmen die Aufgabe der Kündigung stellvertretend für Ihre Unternehmensleitung wahr. Andernfalls geraten Sie in eine schwierige Situation, wenn der Gekündigte gegenüber Dritten äußert: „Sogar unser Chef empfindet die Kündigung als ungerecht.“Sie werden dann unfreiwillig zu einem Kronzeugen gegen die Unternehmensführung – eventuell sogar dann, wenn der Betroffene rechtliche Schritte gegen die Kündigung ergreift.
Häufiger Vorwurf: „Sie haben doch gesagt ...“
Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte in Kündigungsgesprächen oft konfrontiert werden, lautet: „Aber vor einem Monat haben Sie doch noch mit mir geplant ...“, oder: „Bei der Weihnachtsfeier sagten Sie noch, unsere Arbeitsplätze seien sicher.“Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen
Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat.
Nicht selten erfahren Führungskräfte in Kündigungs- und Trennungsgesprächen Details aus dem Privatleben der Gekündigten, von denen sie zuvor nichts wussten. Das können verzweifelte Äußerungen sein wie: „Aber ich habe doch gerade ein Haus gebaut.“Oder: „Meine Frau hat mich verlassen, und ich muss ihr und den Kindern Unterhalt zahlen.“Zuweilen stellen die neuen Informationen sogar die Kriterien der in größeren Betrieben für Entlassungen vorgeschriebenen Sozialauswahl in Frage.
Zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter erklärt: „Ich muss für meine pflegebedürftigen Eltern aufkommen“, oder „Ich bin zwar ledig, lebe jedoch seit Jahren mit einer Frau mit zwei Kindern zusammen.“
Auch dann dürfen Sie die Kündigung nicht in Frage stellen. Sonst schaffen Sie einen Präzedenzfall. Alle anderen Mitarbeiter, denen Sie noch kündigen müssen, werden mit Ihnen einen Kuhhandel beginnen. Und wenn eine Kündigung aufgrund der neuen Infos rechtlich problematisch wird? Dann sollten Sie mit dem Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag anstreben. Ein monatelanger Arbeitsgerichtsprozess mit ungewissem Ausgang belastet das Betriebsklima sehr.
„Warum gerade ich?“
Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: „Warum gerade ich?“Geben Sie dazu eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich jedoch auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, stellt die Kündigung selbst infrage.
Wie schwer eine Kündigung zu begründen ist, hängt weitgehend vom Anlass ab. Bei personen
oder verhaltensbedingten Kündigungen ist das Begründen leicht. Hier gilt es vor allem, das rechtliche Prozedere zu beachten. Schwieriger ist es, wenn ein Mitarbeiter nicht die gewünschte Leistung erbringt. Dann sollte die mangelnde Passung zwischen Aufgaben und Qualifikation im Gespräch im Vordergrund stehen.
Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn diese Sozialauswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der gekündigte Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene.
Anders ist die Situation, wenn in die Auswahl auch Faktoren einfließen wie: Wer bringt welche Leistung? Und: Welche Fertigkeiten braucht das Unternehmen? Dann wird das Begründen schnell zur heiklen Aufgabe. Das ist etwa der Fall, wenn Sie gegenüber einem Techniker begründen sollen, warum er gehen muss, während seine zwei Berufskollegen, die dieselben Aufgaben verrichten, bleiben dürfen. Gerade bei solchen Kündigungen bewegen sich Unternehmen juristisch oft auf dünnem Eis. Deshalb ist es in solchen Fällen meist vorteilhafter, eine Aufhebungsvereinbarung anzustreben.
Warum Newplacement-Berater?
Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie sich die Trennung gestalten lässt. Außerdem sollten Sie ihm oder ihr Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten, indem sie etwa seine/ihre Wünsche beim Formulieren des Arbeitszeugnisses berücksichtigen. Oder indem Sie anbieten, im Bewerbungsprozess als Referenzperson für zur Verfügung zu stehen.
Um die Trennung reibungslos zu gestalten, empfiehlt es sich mitunter, einen Karriere- oder Newplacement-Berater zu engagieren, der die gekündigten Mitarbeiter beim Entwickeln einer neuen beruflichen Perspektive unterstützt. Durch die Zusammenarbeit mit einem solchen Berater wird der Blick der gekündigten Mitarbeiter in Richtung Zukunft gewendet, sodass sich die Kündigung leichter verarbeiten lässt. Außerdem wird hierdurch an die verbleibenden Mitarbeiter das Signal gesendet: Der Betrieb lässt „ehemalige“Kollegen nicht im Regen stehen. Gerade, wenn es um das Entlassen von altbewährten und hochangesehenen Mitarbeitern geht, sollten Unternehmen die Inanspruchnahme externer Hilfe erwägen. Das ist auch geboten, wenn eine Kündigung rechtlich problematisch werden könnte: Die Unterstützung beim Erarbeiten einer neuen beruflichen Perspektive erleichtert Mitarbeitern das Zustimmen zu einem Aufhebungsvertrag.
Am besten gleich freistellen
Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidungstermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat das den Vorteil: Sie können sich voll auf die Suche nach einem neuen Job konzentrieren. Auch für das Betriebsklima ist eine Freistellung meist das Beste. Denn solange der oder die gekündigten Mitarbeiter im Unternehmen verweilen, sind die weiter beschäftigten Kollegen innerlich hin- und hergerissen. Einerseits haben sie Mitleid mit ihren Kollegen, andererseits sehen sie oft die Notwendigkeit der Kündigungen. Dieser innere Zwiespalt wirkt sich negativ auf die Arbeitsmoral aus und hindert die Mitarbeiter daran, ihren Blick wieder in die Zukunft zu richten. Das sollte in dem für alle beteiligten Personen schmerzhaften Personalabbau möglichst schnell geschehen.