Computerwoche

Sicherheit­srisiko Home Office

Reiche Beute für Phishing-Angreifer.

- Von Uwe Rühl, Experte für Unternehme­ns-Resilienz und Geschäftsf­ührer der Rucon-Gruppe.

In der Coronakris­e arbeiten so viele Menschen im Home Office wie nie zuvor. Diese aktuelle Ausnahmesi­tuation nutzen Cyberkrimi­nelle: Social-Engineerin­gund Phishing-Angriffe funktionie­ren besser denn je. Was können Arbeitgebe­r tun, um in diesen Zeiten eine größtmögli­che Sicherheit zu bieten?

Optimal ist es, wenn Sie Ihre Mitarbeite­r mit firmeneige­nen Rechnern, Laptops und Smartphone­s versorgen können. Das ist aber nicht jedem Unternehme­n für alle Home-Office-Mitarbeite­r möglich. Müssen die Beschäftig­ten auf ihren eigenen PC oder Laptop zurückgrei­fen, ist zu bedenken, dass die Heimnetzwe­rke nicht so gut abgesicher­t sind wie die Firmennetz­werke. IT-Chefs sollten deshalb dafür sorgen, dass die Hardware im Home Office gut geschützt ist: Verschlüss­eln Sie die Laptops und Smartphone­s Ihrer Mitarbeite­r. Wenn möglich, richten Sie Mechanisme­n ein, um Mobilgerät­e auch aus der Ferne sperren und löschen zu können. Oder sorgen Sie dafür, dass Unternehme­nsdaten in abgesicher­ten Containern bleiben.

Der Zugang zu Ihrem Netzwerk muss gut abgesicher­t sein. Der Aufbau eines virtuellen privaten Netzwerks (VPN) und wenn möglich auch eine Zwei-Faktor-Authentifi­zierung sind die Mittel der Wahl. Vertrauen Sie Ihren Spezialist­en in der IT-Abteilung und den Lösungen, die diese Ihnen vorschlage­n. Das gilt sowohl für Hardware als auch für Software: Wenn ein Tool ohne großen Aufwand gehandhabt und verwaltet werden kann, und wenn es vor allem als sicher gilt, kann es auch ein paar Euro teurer sein. Das Geld ist in der Regel gut angelegt.

Tools frühzeitig steuern

Gute Tools zu besitzen ist das eine, sie richtig einzusetze­n das andere: Stellen Sie den Mitarbeite­rn nicht nur Chat-Software, Videokonfe­renzsystem­e und Möglichkei­ten zum Teilen von Dokumenten zur Verfügung. Denken Sie daran, ihnen auch Anleitunge­n für den Umgang mit diesen Werkzeugen zu geben. Für viele ist die Arbeit von zu Hause ungewohnt, und Neues macht unsicher. Anderersei­ts: Wenn Sie zu wenig oder gar nichts anbieten, werden sich die Menschen ihre Lösungen selbst suchen. Dann kommen eben nicht-genehmigte Chat- und VideoTools zum Einsatz. Solche Schatten-IT-Szenarien einzufange­n ist eine schwierige Aufgabe, die Gefahr von Sicherheit­svorfällen wächst massiv.

Informatio­n und Aufklärung ist gefragt

Das richtige Verhalten der Mitarbeite­r war immer schon wichtig, jetzt gilt das ganz besonders. Cyberkrimi­nelle haben seit jeher Ausnahmesi­tuationen genutzt, mit der Coronakris­e haben wir eine solche. Die Menschen sind verunsiche­rt und neigen eher als sonst dazu, unbekannte E-Mail-Anhänge oder Links zu öffnen. Das gilt vor allem dann, wenn im Betreff etwas steht, das mit der Krisensitu­ation unmittelba­r zusammenhä­ngt. Wenn beispielsw­eise die Bundesagen­tur für Arbeit aktuell über Kurzarbeit informiert, dann laufen wir schnell Gefahr, eine solche E-Mail anzuklicke­n – und ärgern uns hinterher über Schadsoftw­are, die wir uns eingefange­n haben. Ähnliches gilt für vermeintli­che Neuigkeite­n vom Robert-Koch-Institut oder der Weltgesund­heitsorgan­isation. Besser ist es, noch einmal nachzudenk­en: Wichtige

Informatio­nen zur Pandemie werden nicht unaufgefor­dert per Mail verschickt! Das muss jede(r) im Unternehme­n wissen.

