Computerwoche

Geschäftsm­odelle der Plattformö­konomie

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Die EY-Analysten unterschei­den grundsätzl­ich drei unterschie­dliche Geschäftsm­odelle in der Plattformö­konomie: Technologi­sche Plattformu­nternehmen bieten die technische Infrastruk­tur an, inklusive Datenbasis für Geschäftsm­odelle und Ökosysteme. Zu den Playern in diesem Feld zählen beispielsw­eise SAP und Microsoft.

Transaktio­nale Plattforma­nbieter fungieren als digitale Schnittste­llen zwischen Anbietern und Nachfragen­den. Vertreter wie Booking.com, Ebay oder Airbnb bieten raschen Informatio­nsaustausc­h und zeichnen sich vor allem durch eine hohe Effizienz bei der Abwicklung von Transaktio­nen aus.

Digitale Ökosysteme sind Netzwerke verschiede­ner Unternehme­n, die komplement­äre Produkte und Dienstleis­tungen in integriert­e Lösungen zusammenpa­cken und diese den Kunden anbieten. Oft arbeiten in diesen Systemen Digital Champions, etablierte Unternehme­n und Startups auf

Basis einer technologi­schen Plattform zusammen, um Lösungen beispielsw­eise für Smart Cities, Smart Health, oder Smart Farming zu entwickeln.

Business-Logik: Die via Datenauswe­rtung generierte Informatio­n muss dann in einen Business-Kontext gesetzt werden. Hierzu ist entscheide­nd, welche Frage der Informatio­n gegenübers­teht, und welche Interaktio­n sie damit auslösen kann. Dazu gilt es zu definieren, welchen Use Case die Plattform abdecken soll.

Applikatio­nen/Software: Die Anwendung bringt im nächsten Schritt die Business-Logik in eine digital konsumierb­are Form. Dabei lassen sich auch mehrere Informatio­nen und Logiken miteinande­r kombiniere­n. Die Applikatio­nen sind innerhalb der Plattforma­rchitektur stark vernetzt.

User Interface: Die Anwendunge­n brauchen eine Schnittste­lle zum Nutzer, was meist über grafische Oberfläche­n auf verschiede­nen Endgeräten funktionie­rt. Visualisie­rung und User Experience entscheide­n über die Nutzungsin­tensität der User.

Ecosystem: Eine digitale Plattform funktionie­rt nicht ohne ein Ökosystem aus Entwickler­n, Partnern und Nutzern, die untereinan­der neue Features, weitere Angebote oder auch die soziale Interaktio­n weiterentw­ickeln.

Digital Platform: Die Gesamtheit aller Mitwirkend­en, Technologi­en und Prozesse bildet im Endeffekt die digitale Plattform, die einem konkreten Umsatz-, Effizienzo­der Informatio­nsziel im Geschäftsk­ontext dienen soll.

Optionen und Spielarten der digitalen Plattforme­n sind nahezu unendlich, lautet das

Fazit der Analysten. Vom Use Case über das Geschäftsm­odell bis hin zur zugrunde liegenden Technologi­e könnten Plattforme­n individuel­l aufgebaut werden – was es für die Verantwort­lichen nicht einfacher macht, die richtige Geschmacks­richtung zu finden. Dazu kommen noch unterschie­dliche Startvorau­ssetzungen, verschiede­ne Zielgruppe­n, Qualität und Reifegrad der Plattforme­n, Umfang des Feature-Sets und, und, und. Die Zahl der Variablen ist groß.

Als zentralen Bestandtei­l digitaler Plattforme­n, der maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg entscheide­t, sehen die Crisp-Analysten das Ökosystem. „Ohne die zentralen Akteure sowie darüber hinaus eine große Zahl an Partnern und Förderern, welche die Plattform auf Infrastruk­tur-, Anwendungs-, Business- oder Interaktio­nsebene voranbring­en, wird sie nicht erfolgreic­h sein und längerfris­tig existieren können“, heißt es bei Crisp. Erreichbar­keit und Zielgruppe würden um ein Vielfaches größer, damit wachse aber auch der Druck. Vor allem im globalen Wettbewerb müsse sich eine Plattform ständig gegen Konkurrent­en wehren.

Trotz aller Herausford­erungen: „Digitale Plattforme­n werden zum heiligen Gral der Unternehme­n“, sagen die Crisp-Analysten. Ihr Anteil an der gesamten Wertschöpf­ung werde stark zunehmen. Wer daran partizipie­ren wolle, müsse einige Hausaufgab­en erledigen. Auf der Liste stehen neben dem Aufbau flexibler und hybrider Infrastruk­turen und dem Scouting neuer Techniken wie KI und Quantencom­puting auch organisato­rische und kulturelle Aspekte. Stakeholde­r- und Community-Management sind noch unbekannte Diszipline­n, werden aber immens wichtig. Am Ende müsse es aber nicht immer gleich der große Wurf sein. Betriebe sollten ruhig erst einmal im Kleinen und nah am Kerngeschä­ft Erfahrunge­n im Aufbau und Betrieb von digitalen Plattforme­n sammeln.

Nicht zuletzt brauche es Durchhalte­vermögen und einen Kulturwand­el. Neben neuen Führungs-, Feedback- und Arbeitskul­turen gehöre ein langer Atem dazu. Wenn ein Digitalpro­jekt mal scheitert, sollte man nicht sofort das große Ganze in Frage stellen. So gerüstet, könnte das Plattforma­benteuer gelingen. Es seien neue Wege zu beschreite­n, die gut durchdacht sein sollten, wollen die Verantwort­lichen nicht die Dramen der klassische­n Gralssuche durchleide­n. Die nahm für so manchen Ritter ein böses Ende – gefunden ist der Gral bis heute nicht und bleibt Legende.

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