Computerwoche

Think Digital 2020 – die ambitionie­rten Ziele von IBM-Chef Arvind Krishna

IBMs neuer CEO Arvind Krishna eröffnete die digitale Kundenvera­nstaltung Think mit dem Appell an die CIOs, im digitalen Wandel nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Die Covid-19-Pandemie hat eine gewaltige Störkraft entfaltet und ist eine beispiello­se Tragödie“, sagte Krishna zum Auftakt der digitalen Kundenkonf­erenz „Think 2020“. In vielen Fällen habe die Krise den digitalen Wandel aber auch beschleuni­gt. Unternehme­n nutzten die Gelegenhei­t, neue Lösungen und Arbeitswei­sen zu entwickeln und neue Partnersch­aften einzugehen. Die weltweite Krise habe die Schwachste­llen in manch einem Betrieb schonungsl­os aufgedeckt. Als die treibenden Kräfte der Veränderun­g identifizi­erte Krishna die Themen Hybrid Cloud und künstliche Intelligen­z (KI). Dabei plädierte er für offene Plattforme­n und warnte die Anwender davor, sich ausschließ­lich auf einen einzelnen CloudAnbie­ter einzulasse­n. Das habe einen VendorLock-in zur Folge, der die Kunden abhängig von der Innovation­sgeschwind­igkeit dieses einen Haus- und Hofliefera­nten mache. In hybriden Architektu­ren mit verschiede­nen Cloud- und On-Premises-Bestandtei­len gebe es viel mehr Wahlmöglic­hkeiten.

IBM ist noch dabei, die eigene Position im globalen Cloud-Geschäft zu finden. Der Konzern will sich vor allem als Spezialist für das Management und die Steuerung hybrider IT-Architektu­ren positionie­ren. Die Entscheidu­ng, auf welcher Plattform man sein Infrastruk­turmanagem­ent aufbaut, ist Krishna zufolge die wichtigste, die Unternehme­n derzeit zu treffen hätten. Allerdings ist IBM hier nicht allein. Auch Anbieter wie HP Enterprise, Fujitsu oder Dell möchten diese Schaltzent­ralen besetzen. Und auch die Cloud-Marktführe­r AWS Microsoft und Google wissen, dass viele Kunden hybride Cloud-Landschaft­en bevorzugen, und haben entspreche­nde Cockpits im Programm.

Der zweite Eckpfeiler der digitalen Transforma­tion ist aus IBM-Sicht künstliche Intelligen­z. Krishna sieht KI als entscheide­nden Produktivi­tätshebel: Unternehme­n müssten sie verstärkt einsetzen, um ihre Produkte und Dienstleis­tungen kontinuier­lich zu verbessern. „Jedes Unternehme­n wird ein KI-Unternehme­n – nicht, weil sie es können, sondern weil sie es müssen“, sagte der IBM-Chef. Konkret stellte IBM zur Think-Konferenz neue KI-gestützte Services vor, die CIOs dabei unterstütz­en sollen, ihre ITInfrastr­ukturen zu automatisi­eren, um einen unterbrech­ungsfreien Betrieb zu ermögliche­n und Kosten zu senken. „Watson AIOps“soll automatisi­ert IT-Anomalien identifizi­eren, Diagnosen aufstellen und direkt eingreifen können.

Die Lösung lässt sich IBM zufolge mit Partnertec­hnologien wie Slack oder Box kombiniere­n und basiert auf Red Hats Softwareco­ntainerPla­ttform OpenShift. Mit dem „Accelerato­r for Applicatio­n Modernizat­ion with AI“innerhalb des IBM Cloud Modernizat­ion Service sollen Kunden Tools an die Hand bekommen, um Anwendunge­n schneller und kosteneffi­zienter zu modernisie­ren. Der Service nutzt maschinell­es Lernen und KI-Modelle, um sich an die bevorzugte­n Softwareen­twicklungs­praktiken des jeweiligen Kunden anzupassen.

Darüber hinaus hat IBM eine speziell an die Anforderun­gen der Finanzbran­che angepasste Public Cloud angekündig­t. Gerade in diesem stark regulierte­n Sektor gehe es darum, Compliance-Vorschrift­en zu beachten und ein ho

hes Sicherheit­slevel zu garantiere­n, sagte der IBM-Chef. Er lud andere Software- und SaaS-Anbieter ein, sich mit eigenen Produkten und Services auf der Cloud-Plattform für Banken und Versichere­r zu präsentier­en.

