„Lust auf Digitalisierung“
Die digitale Begeisterung bei den Deutschen nimmt zu. Allerdings ist die Gefahr groß, dass nicht alle Teile der Bevölkerung an den digitalen Errungenschaften partizipieren können. Das zeigt der Digital-Index der D21-Initiative.
Die Deutschen stehen der Digitalisierung positiv gegenüber, so hat die D21-Initiative ermittelt. Doch steigt das Risiko für schlechter ausgebildete Menschen, abgehängt zu werden.
Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21, zieht ein positives Fazit zur neuen Studie D21-Digital-Index: „Die Deutschen haben Lust auf Digitalisierung!“Die Menschen empfänden den Einfluss digitaler Techniken auf Leben und Arbeit grundsätzlich positiver. Schwaderer sieht aber auch, dass die Bildung einen entscheidenden Einfluss darauf habe, wie gut jemand die Chancen des digitalen Wandels nutzen kann. „Vor allem Bürgerinnen und Bürger mit geringer formaler Bildung sehen den Einfluss der Digitalisierung auf Herausforderungen wie Arbeitsplatzverlust oder Wegfall von Tätigkeiten deutlich kritischer, fühlen sich häufiger überfordert.“
Insgesamt 20.322 Bürgerinnen und Bürger befragte der gemeinnützige Verein Initiative D21 in Deutschland, davon beantworteten über 2.000 Studienteilnehmer auch vertiefende Fragen. D21 wollte herausfinden, wie die Deutschen zum digitalen Wandel stehen. Dabei ging es um Aspekte wie digitale Selbstbestimmtheit und digitales Arbeiten, aber auch um Fragen zur Datensouveränität, möglicher Wahlbeeinflussung und der Internetnutzung in den Bundesländern. Heraus kam ein Lagebild zur digitalen Gesellschaft.
Die digitale Spaltung bleibt bestehen
Auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten hat die deutsche Gesellschaft im aktuellen Index einen Durchschnittswert von 58 Punkten erreicht, drei mehr als im Vorjahr. Damit steigt der Index seit 2016 merklich an, nachdem er in den Jahren 2013 bis 2015 bei knapp über 50 Zählern stagniert hatte. Grund für den jüngsten Zuwachs sind Steigerungen in allen vier Kategorien: Zugang (plus vier Punkte), Kompetenz (plus drei Punkte), Nutzungsverhalten (plus vier Punkte) und Offenheit gegenüber digitalen Themen (plus ein Punkt).
86 Prozent der Bevölkerung haben einen Internet-Zugang, das ist ein Plus von zwei Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Wichtigster Treiber ist das mobile Internet, das inzwischen 74 Prozent der Bevölkerung nutzen (plus sechs Punkte). In der Altersgruppe zwischen 14 und 59 Jahren ist fast jeder Deutsche online. Doch auch die Senioren gehen ins Netz: 81 Prozent der 60- bis 69-Jährigen und mehr als die Hälfte der über 70-Jährigen.
Zum ersten Mal in der Geschichte des D21-Index ist die Gruppe derjenigen, die sich für „Digitale VorreiterInnen“halten, am größten (44 Prozent – plus sieben Prozentpunkte). Die „Digital Mithaltenden“machen nur noch 38 Prozent aus (Vorjahr: 42 Prozent), und der Anteil der „Digital Abseitsstehenden“schrumpft um drei auf 18 Prozentpunkte. „Digitalkompetenz“ist allerdings ein unscharfer Begriff. Oft bleiben die Fähigkeiten auf den Umgang mit dem Smartphone beschränkt und betreffen das Aufnehmen und Versenden von Fotos sowie den Versand von Nachrichten. Programmieren oder Webseiten gestalten können die wenigsten.
Mit digitalen Fachbegriffen können viele Bürger noch immer nichts anfangen. Zwar gab gut die Hälfte der Befragten an, Begriffe wie Fake News, künstliche Intelligenz oder Cloud erklären zu können. Hakt man jedoch genauer nach, stellt sich heraus, dass dieses vermeintliche Wissen bei vielen höchstens ansatzweise vorhanden ist. Mit Themen wie dem Internet of Things oder Blockchain können nur wenige etwas anfangen. Insgesamt bekommen die Menschen hierzulande die Auswirkungen der Digitalisierung immer stärker zu spüren: 43 Prozent der Befragten gaben an, dass sich ihre Arbeitsabläufe durch den digitalen Wandel bereits spürbar verändert hätten. Bei Personen mit einem Bürojob sind es sogar 58 Prozent. In der Bewertung dieser Entwicklungen sind die Menschen uneins: Jeweils knapp 40 Prozent sehen einerseits neue Jobchancen, fast ebenso viele fühlen sich aber auch zunehmend unter Druck gesetzt.
Gefahr der digitalen Spaltung
Um den Anforderungen der Digitalisierung gewachsen zu sein, gilt es lebenslang weiter zu lernen. Das sagen über drei Viertel der Interviewten. 27 Prozent empfinden dies als Belastung. Grundsätzlich erweist sich hierzulande das Thema Bildung als die Achillesferse der Digitalisierung. So glaubt nur ein gutes Drittel der Befragten, dass deutsche Schulen die notwendigen Fähigkeiten vermitteln können.
Außerdem zeigt die aktuelle Umfrage, dass in Sachen Online-Nutzung und der Verwendung digitaler Techniken weniger gut gebildete Personen den Anschluss an die restliche Bevölkerung verlieren könnten: Menschen mit höherer und mittlerer Ausbildung sind zu über 90 Prozent online, alle anderen nur zu 64 Prozent. Da sich durch die fortschreitende Digitalisierung das tägliche Leben wie auch die Arbeitswelt weiter verändern, liefen weniger Gebildete Gefahr, von gesellschaftlicher Teilhabe und Mitgestaltung ausgeschlossen zu werden, warnen die Verantwortlichen von D21. „Auch in Zukunft wird es wichtig bleiben, denjenigen Menschen Hilfestellungen zu geben, die mit der Digitalisierung noch nicht Schritt halten können“, kommentierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die Ergebnisse der Studie. Es sei erfreulich, dass die Mehrzahl der Menschen in unserem Land die Auswirkungen der Digitalisierung eher positiv wahrnehme und optimistisch in die Zukunft blicke, stellte der CDUPolitiker fest. „Aber sie finden auch, dass Digitalisierung in Schule, Studium und Ausbildung noch stärker eingesetzt und vermittelt werden muss. Hier muss Deutschland besser werden.“