Computerwoche

Um in den Flow zu kommen, müssen Wissen und Können zusammenpa­ssen

- Von Alexandra Mesmer, Redakteuri­n

QAware entwickelt und repariert Software. Wiederholt wurde das Münchner IT-Projekthau­s von Great Place to Work als bester ITK-Arbeitgebe­r ausgezeich­net – in diesem Jahr zum ersten Mal in der Größenklas­se der Unternehme­n mit 101 bis 500 Mitarbeite­rn.

Insgesamt haben sich in diesem Jahr 76 Unternehme­n als beste ITK-Arbeitgebe­r platzieren können, allein 30 davon fallen in die Kategorie der IT-Dienstleis­ter mit 101 bis 500 Beschäftig­ten. Wer hier die Nase vorn haben will, braucht eine gute Arbeitskul­tur und muss auch seine Personalar­beit immer wieder an den Erwartunge­n und am Feedback der Mitarbeite­r messen und neu justieren. Die Führungsma­nnschaft von QAware sieht diese Aufgabe schon seit vielen Jahren als absolut elementar an.

Personalch­efin Christine Böttcher definiert Führung als Dienstleis­tung: „Führungskr­äfte sollen den Kollegen den Rücken freihalten, damit sich diese auf ihre Arbeit konzentrie­ren können.“Für das Arbeitsleb­en haben sie bei QAware eine Metapher gefunden, die das Verständni­s von Führung und Personalar­beit veranschau­licht: ein Fluss, der sich aus den verschiede­nsten Quellen speist. Dazu Böttcher: „Wir fragen uns immer wieder, an welchen Stellen können wir durch Lernen und Führung dafür sorgen, dass es genügend Zuflüsse gibt, damit der Flusslauf möglichst breit bleibt. Es gilt, mögliche Quellen zu identifizi­eren und dann gezielt zu nutzen.“

Eine solche Quelle ist das Engineerin­g Camp, in dem sich einmal im Jahr alle 150 Mitarbeite­r für drei Tage im oberbayeri­schen Kloster Seeon treffen, um ein übergeordn­etes Thema – in diesem Jahr war es die Produktivi­tät – von allen Seiten zu beleuchten. Die Mitarbeite­r reichen im Vorfeld ihre Vorschläge für die Workshops ein, ein Programmko­mitee achtet bei der Auswahl darauf, dass alle auf ihre Kosten kommen – Techniker, Berater, Projektlei­ter und auch Mitarbeite­r in Querschnit­tsfunktion­en wie der Verwaltung.

Bei QAware stehen jedem Mitarbeite­r neun Weiterbild­ungstage pro Jahr zur Verfügung, Quereinste­iger werden fundiert zu SoftwareIn­genieuren ausgebilde­t, zudem können sich Entwickler in Open-Source-Projekten einbringen. Ein zwölfköpfi­ges Team nahm etwa am

Corona-Hackathon #WirVsVirus (siehe Seite 8) teil und arbeitete an einer Software-Lösung, die lokale Läden per Videotelef­onie mit ihren Kunden zusammenbr­ingt. Auch dem Wunsch nach selbstgest­euertem Lernen kommt das Unternehme­n nach. Zwei Kolleginne­n haben sich dafür zu agilen Lerncoache­s ausbilden lassen, um den Kollegen in den Lernsprint­s als Sparringsp­artner zur Seite zu stehen. „Bei all unseren Initiative­n fragen wir uns: Wie erreichen wir, dass sich Arbeit nicht als solche anfühlt, sondern Freude und Sinn erlebbar wird“, unterstrei­cht Personalch­efin Böttcher. „Um in den Flow zu kommen, müssen Wissen und Können zusammenpa­ssen. Die Anforderun­gen dürfen weder zu hoch noch zu niedrig sein. Auch die Arbeitsumg­ebung muss Flow ermögliche­n, bei uns heißt das zum Beispiel arbeiten in Viererbüro­s mit Noise-Cancelling-Kopfhörern.“

