Vorbild Israel
Folgende IT-Maßnahmen haben Israel geholfen, besser als andere durch die Krise zu kommen:
Wache Gesundheitsbehörden
Schon im März hat die größte Krankenversicherung Clalit Health Services Risikopatienten unter ihren 4,5 Millionen Mitgliedern mit einem KI-Algorithmus identifiziert und gewarnt.
Selbstdiagnose
Mit den Selbstdiagnose-Tools von Tytocare sind israelische Patienten in der Lage, ihre Körperfunktionen selbst zu überprüfen und einen Arzt remote hinzuzuziehen.
IoT im Krankenhaus
Mit Tools des Startups Earlysense überwachen Kliniken Intensivpatienten. Kleinste Veränderungen in Lungen- und Herzfunktionen werden über Sensoren remote erfasst.
Hotspots im Griff
Das Startup Diagnostic Robotics hat ein KI-basiertes Werkzeug zur Lokalisierung von potenziellen Ausbruchsherden entwickelt, das unter anderem mit Daten aus Italien und Südkorea trainiert wurde.
RPA beschleunigt Abläufe
Um Millionen von Testdatensätzen schneller zu verarbeiten, setzen Kliniken auf Software-Roboter, insbesondere von Kryon Systems aus Israel.
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mit seiner Lösung „IQ-Bot“helfen will, die im Zusammenhang mit der Pandemie auftretende Dokumentenflut schneller zu bewältigen. Der Hersteller hat zu diesem Zweck seine RPALösung mit verschiedenen KI-Technologien erweitert, um das Krankenauspersonal dabei zu unterstützen, automatisiert Informationen aus Patientenakten, Aufzeichnungen des Gesundheitswesens oder Versicherungsdokumenten zu extrahieren. Andere KI-Systeme unterstützen CIOs in organisatorischen Fragen. Sie helfen etwa, die Personal- und Schichteinteilung in Kliniken zu verbessern, indem sie Patientenzahlen und wahrscheinliche Krankheitsverläufe berechnen und dem medizinischen Personal knappe Materialien wie Kleidung und Mundschutz sowie Beatmungsgeräte bedarfsgerecht und priorisiert zuteilen.
Big Data spürt Covid-19-Hotspots auf
Nützlich sind auch Anwendungen für das Monitoring der Covid-19-Ausbreitung, das Identifizieren von Hotspots und das Beobachten der fortschreitenden Herdenimmunität. In den Frühphasen einer Pandemie, in der das Abflachen der Infektionskurve und damit die Entlastung der Krankenhäuser und ärztlichen Einrichtungen höchste Priorität hat, sind solche Fähigkeiten besonders relevant. Sie können aber auch später benötigt werden, falls das Virus ein zweites Mal ausbrechen sollte.
Beispielhaft agiert hier das kanadische HealthMonitoring-Unternehmen BlueDot, das die Welt schon am 31. Dezember 2019 vor dem Ausbruch warnte – neun Tage, bevor die Weltgesundheitsorganisation WHO soweit war. BlueDot arbeitet mit Massendaten aus Tausenden von Quellen, die mithilfe von Natural Language Processing (NLP) und maschinellem Lernen gefiltert werden. Zum Datenbestand gehören Angaben von offiziellen Gesundheitsorganisationen, digitale Medien, weltweit verfügbare Informationen zum Flugverkehr oder auch demographische Daten. Dank KI-Algorithmen werden diese Daten sehr schnell ausgewertet.
Epidemiologen, Ärzte und Wissenschaftler von BlueDot prüfen die Daten, bewerten die Ergebnisse und fertigen Berichte für ihre Kunden an: Krankenhäuser und Behörden, keine privaten Unternehmen.
Im Fall von Covid-19 konnte BlueDot nicht nur besonders früh eine Warnung aussenden, sondern anhand von ausgewerteten Flugtickets auch gleich die Städte benennen, die in engem Kontakt zum chinesischen Hotspot Wuhan standen und damit besonders gefährdet waren. Das Unternehmen identifizierte Bangkok, Hongkong, Tokio, Taipeh, Phuket, Seoul und Singapur als die Städte, in die die meisten Passagiere von Wuhan aus geflogen waren. Tatsächlich gehörten diese Städte zu den ersten, in denen sich das Virus ausbreiten konnte. Die WHO war später dran, da sie auf Daten aus Wuhan angewiesen war, die aber zunächst nur zögerlich herausgegeben wurden. Anders als BlueDot zieht HealthMap, ein von der Harvard Medical School und dem Boston Children‘s Hospital unterstütztes Projekt, neben vielen weiteren Quellen auch Social-Web-Daten zur Analyse heran. Laut John Brownstein, Chief Innovation Officer der Harvard Medical School, liegt die große Herausforderung in der Harmonisierung und Bereinigung der Daten: Wie lässt sich ein zuverlässiger, weltweiter Datensatz über das Virus und seine Ausbreitung erstellen, wenn die nationalen Datensätze und Metriken unterschiedlich sind? Viele Filtermechanismen und etliche Trainingsläufe für die Systeme seien notwendig, damit trotz unterschiedlicher Datenstrukturen und Taxonomien, Sprachen und kultureller Kontexte sinnvolle Ergebnisse herauskämen.
