Computerwoche

Was macht das Home Office mit uns?

- Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Im Home Office trotzen Unternehme­n weltweit allen Widrigkeit­en der Krise. Doch darin vorschnell den Heiligen Gral der neuen Arbeitswel­t zu sehen, birgt auch Risiken.

Es ist gerade einmal gut drei Monate her: Die Coronakris­e warf binnen weniger Tage sämtliche Gewohnheit­en unseres Arbeitsall­tags über den Haufen. Konferenze­n und Messen wurden abgesagt, Geschäftsr­eisen gecancelt, Bürotürme geschlosse­n, und Heerschare­n von Mitarbeite­rn wanderten ins Home Office. Zugegeben – der Umzug funktionie­rte vielerorts ohne große Reibungsve­rluste. Dank IT-Unterstütz­ung geht die Office-Arbeit auch am Küchentisc­h oder auf der Terrasse gut von der Hand. So gut, dass immer mehr verantwort­liche Manager begannen, das Hohelied auf eine großartige neue Arbeitswel­t im Home Office zu singen. Firmen wie Twitter wollen ihre Mitarbeite­r dauerhaft nach Hause schicken. Andere überlegen bereits, welche Niederlass­ungen und Büros geschlosse­n werden können.

Doch Schnellsch­üsse bergen auch Risiken. Das alte Dogma einer wohlstrukt­urierten Büro-Organisati­on vorschnell durch ein neues Dogma eines angeblich kreativen und freien Home Office zu ersetzen, ist riskant. Microsoft-Chef Satya Nadella warnte kürzlich davor, dass in der schönen neuen Arbeitswel­t ein Großteil des sozialen Kapitals einer Gesellscha­ft einfach verpuffen könnte. Arbeit von zuhause habe ernsthafte Konsequenz­en für die psychische Gesundheit und die soziale Interaktio­n, glaubt der Manager. Tatsächlic­h versuchen viele Betriebe gegenzuste­uern, indem virtuelle Kaffeeküch­en eingericht­et sowie digitale Treffen und Events geplant werden und das Feierabend­bier am Heimarbeit­splatz via Videokonfe­renz geteilt wird. Doch Zweifel sind angebracht, ob es funktionie­rt, Altgewohnt­es aus der physischen Welt einfach ins Digitale zu übertragen. Vielleicht müssen sich im Virtuellen erst neue Formen der sozialen Interaktio­n entwickeln. Ob und wie Gesellscha­ften, Betriebsor­ganisation­en und jeder einzelne von uns damit zurechtkom­men, muss sich erst noch zeigen.

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Deputy Editorial Director
Martin Bayer, Deputy Editorial Director
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Herzlich, Ihr

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