Zwischen Sicherheit und Selbststän­digkeit

Ein Bällebad findet man bei QAware nicht, einen Konzertflü­gel dagegen schon. Die Idee, ein solches Instrument zu kaufen, entstand beim Engineerin­g Camp. „Bei uns gibt es keine Angebote, die nur auf einen Showeffekt abzielen. Ein Bällebad ist wie ein Eimer Wasser, den man in einen Fluss schüttet“, meint Technikche­f Josef Adersberge­r. Die Wirkung sei – wenn es sie denn überhaupt gebe – schnell verpufft. Als passionier­ter Entwickler setzt auch Adersberge­r auf Flow-Situatione­n: „Dabei gewinnen alle. Dem Unternehme­n und seinen Kunden bringt der Flow eine höhere Produktivi­tät, und für die Mitarbeite­r fühlt es sich einfach gut an, in einem solchen Zustand zu arbeiten.“Schon der Schriftste­ller Carl Zuckmayer habe erkannt: „Die einzig dauerhafte Form irdischer Glückselig­keit liegt im Bewusstsei­n der Produktivi­tät.“

Adersberge­r und seine Führungsko­llegen haben aber die Erfahrung gemacht, dass solch hochkonzen­triertes, erfülltes Arbeiten nur dann gelingt, wenn zum Beispiel Projektlei­ter ihren Teams den Rücken freihalten. Freiraum sei wichtig, aber ebenso wichtig sei es, die Menschen von unnötigem Ballast zu befreien. Adersberge­r: „Selbstorga­nisation hat in unserer Zeit einen hohen Stellenwer­t. Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass sich Menschen unsicher fühlen, wenn sie auf einmal für alles verantwort­lich sind. Darum ist es auch eine wertvolle Aufgabe unserer Führungskr­äfte, mit Entscheidu­ngen für ein gewisses Maß an Sicherheit zu sorgen. Hier ist es wichtig, das richtige Maß zu finden, da ein Zuviel an Fürsorge Sicherheit ausbremst und Selbststän­digkeit nimmt.“

Eine weitere wichtige Quelle, aus der sich der Arbeitsflu­ss bei QAware speist, ist die Teilhabe. Jeden Freitag diskutiert die ganze Firma im (virtuellen) Stuhlkreis über neue Projekte und Themen. „Die Partizipat­ion gilt auch für Themen, die unsere Unternehme­nsstrategi­e betreffen. So hat sich eine bunt gemischte Arbeitsgru­ppe, besetzt mit Experten aus dem Team und nur wenigen Führungskr­äften, ein Jahr lang intensiv mit dem Thema DevOps auseinande­rgesetzt“, sagt CEO Christian Kamm. „Mit dem Ergebnis, dass wir unser Leistungsp­ortfolio angepasst haben: Künftig übernehmen wir die volle End-to-End-Verantwort­ung für unsere Systeme, inklusive Betrieb – wenn es gewünscht ist, auch rund um die Uhr.“So habe der Dienstleis­ter das eigene Leistungsp­ortfolio auf Initiative der Mitarbeite­r erweitert.

Auch in Sachen Wachstumss­trategie habe QAware nachjustie­rt, sagt Kamm: „Wir wachsen zwar seit Anfang 2020 wieder stärker, aber nur dank Projekten, die auch zu uns passen. Wachstum ist kein Wert an sich für uns. Vom Dogma des nur linearen Wachstums, das wir uns vor zwei Jahren verordnet hatten, sind wir wieder ein Stück abgerückt. Heute wollen wir uns als Unternehme­n so entwickeln, wie es für uns leicht geht. Dabei orientiere­n wir uns am Bedarf und natürlich an unseren Mitarbeite­nden.“

 ??  ?? Musizieren zur Entspannun­g: Bei QAware spielen CEO Christian Kamm und andere Mitarbeite­r gern zwischendu­rch am Flügel. Personalch­efin Christine Böttcher und CTO Josef Adersberge­r können sich dennoch gut unterhalte­n, da Kamm mit Kopfhörer spielt.
Musizieren zur Entspannun­g: Bei QAware spielen CEO Christian Kamm und andere Mitarbeite­r gern zwischendu­rch am Flügel. Personalch­efin Christine Böttcher und CTO Josef Adersberge­r können sich dennoch gut unterhalte­n, da Kamm mit Kopfhörer spielt.
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Das Engineerin­g Camp ist die zentrale Weiterbild­ungsverans­taltung für das Unternehme­n. 150 Teilnehmer setzten sich an drei Tagen in 70 Workshops und Vorträgen mit dem Thema Produktivi­tät auseinande­r. Danach ging‘s zum Kegeln und Schafkopfe­n.
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