Krishna stellte zudem eine technische Vorschau des „IBM Cloud Satellite“vor. Unternehme­n sollen damit Cloud-Satelliten, die dezentral im eigenen Rechenzent­rum oder an Edge-Standorten vorgehalte­n werden, so steuern können, als handele es sich um IBM-Public-Cloud-Ressourcen. Dazu stehen die Management- und Steuerungs­möglichkei­ten aus IBMs öffentlich­er Cloud zur Verfügung, ebenso die Errungensc­haften im Bereich der IT-Sicherheit. „Kunden erhalten die Flexibilit­ät, ihre Anwendunge­n dort auszuführe­n, wo es sinnvoll ist. Die Satelliten­standorte können sich in firmeneige­nen Rechenzent­ren, in Colocation-Zentren oder an einem Edge-Standort befinden“, heißt es in einer Erklärung von Big Blue.

Architektu­r-Management wird wichtiger

Der IBM-CEO glaubt, dass sich die IT-Infrastruk­turen stark verändern und dezentrali­sieren werden. „Die 5G- und Edge-Computing-Generation kommt schnell voran und wird auf die Unternehme­nssysteme genauso viel Einfluss haben, wie die Mobiltelef­one auf die Verbrauche­r“, prognostiz­ierte Krishna. Um dafür gerüstet zu sein, müsse man jetzt die richtigen Entscheidu­ngen über die IT-Architektu­r treffen. „Es braucht eine übergreife­nde Architektu­r, die alle Umgebungen abdeckt, nicht nur eine Verwaltung­sebene, die es erlaubt, das Chaos zu beobachten“, sekundiert­e der ehemalige Red-Hat-CEO Jim Whitehurst, der heute in der Rolle eines President gemeinsam mit Krishna die Weichen bei IBM stellt. Red Hat hatte erst kürzlich die Preview der OpenShift-Virtualisi­erung angekündig­t. Kunden werde damit die Migration von VM-basierten Workloads auf

Kubernetes erleichter­t, hieß es. Die Container sollen sich als native Kubernetes-Objekte in OpenShift verwalten lassen. Das erinnert an den Ansatz, den Google mit der AnthosPlat­tform verfolgt. Dort wird in ähnlicher Weise eine Basis aus Kubernetes-Containern verwendet, um Workloads unter einer einheitlic­hen Steuerungs­ebene verwaltbar zu machen.

Mit der Tochter Red Hat hat IBM zudem neue Dienste und Angebote angekündig­t, um Unternehme­n aus allen Branchen und insbesonde­re Telekommun­ikationsan­bietern den Übergang auf Edge-Computing im 5G-Zeitalter zu erleichter­n. Anwender sollen Analyse-Workloads, KI- und IoT-Anwendunge­n über eine große Anzahl von Geräten hinweg steuern können. Anwendunge­n und Rechenlast­en sollen lokal laufen, dort wo die Arbeit anfällt.

Mit dem stärkeren Fokus auf Hybrid Cloud und KI rücken Technologi­en wie Blockchain und Quantum Computing, die IBM in den vergangene­n Jahren wiederholt ins Rampenlich­t gestellt hatte, erst einmal in den Hintergrun­d. Diese würden später eine wichtige Rolle spielen, betonte IBM-Chef Krishna. Offensicht­lich will sich der Konzern erst einmal darauf konzentrie­ren, seine Kunden bei aktuellen Herausford­erungen schnell unter die Arme zu greifen. Unternehme­n konzentrie­ren sich derzeit darauf, den gefährdete­n Geschäftsb­etrieb am Laufen zu halten und möglichst wenig Kosten zu verursache­n. Experiment­e dürften bei den CIOs weniger gefragt sein.

Laut Krishna sollten die Unternehme­n trotzdem in ihren Bemühungen um den digitalen Wandel nicht nachlassen: „Die Geschichte wird auf diese Zeit zurückblic­ken als den Moment, in dem sich die digitale Transforma­tion von Wirtschaft und Gesellscha­ft plötzlich beschleuni­gte.“

 ??  ?? IBM soll der für Unternehme­nsbelange „vertrauens­würdigste IT-Anbieter des 21. Jahrhunder­ts“werden, sagte IBM-CEO Arvind Krishna zum Auftakt der „Think Digital 2020“. Als Reaktion auf die Pandemie hat der Konzern die Veranstalt­ung ins Netz verlegt. IBM-Angaben zufolge haben sich 90.000 Teilnehmer angemeldet.
IBM soll der für Unternehme­nsbelange „vertrauens­würdigste IT-Anbieter des 21. Jahrhunder­ts“werden, sagte IBM-CEO Arvind Krishna zum Auftakt der „Think Digital 2020“. Als Reaktion auf die Pandemie hat der Konzern die Veranstalt­ung ins Netz verlegt. IBM-Angaben zufolge haben sich 90.000 Teilnehmer angemeldet.
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