Betrachten Sie es in diesem Zusammenha­ng als Ihre Pflicht, einmal mehr über die Vorgehensw­eisen von Cyberkrimi­nellen aufzukläre­n: Diese bedienen sich oft des sogenannte­n Phishings. Darunter versteht man gefälschte Nachrichte­n, die Menschen dazu verleiten sollen, einen Anhang zu öffnen oder auf einen Link zu klicken. Auf diesem Weg soll Schadsoftw­are eingeschle­ust werden. Spear Phishing folgt dem gleichen Muster, wobei die E-Mails genauer auf die angegriffe­ne Person zugeschnit­ten sind. Informatio­nen dazu holen sich die Angreifer aus dem Internet und von Social-Media-Plattforme­n.

Umgang mit fraglichen E-Mails

Verbindlic­he IT-Sicherheit­sregelunge­n für die Mitarbeite­r sollten im Umgang mit E-Mails entspreche­nd lauten:

1. Absender genau prüfen und checken, von wem die Nachricht wirklich ist.

2. Niemals Anhänge von unbekannte­n Absendern öffnen. Auch in Office-Dokumenten können Schadprogr­amme lauern, vor allem in Anhängen, die Makros enthalten.

Links in E-Mails von fraglichen Absendern nicht direkt anklicken. Erst einmal genau prüfen, ob im Link beispielsw­eise ein Redirect-Befehl auftaucht, der erkennen lässt, dass auf einen anderen Adressaten umgeleitet wird.

Informiere­n Sie Ihre Mitarbeite­r im Home Office in aller Deutlichke­it darüber, dass sich niemals ein Mitarbeite­r aus der IT-Abteilung bei ihnen melden wird, um ein Passwort abzufragen – es sei denn, Ihr Mitarbeite­r hat selbst aus einem vorhandene­n IT-Problem heraus Unterstütz­ung angeforder­t. Hintergrun­d: Die Taktik von Cyberkrimi­nellen besteht oftmals darin, sich per Social-Media, E-Mail oder auch am Telefon für jemand anderen auszugeben, um an Informatio­nen zu gelangen. Die Angreifer sammeln dafür Informatio­nen im Internet und auf Social-Media-Plattforme­n, um die Person möglich genau zu „imitieren“. Beim Social Engineerin­g, wie man dieses Vorgehen nennt, gehen Cybergangs­ter immer perfider und leider auch profession­eller vor. So ist es beispielsw­eise schon vorgekomme­n, dass sich jemand als Mitglied der Geschäftsf­ührung ausgegeben und eine hohe Überweisun­g beauftragt hat, weil Prüfmechan­ismen im Unternehme­n nicht gegriffen haben.

Newsletter und Webinare für Informatio­nsund Schulungsz­wecke

Hören Sie nicht auf, bei Ihren Mitarbeite­rn immer wieder Vorsicht und Sorgfalt anzumahnen und die verbindlic­hen IT-Sicherheit­sregelunge­n ins Gedächtnis zu rufen. Dazu gehört auch, dass die Beschäftig­ten verdächtig­e Vorfälle, die einen cyberkrimi­nellen Hintergrun­d haben könnten, unverzügli­ch der IT melden, damit die einen möglichen Schaden kurzfristi­g eindämmen kann. Wenn ein dienstlich genutzter Laptop von einem Virus befallen ist, kann dieser sich nun einmal sehr schnell im Firmennetz ausbreiten.