Einem Bericht von „Tech Republic“zufolge entwickelt auch das auf Healthcare-Analytics spezialisierte Softwarehaus Cotiviti eine Lösung, um mithilfe einer Vielzahl von Datenquellen neue Ausbrüche regional vorherzusagen. Cotiviti verarbeitet dazu auf seiner Plattform „Caspian Insights“Hunderte von Datenquellen – etwa aus den Bereichen Patienten-Screening,
medizinische Forschungsergebnisse oder Geodaten – um Trends zu identifizieren.
CEO Emad Rizk sieht das größte Risiko in einer einseitigen oder unzureichenden Auswahl von Trainingsdaten: „Man muss aufpassen, dass die Algorithmen kein zu kleines Datenfenster nutzen. Es ist ein riesiger Unterschied, ob man mit nur zwei oder drei Datenelementen Rückschlüsse ziehen will oder mit 100.“Auf der Basis seiner Caspian-Plattform hat Cotiviti kürzlich seinen „Covid-19 Outbreak Tracker“präsentiert. Auf einer interaktiven Karte werden wöchentlich Vorhersagen über versteckte Hotspots beziehungsweise zu erwartende Ausbruchsregionen veröffentlicht. Die Daten, mit denen das System gefüttert wird, reichen von medizinischen Informationen wie etwa Röntgenbildern über den Zulauf auf Intensivstationen bis zu CPT-Codes, ICD-9-Codes und vielem mehr. „Wir schauen nicht nur auf bestätigte Fälle, sondern auch auf alle Verdachtsmomente. So können wir die Fahne heben und sagen: Dieser Bezirk sieht merkwürdig aus“, so Rizk.
Anfang März hatte Cotiviti auf diese Weise ungefähr zwei Dutzend US-Bundesstaaten erfasst und datentechnisch bearbeitet. Binnen zwei Wochen entwickelten sich 80 Prozent der vorhergesagten Hotspots zu tatsächlichen Ausbruchsgebieten, so das Unternehmen. Seitdem habe man den Algorithmus und die Datenbasis in hohem Tempo weiterentwickelt und komme bereits auf eine Genauigkeit von 91 Prozent.
Das liege unter anderem daran, dass immer neues klinisches Datenmaterial zur Verfügung stehe und so das Modell immer besser werde. Zukünftig könnten die Daten auch dazu herangezogen werden, normale Grippe-Epidemien von neuen Ausbrüchen des Coronavirus zu unterscheiden. Außerdem könne das System in der Phase der Lockerung eine wichtige Rolle spielen, wenn es gelte, Regionen zu überwachen und kleinste Veränderungen sofort zu entdecken, um Gegenmaßnahmen einzuleiten.
KI-Support für die Medizinforschung
KI-Lösungen sind ebenfalls ein wichtiges Hilfsmittel, wenn es gilt Medikamente und Impfstoffe zu entwickeln. Gemeinsam mit dem
Oak Ridge National Laboratory arbeitet beispielsweise IBM mit seinem Supercomputer „Summit“daran, erfolgversprechende chemische Verbindungen für die Behandlung einer Covid-19-Erkrankung zu identifizieren. Einem Bericht von „Ars Electronica“zufolge prüfen auch KI-Forscher an der Johannes Kepler Universität in Linz medizinische Wirkstoffe auf ihre Wirksamkeit.
Auch nutzen Ärzte Bildmaterial aus der Computertomographie, um Lungenveränderungen zu erkennen, die durch das Virus verursacht wurden. Der niederländische Radiologe Erik R. Ranschaert etwa ist dabei, einen Algorithmus mit CT-Bildern zu trainieren, um Infektionen aufspüren und Lungenschädigungen besser einschätzen zu können. Auch Siemens Healthineers glaubt an das Verfahren und hat zusammen mit Wissenschaftlern aus aller Welt einen KI-Algorithmus entwickelt, mit dem es möglich sein soll, kleinere Auffälligkeiten in CT-Aufnahmen zu entdecken.
Unbestritten wichtig für das Training von KISystemen ist die Verfügbarkeit von Daten. Hier hat sich das Allen Institute for AI mit seinem „Covid-19 Open Research Dataset“verdient gemacht, Amazon Web Services hat dazu bereits Analysefunktionen bereitgestellt, die auf maschinellem Lernen basieren. Das Allen Institute for AI stellt über 29.000 Fachartikel kostenlos für die Wissenschaft zur Verfügung, alle beschäftigen sich mit Covid-19 oder den Coronaviren generell. Der Datenbestand wird jede Woche aktualisiert, indem Quellen und Archivdienste wie Biorxiv oder Medrxiv gescannt werden.
Corona – eine Herausforderung für die IT
CIOs und CDOs im Gesundheitswesen sollten nach Ansicht von Gartner die Möglichkeiten der KI zur Bekämpfung von Covid-19 ausschöpfen und die geeigneten Anwendungen mit hoher Priorität entwickeln oder anschaffen. Dabei gelte es, die enge Zusammenarbeit mit Fachleuten aus dem Gesundheitswesen zu suchen. Auch lohne es sich, über einen offenen Marktplatz nachzudenken, auf dem KI-Anwendungen und -Modelle sowie Daten transparent ausgetauscht werden könnten.