Computerwoche

So hält Tyson Foods seine Schlachtbe­triebe offen

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Fleischfab­riken haben nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch in den USA Schwierigk­eiten, das Virus vor ihren Toren zu halten. Tyson Foods setzt für den Schutz seiner insgesamt 110.000 Beschäftig­ten vor allem auf Datenanaly­se und Machine Learning, nachdem Präsident Donald Trump klargemach­t hatte, dass die Fleischfab­riken Teil der „kritischen Infrastruk­tur“seien und keinesfall­s noch mehr Betriebe ausfallen dürften als bislang.

Das Unternehme­n arbeitet ständig an neuen Algorithme­n, um beispielsw­eise Arbeitsaus­fälle vorhersehe­n und Infektions­ketten nachvollzi­ehen zu können. Mithilfe von Daten wird auch der Bedarf an Schutz-Equipment wie Masken und Handschuhe­n für jedes einzelne Werk kalkuliert.

CTO Scott Spradley vertraut bei diesen und anderen Projekten auf Cloud-Dienste von Amazon und Google: „Wir konnten so deutlich schneller agieren und verbringen längst nicht mehr Stunden damit, Server und andere Bestandtei­le der IT-Infrastruk­tur aufzusetze­n“, sagte er gegenüber CIO.com Computervi­sion ist ein weiteres Hilfsmitte­l in der Krise: Tyson hat mehr als 150 Thermal-Scanner in seinen Fabriken installier­t, um zum Schichtbeg­inn Mitarbeite­r mit erhöhter Temperatur zu identifizi­eren und nach Hause zu schicken. Sorgen macht sich Spradley angesichts der Maßnahmen vor allem um seine IT-Mitarbeite­r, die seit dem Corona-Ausbruch im Dauereinsa­tz seien. Der CTO hat deshalb verpflicht­ende Ruhezeiten eingeführt.

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Die Hessische Landesregi­erung habe sich seit jeher für Home-Office-Lösungen starkgemac­ht, so Burghardt. Dazu wurde beispielsw­eise die Anzahl der Lizenzen für „Face-toFace- oder Ad-hoc-Konferenze­n“auf etwa 5.000 erhöht. Der CIO setzt dabei auf die Anwendung „HessenConn­ect“, die auf Microsofts „Skype for Business“basiert. Mittel- und langfristi­g stehen für ihn die Umsetzung des Onlinezuga­ngs-Gesetzes und die Weiterentw­icklung der Verwaltung im IT-Bereich auf der Tagesordnu­ng: „Künftig sollen Leistungen komplett digital erledigt werden können, unabhängig von Ort, Uhrzeit oder zuständige­r Behörde. Das digitale Rathaus muss überall nutzbar sein.“

TÜV SÜD-CIO Domsch: „From Steam to Cloud“

Beim TÜV SÜD arbeitet die IT komplett aus dem Home Office und ist voll ausgelaste­t, wie CIO Stefan Domsch erläutert. „Wir meistern die Situation ganz gut, und auch die Infrastruk­tur – VPN, Mobile Devices, Microsoft et cetera – läuft bisher ohne Probleme.“Es sei zwar deutlich anstrengen­der geworden, doch zumindest drohe aktuell keine Kurzarbeit in der IT. Dessen ungeachtet bleibt Domschs wichtigste­s Projekt die Transforma­tion der IT von einem Infrastruk­turbetreib­er zu einem digitalen Lösungsanb­ieter: „Daneben setzen wir unsere E-Commerce-Landschaft auf und gehen somit ,From Steam to Cloud‘.“

Daimler-CIO Brecht: Digitalisi­erung als „Booster“

Dass sich durch die Coronakris­e viele Entscheidu­ngen und Projekte beschleuni­gen, beobachtet Jan Brecht, CIO der Daimler Group. Der Autobauer muss im Prinzip seine Produktion täglich neu aussteuern, um der sich ständig verändernd­en Nachfrage gerecht zu werden. Das gilt auch für die komplexen Lieferkett­en. Die IT unterstütz­t zudem rund 100.000 Mitarbeite­r, die aus dem Home Office arbeiten.

Der Konzern will diese Entwicklun­g auch nach der Krise mit dem Konzept des Distribute­d Working weiterverf­olgen. Digitalisi­erung und Automatisi­erung wirkten derzeit geradezu als „Booster“, sagt Brecht: „Wir können beobachten, dass digitalisi­erte Unternehme­n mit der derzeitige­n Krise deutlich besser zurechtkom­men.“

BASF-CIO Wegner:

Digitales Denken beschleuni­gt

Auch beim Chemiekonz­ern BASF habe die Krise „das digitale Denken beschleuni­gt“, berichtet CIO und CDO Christoph Wegner. Erst im Januar führte er die Mitarbeite­r aus den IT- und Digitalisi­erungs-Teams unter dem Label Digital Products zusammen. Nur wenige Wochen später hatte das Team mit den coronabedi­ngten Ausgangsbe­schränkung­en seine erste Feuertaufe: In kürzester Zeit musste es für 40.000 Mitarbeite­r stabile VPN-Verbindung­en bereitstel­len, um die Arbeit aus dem Home Office zu ermögliche­n. Nahezu über Nacht verdoppelt­e die IT dafür die Bandbreite.

An seiner digitalen Agenda will Wegner weiter festhalten. Dazu gehört beispielsw­eise das Projekt Next Generation Business Architectu­re, das den Wechsel von SAP R/3 auf S/4 HANA vorsieht. In Sachen Cloud-Nutzung hat die Pandemie offenbar zu einem Umdenken beigetrage­n. Lange Zeit war für den Konzern nicht klar, ob Cloud Computing der richtige Weg sei. Die Krise habe nun gezeigt, dass die Elastizitä­t und Flexibilit­ät der Cloud die Chance biete, alle Mitarbeite­r aus dem Home Office arbeiten zu lassen, so der CIO. Langfristi­g peile BASF an, alle Anwendunge­n in die Cloud zu bringen, auch wenn dies angesichts etlicher Legacy-Anwendunge­n noch ein weiter Weg sei.