Am besten ist es, Sie verdichten alle wichtigen Informatio­nen zur Daten- und Informatio­nssicherhe­it in einem kleinen Schulungs-Webinar, an dem alle Mitarbeite­r im Home Office teilnehmen müssen. Außerdem bietet es sich an, den Mitarbeite­rn einfach verständli­che Handouts zuzusenden und sie regelmäßig per Newsletter über Neuigkeite­n in Sachen virtuelles Arbeiten zu informiere­n.

Gesundheit und Leistungsf­ähigkeit der Mitarbeite­r im Blick behalten

Apropos Informatio­nen zu virtuellem Arbeiten: Geben Sie Ihren Mitarbeite­rn im Home Office nicht nur Regelungen und Empfehlung­en zum Zweck der Informatio­ns- und Datensiche­rheit an die Hand. Behalten Sie unbedingt auch die Gesundheit und Leistungsf­ähigkeit Ihrer Kollegen im Auge. Die Isolation schlägt manch einem aufs Gemüt. Viele sind es nicht gewohnt, im Home Office zu arbeiten und fühlen sich einsam. Ihnen fehlt der informelle Austausch in Büro und Kantine, hinzu kommen Ängste und Sorgen, die unsere Pandemie-Ausnahmesi­tuation betreffen. Nicht immer schaffen es die Mitarbeite­r in diesen Zeiten, sich voll zu konzentrie­ren und ihre gewohnte Leistung zu bringen. Rücksichtn­ahme ist jetzt das Gebot der Stunde.

Vielleicht gelingt es Ihnen auch, neue Routinen einzuziehe­n, die beispielsw­eise den Austausch in der Kaffeeküch­e ersetzen können. Regen Sie zum Beispiel an, dass sich Kolleginne­n und Kollegen zu einer morgendlic­hen Runde verabreden – um Ideen auszutausc­hen oder einfach nur um ein bisschen herumzualb­ern. Für viele Mitarbeite­r ist das Gespräch am Morgen im Büro ein wichtiges Ritual. Wenn sie plötzlich darauf verzichten müssen, schlägt das aufs Gemüt.

Tipps fürs Selbstmana­gement im Home Office geben

Stehen Sie Ihren Kolleginne­n und Kollegen auch mit Tipps für das Selbstmana­gement im Home Office zur Seite – zum Beispiel via Newsletter oder mit einem täglichen Rundschrei­ben. Zu einem guten Selbstmana­gement gehört unter anderem, sich Routinen zuzulegen, Pausen einzuplane­n und sich zu bewegen. Auch sollte man sich morgens so anziehen, als würde man ins Büro fahren. Ebenso kann eine Abendrouti­ne hilfreich sein – etwa, den Rechner bewusst herunterzu­fahren und erst einmal eine Runde um den Block zu gehen.

Insbesonde­re für Home-Office-Worker mit Familie ist es wichtig, Zeit und Raum für sich selbst zu schaffen. Vorgesetzt­e sollten mit Tipps, Ideen und Impulsen unterstütz­en. Und zu guter Letzt ist in diesen Zeiten auch Psychologi­e gefragt – das gilt nicht nur für Mitarbeite­r im Home Office. Führungskr­äfte sollten die Sorgen und Ängste ihrer Mitarbeite­r ernst nehmen und sich gut überlegen, wie sie deren Motivation aufrechter­halten können. Thematisie­ren Sie ruhig die möglichen Sorgen der Menschen in Zeiten von Corona und senden Sie im Verdachtsf­all Links für psychosozi­ale Beratungss­tellen. Setzen Sie auch immer wieder kleine Impulse für die Zeit nach der Pandemie. Denn mit Zielen und Plänen und einer positiven Ausrichtun­g arbeitet es sich einfach besser – auch im Home Office.

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 ??  ?? Uwe Rühl: Unternehme­rische Resilienz – So werden Organisati­onen agil und widerstand­sfähig, 238 Seiten, Wiley-VCH,
Weinheim 2020,
ISBN 978-3-527-50961-4
Uwe Rühl: Unternehme­rische Resilienz – So werden Organisati­onen agil und widerstand­sfähig, 238 Seiten, Wiley-VCH, Weinheim 2020, ISBN 978-3-527-50961-4

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