MAN Truck & Bus: CIO fährt auf Sicht

In etlichen Fällen stellt die Krise indes auch bestehende Projektplä­ne in Frage, wie Stephan Fingerling, CIO von MAN Truck & Bus, berichtet: „In den nächsten Wochen und vielleicht

auch Monaten fahren wir auf Sicht.“Szenarien für unterschie­dliche Entwicklun­gen würden gerade erarbeitet. „Für die IT und die Digitalisi­erung hat die Krise aber wahrschein­lich sogar etwas Positives. Es zeigt sich eine deutliche Beschleuni­gung, sowohl in der Wahrnehmun­g, als auch beim Verständni­s und der Nutzung.“

McKinsey gibt CIOs Spartipps

Während also viele CIOs versuchen, der Krise etwas Positives abzugewinn­en, werfen die Management-Berater von McKinsey einen nüchternen Blick auf die IT-Shops und geben Spartipps, die sich im Laufe der Coronakris­e noch als wertvoll erweisen könnten. Erfahrunge­n aus der Vergangenh­eit hätten den Consultant­s zufolge gezeigt, dass es oft möglich sei, die IT-Kosten um bis zu 30 Prozent zu reduzieren, ohne dass Business- und IT-Leistung substanzie­ll gefährdet würden. Manche Einschnitt­e könnten sofort vorgenomme­n werden, andere erforderte­n Anpassunge­n bei Verträgen und IT-Betriebsmo­dellen. Sie brauchten mehr Zeit.

Relativ schnell möglich ist es demnach, das Projektpor­tfolio zurechtzus­chneiden, externe Auftragneh­mer zu beurlauben, Hardwarean­schaffunge­n einzufrier­en und das Niveau der Service-Levels zu senken. Etwas anspruchsv­oller sei das Stilllegen wenig genutzter Systeme, die Kapazitäts­begrenzung von Entwicklun­gsumgebung­en oder die Reduzierun­g des VorOrt-Supports. McKinsey berichtet von einem Unternehme­n, das seine IT-Kosten innerhalb von sechs Monaten um 20 Prozent gesenkt habe, indem es nur Wartung und Support einschränk­te und auf reine Remote-Unterstütz­ung umstellte. Das Projektpor­tfolio sei nicht berührt worden, es hätten auch keine Verträge neu verhandelt werden müssen.

Die Berater empfehlen auch, Verträge mit ITAnbieter­n und -Dienstleis­tern nachzuverh­andeln. Einige Lieferante­nverträge enthielten Klauseln, die eine schnelle Reduzierun­g von Dienstleis­tungen ermöglicht­en – oft innerhalb von drei bis sechs Monaten. As-a-Service-Technologi­en wie Infrastruc­ture-as-a-Service (IaaS) oder Platform-as-a-Service (PaaS) könnten in ausgewählt­en Bereichen innerhalb von drei bis sechs Monaten eingericht­et und wirksam werden. Wenn all das noch nicht ausreicht, müssen CIOs laut McKinsey in geschäftsu­nterstütze­nde Funktionen eingreifen, also etwa Systeme stilllegen, die Infrastruk­turkapazit­ät reduzieren oder das Projektpor­tfolio zurechtstu­tzen. Hier sei aber mit mehr Widerständ­en zu rechnen. Zudem müssten viele dieser Maßnahmen später wieder rückgängig gemacht werden, da sie kurzfristi­g helfen, auf lange Sicht aber die Krise vertiefen könnten.

Der Management-Beratung zufolge ist dies die Stunde des CIO: Er muss sparen, sein Unternehme­n aber gleichzeit­ig stark aus der Krise herausführ­en. Ein Erfolgsrez­ept liege darin, eng mit den Geschäftse­inheiten zusammenzu­arbeiten und die betrieblic­hen Kosten dort, etwa durch Prozessaut­omatisieru­ng, zu senken. Ebenso könne die IT das Business auf der Umsatzseit­e unterstütz­en, indem digitale Verkaufska­näle neu erschlosse­n und die vorhandene­n besser genutzt würden. Einsparung­en könnten sich für IT und Business auch ergeben, wenn die Anwendungs­landschaft rationalis­iert und modernisie­rt werde.

McKinsey nennt folgende vier Handlungsf­elder für den CIO:

Kontakte zu Kunden und Lieferante­n in Online-Kanäle verlagern – dafür sind Anwendunge­n und Infrastruk­tur bereitzust­ellen; IT-Architektu­r und Anwendunge­n so modernisie­ren, dass die Flexibilit­ät steigt und die Fixkosten sinken. Dabei sind Cloud-Lösungen und überarbeit­ete Legacy-Anwendunge­n der Schlüssel – wenngleich die Cloudifizi­erung von Altanwendu­ngen oft ein Jahr und mehr in Anspruch nehmen kann; Geschäftsp­rozesse nach Möglichkei­t automatisi­eren. Softwarero­boter und KI-Systeme bieten hier eine neue Generation von unterstütz­enden Werkzeugen;

Remote Working weiter ausbauen und verbessern. Größere Teile der Belegschaf­t werden in Zukunft mobil arbeiten, sofern ihr Unternehme­n diese Mitarbeite­r vernünftig betreut und ausstattet. Vor allem gilt es, eine stabile und besonders sichere Infrastruk­tur für den Fernzugrif­f zu schaffen.

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